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SÄURE

SÄURE

Titel: SÄURE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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bekreuzigte sich.
    »Pater«, sagte Milo, »als Joel noch lebte, hat er Ihnen da irgend etwas gesagt, das anzeigen würde, daß er den Kontakt mit Mrs. Ramp oder irgendeinem Mitglied ihrer Familie wieder aufgenommen hat?«
    »Nein, überhaupt nichts. Es tut mir leid, ich kann das nicht länger ertragen, Mr. Sturgis.« Der Priester sah hinüber zur Kaffeeschlange. »Was Joel mir vielleicht gesagt haben könnte, das hat er mir vertraulich gesagt. Es ist eine theologische Frage, die Tatsache, daß sie tot ist, ändert nichts daran.«
    »Natürlich nicht, Pater. Der einzige Grund, weshalb ich hergekommen bin und mit Ihnen sprechen wollte, ist der, daß Mrs. Ramps Tochter wirklich sehr unter dem Verlust leidet. Sie ist ein Einzelkind, Pater, und jetzt eine Vollwaise. Und sie begreift, daß sie ganz allein ist. Nichts, was Sie sagen oder tun können, wird das ändern, ich weiß. Aber wenn Sie irgendeine Erklärung für das geben könnten, was ihrer Mutter passiert ist, könnte ihr das sehr helfen, ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen. Das ist es wenigstens, was mir ihr Therapeut erklärt hat.«
    »Ja«, sagte Andrus, »das glaube ich - armes Kind!« Er überlegte einen Augenblick. »Aber nein, es kann ihr nicht helfen.«
    »Was kann ihr nicht helfen?«
    »Nichts, nichts, was ich weiß, Mr. Sturgis. Was ich sagen will, ist, daß ich nichts weiß; Joel hat mir nie irgend etwas gesagt, das den Schmerz des armen Mädchens lindern würde.
    Obwohl ich es Ihnen auch dann nicht sagen könnte, wenn er es getan hätte. Also ist es vielleicht am besten, daß er es nicht getan hat. Es tut mir leid, aber so ist das.«
    »Hm«, sagte Milo.
    Andrus schüttelte den Kopf und strich sich über die Stirn. »Das war nicht sehr klar ausgedrückt, nicht wahr? Es war ein langer Tag, und meine Gedanken verwirren sich nach so langen Tagen.« Noch ein Blick auf die Kaffeemaschine. »Ich könnte etwas von dem Gift da brauchen. Es ist eine Menge Zichorie drin, aber wir haben mit dem Koffein nicht geknausert. Es hilft den Männern beim Alkoholentzug. Sie dürfen sich auch einen Becher nehmen.«
    »Nein, danke, Pater. Ich möchte Ihre Zeit nur noch einen Augenblick beanspruchen. Haben Sie irgendeine Idee, wer es getan haben könnte?«
    »Die Polizei schien anzunehmen, daß es eine von diesen Sachen ist, die in einer Pennergegend nun einmal vorkommen.«
    »Sind Sie auch dieser Meinung?«
    »Es gibt keinen Grund, der dagegen spräche, nehme ich an. Ich habe so viele Dinge gesehen, die keinen Sinn ergaben…«
    »Gibt es etwas an McCloskeys Tod, das keinen Sinn ergibt?«
    »Nein, eigentlich nicht.« Noch ein Blick auf die Kaffeemaschine.
    »Gab es für McCloskey irgendeinen Grund, in der Gegend zu sein, wo er überfahren wurde?«
    Andrus schüttelte den Kopf. »Nicht, daß ich wüßte. Er hatte keine Besorgung für die Mission zu erledigen, - ich habe der Polizei das gesagt. Die Männer gehen spazieren, erstaunlich weite Strecken in Anbetracht ihres Zustandes. Es ist so, als ob sie die Bewegung daran erinnerte, daß sie noch am Leben sind. Die Illusion eines Ziels, obwohl es kein Ziel für sie gibt.«
    »Als wir zum erstenmal hier waren, hatte ich den Eindruck, daß Joel selten die Mission verließ.«
    »Das ist richtig.«
    »Also war er keiner von Ihren großen Spaziergängern.«
    »Nein, eigentlich nicht.«
    »Hat er andere Spaziergänge unternommen, von denen Sie wissen?«
    »Nein, eigentlich nicht…« Andrus schwieg, seine Ohren wurden sehr rot. »Was ist, Pater?«
    »Das wird sehr häßlich, sehr hart klingen, aber mein erster Gedanke war, nachdem ich gehört hatte, was geschehen war: Da hat jemand von den Familienangehörigen, von Mrs. Ramps Familie, endlich beschlossen, Rache zu üben. Hat ihn irgendwo hingelockt und ihm dort aufgelauert.«
    »Wieso das, Pater?«
    »Sie hatten mit Sicherheit einen Grund. Und daß sie es mit einem Wagen gemacht haben, kam mir vor wie eine nette, bürgerliche Methode, es fertigzubringen. Da brauchten sie ihm nicht nahezukommen, ihn weder riechen noch berühren.« Der Priester starrte wieder vor sich hin, dann nach oben und zum Kruzifix. »Häßliche Gedanken, Mr. Sturgis, ich bin nicht stolz darauf. Ich war zornig. Was hatte ich nicht alles in ihn investiert, und jetzt - Dann begriff ich, daß ich gedankenlos und grausam war und an mich selbst dachte und unschuldige Menschen verdächtigte, die auch an ihrem Leid zu tragen haben. Ich hatte kein Recht, das zu tun. Jetzt, daß Sie mir von Mrs. Ramp erzählen,

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