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Safa: Die Rettung der kleinen Wüstenblume

Safa: Die Rettung der kleinen Wüstenblume

Titel: Safa: Die Rettung der kleinen Wüstenblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waris Dirie
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Schrei im Film zu fürchten. Just als die Szene begann, sprang ihr Vater auf und rannte auf die Terrasse hinaus.
    »Idriss«, rief ich, »wohin willst du ausgerechnet jetzt?«
    Doch er ignorierte mich und zog die Türe hinter sich zu. Das konnte doch nicht wahr sein! Unsanft hob ich Safa von meinem Schoß, setzte sie auf die Couch und eilte ihm hinterher.
    Ich entdeckte ihn in der kleinen Laube am Ende des Gartens, wo er auf einer Holzbank saß und sich mit zitternden Händen eine Zigarette ansteckte.
    »Was ist los?«, fragte ich außer Atem, weil mich sein Verhalten so erzürnt hatte.
    Der Mann blickte starr auf seine Zigarette und sagte kein Wort.
    »He, Bruder, sag mir, was los ist!«
    Idriss stützte die Ellbogen auf den Tisch, legte die rechte Hand, in der zwischen Zeige- und Mittelfinger die Zigarette steckte, auf die linke Faust und sog den Rauch tief in die Lungen. Schwer und lange atmete er aus. Im Halbdunkel konnte ich erkennen, dass sich seine Augen mit Tränen gefüllt hatten.
    »Was glaubst du, wie das für mich als Vater ist, meine eigene Tochter so zu sehen?«, unterbrach er unvermittelt die Stille. »Meinst du, ich weiß nicht, wie schlimm diese Beschneidung für die Mädchen ist?«
    Ich wartete einige Augenblicke, bis ich ihn fragte: »Wenn du es weißt, warum unternimmst du dann nichts dagegen?«
    »Was soll ich in Balbala denn tun?«, stellte er mit fester Stimme seine Gegenfrage. »Alle glauben, dass es gemacht werden muss. Die Menschen sind ja so leichtgläubig und dumm!« Idriss blickte mich vorwurfsvoll an, dann erst redete er weiter: »Du lebst nicht dort. Du musst nicht jeden Tag damit klarkommen, mit dem Hohn, dem Spott und der Ausgrenzung, mit den Anfeindungen der Nachbarn und dem Druck der Familie. Seit wir den dämlichen Vertrag mit deiner Foundation unterschrieben haben, werden wir Tag für Tag verspottet.«
    »Dämlicher Vertrag?«, wiederholte ich fassungslos und fügte lauter hinzu: »Dieser dämliche Vertrag hat euch ein besseres Leben ermöglicht! Ihr habt genug zu essen, ihr habt sogar Elektrizität im Haus. Safa geht zur Schule, und du kannst Medikamente für deinen kranken Sohn kaufen. Kapierst du das denn nicht?« Ich wollte kein Blatt mehr vor den Mund nehmen.
    Idriss nahm einen weiteren tiefen Zug und lachte sarkastisch. »Ja … aber welchen Preis bezahlen wir dafür? Du ahnst ja nicht, wie oft wir den Tag verfluchen, an dem wir den Vertrag mit deinen Filmfritzen unterschrieben haben. Denkst du, uns war damals klar, was das für uns bedeutet? Ihr habt euren Film gedreht und seid danach wieder nach Europa abgehauen. Ich dagegen muss jeden Tag mit dem Neid und der Missgunst der anderen leben!«
    Seine harten Worte trafen mich wie ein Pfeil ins Herz. Genau davor hatte ich mich immer gefürchtet: dass man uns vorwerfen würde, die Menschen in Afrika im Stich zu lassen.
    »Darf ich mich zu dir setzen?«, fragte ich vorsichtig.
    Er wischte sich mit dem Unterarm die Tränen aus den Augen und rückte ein Stück zur Seite.
    »Ihr habt das einzig Richtige getan«, sagte ich leise und eindringlich. »Ich verstehe deinen Groll und deine Sorgen. Ich verspreche dir aber, dass wir dich immer unterstützen werden. Immer, Idriss.«
    Der Mann drehte den Kopf zu mir um und erwiderte resigniert: »Waris, was weißt du denn schon. Wir sind arme Leute. Meine Eltern waren arm, meine Großeltern waren arm, und genauso werden meine Kinder arm sein. Meine Söhne haben keine Chance, sie werden nie aus Balbala herauskommen. Das ist ihr Schicksal, dagegen kann niemand etwas machen, für uns wird sich nie etwas ändern. Es gibt keine Hoffnung.«
    Für einen Augenblick verstummte ich. In seinen Worten lagen so viel Traurigkeit und Schwermut. Safas Vater hatte aufgehört, an eine bessere Zukunft, an ein besseres Leben für sich und seine Familie zu glauben. Ich wusste nicht, was ich darauf erwidern sollte.
    Da fiel ein Käfer von dem Baum, unter dem wir saßen, auf die Tischplatte und blieb hilflos auf dem Rücken liegen. Idriss holte mit der rechten Hand aus, doch als er zuschlagen wollte, packte ich ihn am Arm und hielt ihn davon ab. Die andere Hand legte ich schützend über den kleinen Käfer.
    »Wir töten keine Lebewesen, die in Not geraten sind. Wir helfen ihnen«, sagte ich, nahm einen Ast und hielt ihn über den Käfer, der sich mit seinen dünnen Beinchen sofort daran klammerte und hochzog.
    Staunend beobachtete Idriss, wie der Käfer zu beben begann, die Flügel ausbreitete und brummend in die

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