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Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Titel: Saemtliche Werke von Karl May - Band 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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hören, Mister Shatterhand!«
    »Also an das Leben würde es ihnen nicht gehen, selbst wenn wir Grund hätten, sie mit dem Tode zu bestrafen; wir sind doch Christen und also keine Massenmörder!«
    » Well! Einverstanden! Also weiter!«
    »Strafe haben sie natürlich verdient, weil sie das Camp überfallen wollten. Die beste und gerechteste Strafe ist stets diejenige, welche es dem Verbrecher unmöglich macht, seine That zu wiederholen. Wir müssen also den Komantschen die Gelegenheit oder die Macht nehmen, so bald wieder an einen Ueberfall zu denken. Dies geschieht dadurch, daß sie den beabsichtigten Einbruch in das Camp mit ihren Waffen und Pferden bezahlen müssen.«
    » Egad! Das ist nicht übel; das leuchtet mir ein! Wer aber soll diese Sachen bekommen?«
    »Ihr und Eure Arbeiter. Ich betrachte das als Straf-und Gerichtskosten, welche als Belohnung für euren Beistand unter euch verteilt werden.«
    »Sehr gut! Und die Leute von Firwood-Camp?«
    »Von denen bekommen nur diejenigen etwas, die sich uns schließlich noch angeschlossen haben.«
    »Das sind so wenige, daß wir das, was sie bekommen, gern abgeben können. Und weiter?«
    »Wir haben dem ›schwarzen Mustang‹ die Medizin genommen, weil er so dummfrech oder frechdumm war, uns zu beleidigen, obgleich er sich in unsrer Gewalt befand; das Ehrgefühl seiner Leute sollte geschont werden. Aber weil sie seinem Beispiel gefolgt sind und uns dann in eben derselben Weise verhöhnt haben, sollen sie auch dieselbe Strafe erleiden: wir nehmen ihnen die Medizinen.«
    »Ganz recht, Sir! Was diese Roten als Medizin bezeichnen, ist doch nur ein Firlefanz, über den man lachen muß.«
    »Da irrt Ihr Euch sehr. Es handelt sich hier nicht um Firlefanzereien, sondern um religiöse Ueberzeugungen, um die heiligsten und tiefsten Gefühle, welche in ihren Herzen wohnen. Ihr versteht das nicht. Wenn wir ihnen die Medizinen nehmen, rauben wir ihnen nicht bloß ihre kostbarsten irdischen Güter, sondern nach ihrer Ansicht auch beinahe die Möglichkeit, selig zu werden.«
    » Pshaw! Ewige Jagdgründe! Lächerlich!«
    »Das ist keineswegs lächerlich. Wir Christen sprechen vom Himmel, Muhamed redet von sieben Himmeln, die Brahmanen haben ihr Nirwana, die Lappländer ihre ewigen Renntierwiesen, die Eskimos ihre himmlischen Seehund- und Walfischseen und die Indianer ihre ewigen Jagdgründe. Wie das Stammeln des Kindes den Eltern heilig ist, so wird auch unserm Herrgott das Stammeln eines Menschen, der noch nicht gelernt hat, wie ein Christ zu sprechen und zu beten, wohlgefällig sein. Es ist eine fürchterliche Strafe, welche wir den Komantschen zugedacht haben, und ich würde sie ihnen nicht diktieren, wenn wir nicht in dieser Weise von ihnen verhöhnt worden wären und wenn nicht Winnetou, der selbst ein roter Mann ist, sie ihnen vorhin angedroht hätte, als er sagte, daß er ihnen ihr Gift nehmen werde. Es handelt sich hierbei auch um das erziehliche Motiv und um das Nützlichkeitsprinzip. Sie sollen erkennen, daß mit der Größe des Fehlers auch die Strenge der Strafe steigt und daß man Männer, wie wir sind, nicht ungeahndet in dieser Weise beleidigen darf. Was hier geschieht, wird sich schnell bei allen Roten herumsprechen und uns bei ihnen in Achtung bringen. Ist Winnetou mit mir einverstanden?«
    »Mein weißer Bruder hat mir aus der Seele gesprochen,« antwortete der Apatsche. »Was er thut, ist ganz dasselbe, als ob ich es selbst bestimmt hätte. Wir nehmen ihnen die Medizinen.«
    »Aber sie werden sich fürchterlich rächen! Oder nicht?« fragte der Engineer.
    »Natürlich werden sie an Rache denken, aber nicht an Euch, sondern an uns,« antwortete Old Shatterhand. »Grad dadurch, daß wir ihnen die Medizinen nehmen, lenken wir ihre Rache von Euch weg auf uns. Sie müssen diese Gegend schimpflich verlassen, zu Fuß; sie müssen sich während der Rückkehr nach ihren Weidegründen höchst armselig behelfen, weil sie keine Waffen haben; sie können nicht jagen, sondern höchstens Schlingen legen; sie werden sich meist von Wurzeln, Beeren und wilden Früchten zu ernähren haben; das hält sie lange unterwegs. Und wenn sie heimkommen, werden sie von den Ihrigen gemieden, weil sie keine Medizinen haben. Um wieder als Krieger zu gelten und geachtet zu werden, müssen sie sich neue Medizinen verschaffen, was jahrelang dauern kann. Hierher, nach dem Schauplatze ihres beispiellosen Verlustes, kommen sie also nicht so bald zurück. Dafür aber wehe, dreifach wehe mir und

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