Safa: Die Rettung der kleinen Wüstenblume
fahren wir alle gemeinsam zur Verleihung des Thomas-Dehler-Preises, und danach wird sich unsere Gemeinschaft wieder zerstreuen.« Ich blickte in die Runde und fuhr fort: »Hawo und Mohammad werden nach Polen zurückfliegen, da sie zur Schule müssen. Joanna, Sophie und Walter fahren nach Wien. Und Idriss, Inab und Safa«, das kleine Mädchen blickte bei meinen Worten traurig auf seinen Teller, »kehren in ihre Heimat Dschibuti zurück.«
Inab meldete sich als Erste zu Wort. »Warum kommst du nicht mit uns mit, Waris?«
Ich erklärte ihr, dass dies nicht möglich sei, weil ich mit Leon nach New York fliegen würde, um meinen Ältesten Aleeke zu besuchen. »Aber bevor wir uns voneinander trennen müssen, möchte ich mit euch allen zusammen ein großes Abschiedsfest feiern«, verkündete ich.
Safas Traurigkeit war im Nu verflogen. »Ja, ein Fest, das ist toll!«, rief sie begeistert.
»Ich lade euch heute Abend zu einem Grillfest ein, und zwar hier in diesem wunderschönen Garten«, erklärte ich mein Vorhaben. »Danach werden wir uns alle zusammen meinen Film ansehen.«
Daraufhin herrschte betretenes Schweigen am Tisch.
»Ohne diesen Film hätte ich euch, Safa und Inab, sowie eure Familien niemals kennengelernt.« Ich sah die beiden Mädchen dankbar an. »Es ist höchste Zeit für ein Fest der Wüstenblumen.«
Nach dem Frühstück brachen wir alle gemeinsam auf, um im örtlichen Supermarkt für den Abend einzukaufen. Sofort stürmten die Kinder in alle Richtungen davon, legten Chips, Schokolade, Coca-Cola und Eiscreme in den Einkaufswagen. Idriss schlug vor, zur Feier des Tages eine Ziege zu kaufen, die er selbstverständlich persönlich schlachten wollte, um sie danach am Spieß zu grillen.
»Oberammergau ist leider nicht Balbala«, erwiderte ich schmunzelnd. Immer wieder brachte mich Safas Vater mit seiner verrückten afrikanischen Art zum Lachen, denn letztlich schlummerte genau diese Art auch immer noch irgendwo in mir. »Hier kannst du nicht so einfach eine lebendige Ziege kaufen, um sie zu schächten. Sieh mal, da drüben ist die Fleischabteilung, da suchen wir uns die besten Stücke aus.«
Hastig ging Idriss auf die Vitrine zu und fragte die Fachverkäuferin auf Französisch nach Ziegenfleisch. Die Frau sah ihn nur ratlos an, weil sie ihn nicht verstand. Sophie eilte herbei, um zu übersetzen.
»A Goaß? Hamma ned«, antwortete die Bayerin mit schriller Stimme.
»Dann nehmen wir eben Kamelfleisch«, sagte Idriss, ohne seine Dolmetscherin Sophie anzusehen, die seine Bestellung Wort für Wort übersetzte.
Ungläubig schüttelte die Frau hinter der Fleischtheke den Kopf. »Für ein Kamel müssen Sie schon in den Tierpark nach München fahren«, antwortete sie in ihrer schlagfertigen bayerischen Art.
Idriss war einverstanden. »Na gut, dann fahren wir eben in den Tierpark«, beschloss er, während ich die Diskussion amüsiert verfolgte. »Am besten sind die Füße und die Innereien, daraus machen wir einen köstlichen Kameleintopf.«
Sophie musste ebenfalls schmunzeln. »Idriss, der Tierpark ist ein Zoo, so wie die in Paris und Wien. Dort kann man keine Tiere zum Essen kaufen, man darf sie bloß ansehen.«
Enttäuscht schürzte Safas Vater die Lippen. »Okay, dann bitte Antilope. Das ist zwar teuer, aber es ist ja auch unser Abschiedsfest.«
Die bayerische Verkäuferin hob abwehrend die Hände. »Na, des hamma a ned! Hier gibt’s nur Hendl, Rind, Lamm und Schwein.«
»Schwein?«, fragte Idriss ebenso ungläubig wie die Verkäuferin vorhin, als er Ziege bestellt hatte. »Das kann man doch nicht essen!«
Sophie erklärte der Supermarktangestellten daraufhin, dass der Afrikaner Muslim sei und deshalb kein Schwein essen dürfe. »Schmecken tut ein Schweinsbraten trotzdem immer noch am besten«, brummte diese nur.
Nachdem die Entschediung auf Lamm, Huhn und Fisch gefallen war, hatten wir alles, was wir für unsere Party benötigten. Vollbepackt fuhren wir zurück in unser idyllisches Ferienhaus und begannen mit den Vorbereitungen. Alle halfen mit, die Kinder schälten die Kartoffeln und wuschen das Gemüse, während sich die Erwachsenen um das Fleisch kümmerten. Gemeinsam mit Sophie zauberte ich aus Olivenöl, Rosmarin, Thymian, Knoblauch, Chili, Salz und Pfeffer eine köstliche Marinade, um das Grillfleisch darin einzulegen.
Safa und Leon hatten unterdessen andere Sorgen. Hand in Hand kamen sie in die Küche und bauten sich vor uns auf.
Feierlich verkündete mein Sohn: »Mummy, ich muss dir was
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