SÄURE
später. Ein hartes braunes Augenpaar wanderte zu mir herüber.
»Und dies«, stellte Lewis vor, »ist der Hausarzt der Familie, die an unserem Leichnam interessiert ist. Vielleicht kann er sich mal dein Knie ansehen, Sandy.«
Der andere Detektiv fand das nicht lustig. Er knöpfte die Jacke zu, und als er sich an Milo wandte, hätte auch er einen aufgedunsenen Leichnam betrachten können.
Milo sagte: »Esposito, stimmt’s? Sie waren früher drüben in Devonshire?«
Esposito sagte: »Sie sind vorher hier gewesen und haben mit dem Verstorbenen geredet. Worüber?«
»Nichts, er wollte nicht reden.«
»Das ist es nicht, was ich gefragt habe«, sagte Esposito und verschluckte einen Teil der Silben. »Worüber genau wollten Sie mit dem Verstorbenen sprechen?«
Milo machte eine Pause, wog seine Worte oder entwirrte die Syntax. »Seine eventuelle Beteiligung am Tod der Mutter meiner Klientin.«
Esposito schien es nicht gehört zu haben. Es gelang ihm, seinen Körper vor Milo zurückzuziehen, während er den Kopf vorwärtsstieß. »Was haben Sie uns zu sagen?«
Milo sagte: »Zehn zu eins, daß es sich als etwas Dummes herausstellt. Befragen Sie die Bewohner dieses Etablissements und finden Sie heraus, wen McCloskey zuletzt bei der Essensausgabe benachteiligt hat.«
»Sparen Sie sich Ihre Ratschläge«, sagte Esposito und wich etwas weiter zurück. »Ich spreche von Informationen.«
»Wie im Krimi?«
»Genau.«
Milo antwortete: »Fürchte, da kann ich Ihnen nicht helfen.«
Lewis sagte: »Mit der Benachteiligung bei der Essensausgabe, das klappt nicht, Sturgis. Die Besucher dieser Einrichtung haben meist keine Autos.«
»Sie haben ab und zu mal einen Tag Arbeit«, erwiderte Milo. »Sie fahren einen Wagen, irgendeinen Lieferwagen. Oder vielleicht hat McCloskey ganz einfach jemanden getroffen, der sein Gesicht nicht mochte. War ja auch kein besonderes Gesicht.«
Lewis rauchte und schwieg.
Esposito sagte: »Brillant!« Zu mir: »Haben Sie etwas hinzuzufügen?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Was soll ich sagen?« sagte Milo. »Ihr habt euch zur Abwechslung mal Arbeit aufgeladen.« Lewis rauchte.
Esposito fragte: »Und Sie wissen nichts über den Täter dieser Arbeit?«
»Tippen Sie mal los, Ihre Chancen sind so gut wie meine«, erwiderte Milo lächelnd. »Na, vielleicht nicht so gut, aber ich wette, Sie werden sich anstrengen, damit sie besser werden.« Er ging langsam an den beiden vorbei, auf den Eingang der Mission zu. Ich versuchte ihm zu folgen, aber Esposito stellte sich mir in den Weg. »Halt mal, Sturgis«, sagte er.
Milo sah sich um, seine Stirn war stark gerunzelt.
Lewis fragte: »Was haben Sie jetzt im Augenblick da drin zu schaffen?«
»Ich dachte, ich gehe mal zum Priester«, sagte Milo, »Zeit zum Beichten.«
»Richtig«, sagte Esposito und schmunzelte, »dem Priester wächst ein Bart, so lange wie er zuhören muß.«
Lewis lachte, aber es klang gezwungen. »Vielleicht ist es jetzt nicht der richtige Zeitpunkt«, sagte er zu Milo.
»Ich seh’ da keine Schwierigkeiten, Brad.«
»Vielleicht ist’s trotzdem nicht der richtige Zeitpunkt.«
Milo stemmte die Hände in die Hüften. »Willst du mir sagen, der Zugang ist gesperrt, weil die Leiche hier mal kampiert hat, aber obdachlose Drecksäcke dürfen ruhig ein und ausgehen? Harmon Junior wird davon begeistert sein, Brad. Das nächstemal, wenn er und der Chief sich beim Golf treffen, werden sie das ziemlich widerlich finden.«
Lewis fragte: »Wieviel sind rum, drei Monate? Und du benimmst dich schon wie ein verdammter Spießer?«
Milo entgegnete: »Quatsch, du bist der Bürohengst, Brad. Du hast plötzlich Schiß.«
Esposito sagte: »Wir brauchen uns diese Scheiße nicht gefallen zu lassen« und knöpfte die Jacke auf. Lewis hielt ihn zurück, paffte wie ein Schornstein. Dann ließ er seine Zigarette auf den Bürgersteig fallen, sah zu, wie sie schwelte und trat beiseite.
Esposito rief: »Hey!«
Lewis schrie: »Fuck it!« mit solcher Wut, daß Esposito den Mund hielt. Zu mir: »Na los, weitergehen!«
Ich ging los, und Milo legte die Hand auf die Tür.
»Bau’ keine Scheiße«, rief ihm Lewis nach, »und stell dich uns nicht in den Weg, ich meine es ernst. Es ist mir egal, wie viele verdammte Anwälte du hinter dir hast, verstehst du mich?«
Milo stieß die Tür auf. Bevor sie zufiel, hörte ich Espositos Stimme murmeln: »Maricon!« Dann ein sehr erzwungenes, zorniges Lachen.
Ein Fernseher lief im großen Raum. Irgendein Film mit
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