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Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Titel: Saemtliche Werke von Karl May - Band 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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dich zwar aufgefordert zu leugnen, aber es ist weit besser für dich, aufrichtig zu sein.«
    »Wann soll er mich aufgefordert haben, Sir?«
    »Vorhin, als ihr von euren Plätzen aufstandet.«
    »Ich weiß nichts, Sir!«
    »Du weißt es, denn du hast gehört, daß er leise zu dir › schuet put tek ‹ sagte!«
    »Ja, das hat er gesagt.«
    »Nun, was bedeuten diese chinesischen Worte?«
    »Sie heißen: ›Komm, wir gehen mit!‹ Er sagte das, weil wir mit Euch gehen sollten.«
    »Höre, du bist ein Pfiffikus; aber mich täuschest du nicht. Kommen heißt › lai ‹, und gehen heißt › k’iu ‹; schuet put tek aber heißt: ›es darf nichts gestanden werden‹. Willst du das etwa auch leugnen?«
    Der noch am Schenktische stehende Chinese hatte sich bis jetzt die schmerzende Wange gehalten; nun aber schlug er erschrocken die Hände zusammen; der andre war zwei, drei Schritte zurückgefahren, starrte den Jäger mit weit geöffneten Augen an und fragte stockend und entsetzt:
    »Wie? Ihr – – Ihr – – könnt – – könnt – – chinesisch sprechen?«
    Old Shatterhand benutzte dieses Entsetzen, den Burschen zu überrumpeln, indem er schnell fragte:
    »Wer war der Indianer, der euch die Gewehre abgezwungen hat?«
    Der Chinese ging gedankenlos in die Falle, denn er antwortete ohne Ueberlegung:
    »Er nannte sich den ›schwarzen Mustang‹, den Häuptling der Komantschen.«
    » Put yen put jii, put yen put jii! « schrie der erste Chinese vom Schenktische her.
    Dieser ängstliche Zuruf heißt so viel wie: »Kein Wort reden, kein Wort reden!«
    » Tien na, agai yn – mein Himmel, o wehe, wehe!« rief sein Kumpan, der jetzt einsah, was für einen Fehler er begangen hatte.
    »Schweigt!« lachte Old Shatterhand. »Ihr habt ja gehört, daß euer Chinesisch euch nichts nützt! Ihr seid jetzt überführt und werdet unbedingt noch heut abend erschossen oder aufgehängt, wenn ihr noch weiter leugnet. Erzählt ihr uns aber genau, wie es geschehen ist, so werden wir euch das Leben schenken.«
    »Das Leben schenken?« fragte der zweite Chinese, der weniger hartköpfig als der erste war. »Was wird aber dann unsre Strafe sein?«
    »Das richtet sich ganz nach eurer Aufrichtigkeit. Wenn ihr nichts, aber auch gar nichts verschweigt, so kommt ihr jedenfalls besser weg, als ihr es selbst verlangen könnt.«
    »So werde ich es sagen; ja, ich erzähle es!«
    Der Chinese warf einen fragenden Blick zu seinem Mitdiebe hinüber, der ihm bejahend zuwinkte, denn er sah nun auch ein, daß es geraten sei, den in den Schmutz geratenen Karren nicht weiter hineinzuschieben. Er wagte sich, die brennende Wange wieder haltend, näher heran, und nun erzählten beide, halb freiwillig und halb sich ausfragen lassend, wie sich die Sache ereignet hatte. Als sie alles gestanden hatten, wendete sich der aufrichtigere von ihnen an Old Shatterhand:
    »Nun wißt Ihr alles, Sir; wir haben Euch nichts mehr zu sagen und sind deshalb überzeugt, daß Ihr uns die Strafe ganz erlassen werdet.«
    Da fuhr der Engineer ihn an:
    »Was fällt dir ein, du Dieb? Die Strafe ganz erlassen? Keinesfalls! Weißt du, was es heißt, einem Westmann seine Waffen zu stehlen? Das heißt, ihn in den sichern Tod jagen! Und nun gar solche Gewehre! Ich wollte euch totprügeln lassen; aber da Mister Shatterhand nicht damit einverstanden war und ihr euch auch zu einem Geständnisse herbeigelassen habt, will ich Gnade vor Recht ergehen lassen und euch nur hundert Hiebe zudiktieren.«
    Infolge dieser Drohung erhoben beide ein lautes Wehegeschrei. Winnetou ließ ein verächtliches »Uff!« hören und wurde von Old Shatterhand gefragt:
    »Welche Strafe hat mein roter Bruder diesen Dieben zugedacht?«
    Der Apatsche blickte einige Augenblicke lang vor sich nieder; dann ging ein eigentümliches Halblächeln über seine bronzenen Züge.
    »Diese,« antwortete er, indem er mit beiden Händen die Bewegung des Skalpierens machte.
    Die Weißen wußten, was er meinte und zeigten sehr ernste Gesichter; die Chinesen hatten die Gesten nicht verstanden und sahen Old Shatterhand fragend an.
    »Kniet hier vor mir nieder, eng nebeneinander!« befahl er ihnen.
    Sie gehorchten.
    »Nehmt eure Mützen ab!«
    Sie zogen ihre niedrigen, schirmlosen Mützen von den Köpfen. Im nächsten Augenblicke blitzte sein Messer; die anwesenden Arbeiter und Beamten schrien erschrocken auf, denn sie glaubten, daß er Ernst mache. Zwei schnelle Griffe mit der linken Hand nach ihren Köpfen und zwei ebenso rasche Schnitte mit

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