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Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Titel: Saemtliche Werke von Karl May - Band 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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allerschwerstem Kaliber, wie es heutigen Tages keinen mehr gibt.
    Der echte Prairiejäger gibt nichts auf Glanz und Sauberkeit; je mitgenommener er aussieht, desto größer die Ehre, denn desto mehr hat er mitgemacht. Er betrachtet einen jeden, der auf sein Aeußeres etwas hält, mit souveräner Geringschätzung; der allergrößte Greuel aber ist ihm ein blankgeputztes Gewehr. Nach seiner Ueberzeugung hat kein Westläufer die nötige Zeit, sich mit solchen Nebendingen abzugeben. Nun aber sah an diesem Manne alles so sauber aus, als sei er erst gestern von St. Louis aus nach dem Westen aufgebrochen. Seine Gewehre schienen vor kaum einer Stunde aus der Hand des Büchsenmachers hervorgegangen zu sein. Seine Stiefel waren makellos eingefettet und seine Sporen ohne die geringste Spur von Rost. Seinem Anzuge konnte keine Spur von Strapazen angesehen werden, und wahrhaftig, er hatte nicht nur sein Gesicht, sondern sogar seine Hände rein gewaschen! Es war wirklich gar nicht schwer, in ihm einen Sonntagsjäger zu vermuten.
    Und allerdings, dieser Westmann war sehr, sehr oft von Leuten, die ihn nicht kannten und zum erstenmal sahen, seines saubern Aeußeren wegen für einen Sonntagsjäger gehalten worden. Sobald sie aber seinen Namen hörten, sahen sie ein, welch ein grundfalsches Urteil sie gefällt hatten, denn er war kein andrer als Old Shatterhand, der berühmteste, verwegenste und dabei doch bedächtigste Jäger des wilden Westens, der unerschütterliche Freund der roten Nation und zugleich der unerbittlichste Feind aller Bösewichter, deren es jenseits des Mississippi eine Menge gab und noch heute gibt.
    Old Shatterhand war sein Kriegsname, abgeleitet von dem englischen Worte shatter, zerschmettern, niederschmettern. Er vergoß nämlich nur dann das Blut eines Feindes, wenn es unbedingt nötig war, und selbst dann tötete er nicht, sondern verwundete nur. Im Handgemenge pflegte er, dem man eine solche Körperkraft kaum ansah, den Gegner mit einem einzigen Hiebe gegen die Schläfe niederzuschmettern. Daher der Name, der ihm von den weißen und roten Jägern gegeben war.
    Und der andre Reiter, welcher eine englische Meile westlich von ihm ritt, war ein Indianer; das Pferd, auf welchem er saß, glich ganz genau demjenigen von Old Shatterhand.
    Es gibt Menschen, welche gleich im ersten Augenblick der Begegnung, noch ehe sie gesprochen haben, einen tiefen, unauslöschlichen Eindruck auf uns machen. Ohne daß eine solche Person sich freundlich oder feindselig verhalten hat oder verhalten konnte, weil man sie eben zum erstenmal sieht, fühlt man sogleich und deutlich, ob man sie hassen oder lieben werde. Ein solcher Mensch schien dieser Indianer zu sein.
    Er trug ein weißgegerbtes, mit roter, indianischer Stickerei verziertes Jagdhemd. Die Leggins waren aus demselben Stoffe gefertigt und mit dicken Fransen von Skalphaaren besetzt. Kein Fleck, keine noch so geringe Unsauberkeit war an Hemd oder Hose zu bemerken. Seine kleinen Füße steckten in mit Perlen gestickten Mokassins, welche mit Stachelschweinsborsten geschmückt waren. Um den Hals trug er einen kostbaren Medizinbeutel, die kunstvoll geschnitzte Friedenspfeife und eine dreifache Kette von den Krallen des grauen Bären, welche er mit größter Lebensgefahr dem grauen Bären, dem gefürchtetsten Raubtiere der Felsengebirge, abgenommen hatte. Um seine schlanke Taille schlang sich ein breiter Gürtel, welcher aus einer kostbaren Santillodecke bestand. Aus demselben schauten, wiederum so wie bei Old Shatterhand, die Griffe zweier Revolver und eines Skalpmessers hervor. Den Kopf trug er unbedeckt. Sein langes, dichtes, blauschwarzes Haar war in einen hohen, helmartigen Schopf geordnet und mit einer Klapperschlangenhaut durchflochten. Keine Adlerfeder, kein andres Unterscheidungszeichen schmückte diese Frisur, und doch sagte man sich gleich beim ersten Blicke, daß dieser rote Krieger ein Häuptling, und zwar kein gewöhnlicher, sein müsse. Der Schnitt seines schönen, männlich ernsten Angesichtes konnte ein römischer genannt werden; die Backenknochen standen kaum merklich vor, die Lippen des vollständig bartlosen Gesichtes waren voll und doch fein geschwungen und die Hautfarbe zeigte ein mattes Hellbraun mit einem leisen Bronzehauch. Quer über dem Sattel hatte er ein Gewehr vor sich liegen, dessen Holzteile dicht mit silbernen Nägeln beschlagen waren.
    Wäre ihm ein Westmann begegnet, der ihn noch nie gesehen hatte, er hätte ihn sofort an diesem Gewehre erkannt,

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