SÄURE
Geständnisses vor, das die Verteidigung vergeblich anzuzweifeln versuchte. Es wurde dem Gericht im Beisein der Öffentlichkeit vorgespielt: McCloskey gab schluchzend zu, daß er Findlay angeheuert hatte, Gina Prince zu verstümmeln, weigerte sich aber anzugeben, warum.
Die Verteidigung versuchte nicht an den Tatsachen zu rütteln, sondern plädierte auf mangelnde Zurechnungsfähigkeit, das scheiterte jedoch an McCloskey, der sich weigerte, mit dem vom Gericht beauftragten Psychologen zu sprechen. Der Sachverständige der Staatsanwaltschaft bestätigte, er hätte McCloskey im Gefängnis beobachtet und als »unkooperativ und depressiv, aber als geistig klar und frei von einer ernsthaften geistigen Erkrankung« befunden. Die Jury brauchte zwei Stunden, bis sie den Angeklagten in allen Punkten schuldig sprach.
Bei der Urteilsverkündung nannte der Richter McCloskey »ein gemeines Monster, einen der niederträchtigsten Angeklagten, dem er jemals in den zwanzig Jahren seiner Amtslaufbahn das Mißvergnügen gehabt hätte, zu begegnen«. Er verurteilte ihn zu insgesamt dreiundzwanzig Jahren Haft in San Quentin. Alle Anwesenden schienen zufrieden, sogar McCloskey, der seine Anwälte zum Teufel jagte und sich weigerte, Berufung einzulegen.
Nach dem Verfahren faßte der Obmann der Geschworenen das Ganze folgendermaßen zusammen.:
»Es konnte nur der Anschein von Gerechtigkeit erreicht werden«, bedauerte Jacob P. Dutchy, 46, ein Angestellter der Dickinson Industries, Pasadena. »Das Leben dieser jungen Frau wird nie mehr das sein, was es einmal war. Aber wir haben getan, was wir konnten, um dafür zu sorgen, daß McCloskey die härteste Strafe erhält, die nach dem Gesetz möglich ist.«
Ein Mikoksi mit Säure. Dreiundzwanzig Jahre Haft in San Quentin. Das Strafmaß konnte sich durch Straferlaß wegen guter Führung auf die Hälfte verringern. Mit einem späten Gnadengesuch ließ sich noch etwas davon herunterhandeln. Das bedeutete, daß McCloskeys Entlassung eventuell bevorstand, wenn er in der Zwischenzeit nicht schon entlassen war.
Dutchy kannte zweifellos das genaue Datum, - er war der Typ, der so etwas genau verfolgte. Ich fragte mich, wie er und die Mutter das alles Melissa erklärt hatten.
Dutchy - ein interessanter Bursche aus einer anderen Zeit. Der Geschworene wurde zum Angestellten des Opfers. Ich war neugierig zu wissen, wie das zustande gekommen war. Allerdings, so wie sich die Dinge entwickelten, konnte ich schon froh sein, wenn ich eine genaue Krankengeschichte meiner Patientin erhielt.
Ich dachte an Dutchys Geheimnistuerei und seinen Diensteifer. Gina Dickinson war prädestiniert, bei einem Mann starke Loyalitätsgefühle auszulösen. Lag es an ihrer Hilflosigkeit, ihrer Resignation, die auch Eileen Wagner veranlaßt hatte, ihr einen Hausbesuch zu machen?
Was bedeutete es für ein Kind, bei einer solchen Mutter aufzuwachsen? Männer mit Säcken… - Denselben Traum hatte ich schon von so vielen Kindern gehört. Er war beinahe ein Archetypus, der bei vielen Kindern, die ich geheilt hatte, zutage getreten war. Dennoch spürte ich, daß es bei diesem Kind anders gelagert war.
Ich aß im Delikatessenladen Nate’n Al am Beverly Drive Corned beef auf Roggenbrot, hörte dazu das endlose Gelaber von Hollywoodtypen über bevorstehende Geschäfte. Dann fuhr ich nach Hause und rief eine Nummer in San Labrador an, die ich im Kopf behalten hatte.
Dieses Mal informierte mich die Stimme Dutchys auf dem Anrufbeantworter, daß niemand zu sprechen sei. Halbherzig wurde ich aufgefordert, eine Nachricht zu hinterlassen.
Ich wiederholte meinen dringenden Wunsch, mit der Dame des Hauses am Sussex Knoll 10 zu sprechen.
4
Es kam an jenem Abend kein Rückruf, auch am folgenden Tag nicht, und als es auf 17 Uhr zuging, sah ich ein, daß mir nichts anderes übrigblieb, als Dutchy noch einmal persönlich um Auskunft zu bitten - eine verdammt peinliche Situation, zum Teufel!
Aber er kam nicht. Stattdessen wurde Melissa von einem Mexikaner in den Sechzigern zur Praxis gebracht. Er war breitschultrig und kräftig, hatte einen schmalen, grauen Schnurrbart, eine Hakennase und Hände so rauh und braun wie Zedernborke. Er trug Arbeitskleidung und hielt einen schweißbefleckten hellbraunen Hut vor sich hin.
»Das ist Sabino«, stellte Melissa ihn vor, »er kümmert sich um unsere Pflanzen.«
Ich begrüßte ihn und stellte mich vor. Der Gärtner lächelte, als ob es ihm unangenehm wäre, und murmelte: »Hernandez,
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