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Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Titel: Saemtliche Werke von Karl May - Band 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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welches sich in der Mauer der zweiten Etage befindet?«
    »Ja,« antwortete Old Shatterhand. »Sie haben es durchgebrochen, können aber nicht heraus, weil es bewacht wird. Vielleicht haben sie auch versucht, durch die Decke zu gelangen.«
    »Das kann ihnen ebensowenig gelingen, denn auch da stehen die Wächter.«
    »Jedenfalls werden, wenn es dunkel ist, Feuer angebrannt; das ist uns außerordentlich hinderlich. Wollen aber zunächst zufrieden sein, daß wir jetzt das Loch gesehen haben, denn nun wissen wir, unter welcher Terrasse die Gefangenen stecken. Unten lehnt eine Leiter an, jedenfalls für den Häuptling, wenn er zurückkehrt. Wie prächtig wäre es, wenn sie nicht emporgezogen würde!«
    Sie stiegen ab und setzten sich nieder, um die Dunkelheit zu erwarten. Als dieselbe hereingebrochen war, sahen sie auf dem Pueblo einige Feuer aufflammen. Nun pflockten sie ihre Pferde an und schritten langsam dem Orte entgegen, an welchem es heut ein wahres Meisterstück auszuführen gab. Diese einzelnen zwei Männer wollten es, ob durch List oder Gewalt, mit der ganzen zahlreichen Besatzung des Pueblo aufnehmen!
    Eigentlich war es für dieses kühne Unternehmen noch zu früh, und es wäre weit besser gewesen, wenn sie noch einige Stunden hätten warten können, bis die Indianer, welche jetzt noch alle wach waren, sich zur Ruhe gelegt hatten. Dann hätte es nur einige Wachen gegeben, welche zu überwältigen waren. Aber es gab verschiedene sehr triftige Gründe, die Ausführung des Vorhabens trotzdem nicht aufzuschieben. Erstens war zu bedenken, daß doch immerhin ein Umstand eintreten konnte, durch welchen der gefangene Häuptling mit seinen Begleitern befreit wurde. Es konnte einer seiner Leute unterwegs sein und ihn finden. Kam Ka Maku los und in das Pueblo, so war die Befreiung der in demselben eingeschlossenen Leute fast unmöglich. Zweitens konnte man nicht wissen, in welcher Lage sich diese Personen befanden und was ihnen drohte; eine Verzögerung konnte ihnen leicht verhängnisvoll werden. Und drittens fühlten die Roten über die verzögerte Rückkehr ihres Häuptlings jetzt noch keine Besorgnis; wahrscheinlich trat dies erst am morgenden Tage ein; aber es war auch möglich, daß man schon im Verlaufe des Abends sein Fortbleiben auffällig fand. In diesem Falle schickte man wohl Boten nach ihm aus und wartete auf die Rückkehr derselben. Das gab dann einen Zustand der Aufregung, der allgemeinen Wachsamkeit, welcher das Gelingen von Old Shatterhands und Winnetous Vorhaben vereiteln mußte. Darum war es auf alle Fälle besser, schon jetzt an die Ausführung desselben zu gehen.
    Als sich diese beiden dem Pueblo weit genug genähert hatten, sagte Winnetou:
    »Mein Bruder mag rechts gehen, und ich gehe links. In der Mitte, da wo die Leiter lag, treffen wir zusammen.«
    Old Shatterhand verstand ihn; sie wollten erst das vor dem Pueblo liegende Terrain absuchen, ob dasselbe vielleicht bewacht werde oder überhaupt jemand von den Roten sich außerhalb der Niederlassung befand. Old Shatterhand folgte der Aufforderung seines Freundes und fand nichts, was ihm hätte auffallen können. Als er mit ihm zusammentraf, zeigte es sich, daß die Leiter, welche sie hatten liegen sehen, hinaufgezogen worden war.
    »Uff!« sagte der Apache leise. »Sie ist fort. Kein andrer könnte hinauf.«
    »Ja, kein andrer,« nickte Old Shatterhand. »Uns aber soll dies nicht abhalten, das unterste Dach zu erreichen. Vor allen Dingen aber müssen wir wissen, wie die Feinde sich verteilt haben, wo sie sich befinden.«
    »Es brennen zwei Feuer.«
    »Richtig. Das sind die Wachtfeuer. Eins auf der Terrasse, unter welcher die Gefangenen stecken, und eins auf der darunterliegenden Etage, um das Loch zu erleuchten, durch welches sie sich haben retten wollen. Dort stehen Posten, die ich gezählt habe: oben drei und unten drei. Wo aber sind die andern Indianer?«
    »Im Innern der Stockwerke. Hat mein Bruder nicht gesehen, daß dort Licht ist?«
    »Ja; die Eingangslöcher stehen offen, und der Lichtschein schlägt von innen heraus. Darnach zu urteilen, würden die Roten mit ihren Squaws und Kindern die oberen Etagen bewohnen, während die beiden unteren unbewohnt sind und wahrscheinlich zur Aufnahme der Vorräte dienen.«
    »Mein Bruder hat recht geraten. Ich war vor einigen Jahren hier und habe mir das Innere des Pueblo angesehen.«
    »Hm! Die damalige Anordnung kann verändert worden sein. Wir müssen vorsichtig verfahren. Es ist ein schöner Abend heut

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