Saftschubse - Lies, A: Saftschubse
auf meine vollverchromte Thermo-Sauciere, uns bei nächster Gelegenheit mit Salsa-Aerobic wieder in Form zu bringen.
Auf der Fahrt hatten wir erst mal eine kurze Auseinandersetzung zum Thema Berufsfindung: Meiner Entscheidung Stewardess zu werden steht meine Schwester noch immer so kritisch gegenüber wie dem Verzehr von abgelaufenem Hackfleisch. Ich wünschte, in meiner Familie würde man zueinander sagen: »Kind, ich passe gut auf alles auf – mach dir keine Gedanken. Geh du nur erst mal los und verwirkliche dich selbst!«
Also ich jedenfalls würde so etwas sagen, falls meine Schwester plötzlich ein Sabbattjahr in Nepal einlegen wollen würde, was bei ihrem Fünf-Jahres-Mietvertrag und dem weit im Voraus gebuchten Sommerurlaub auf Teneriffa allerdings eher nicht zu vermuten ist.
Ich zwänge mich nach dem Einräumen meiner Habseligkeiten in ihre Garage hinter meinem monumentalen Bücherregal mit begehbarer Leiter hervor und versuche sie aufzumuntern:
»Sieh es doch mal so: Du kannst jetzt alle meine Sachen uneingeschränkt nutzen! Hier, meine Sonnenwende-Sonderedition der Snöfkull-Fjorde. Und mein Teelicht-Spender!«
Wenig überzeugt verschränkt sie die Arme und mustert im Garagentorrahmen lehnend die kleine Box aus Mahagoni, aus der spontan ein paar Vanille-Kerzen herausfallen.
Ich finde sie fast ein bisschen undankbar.
»Warum hast du dich eigentlich für München als Heimathafen entschieden?«, fragt sie, als wir das Tor schließen und noch einmal nachdrücken müssen, bis meine Rokoko-Badewanne endlich nachgibt.
Ich klopfe mir ein wenig feuchtigkeitsspendendes Badesalz von den Schenkeln, schürze die Lippen und sage in welterfahrenem Tonfall: »Wegen des Interkont-Bereichs.«
Ich gebe zu, ich genieße das neue exotische Flair, das mich umgibt, maßlos und fahre erklärend fort: »Wenn du in Hamburg oder Stuttgart stationiert bist, kommst du über Ankara nicht hinaus. Und ab Frankfurt gibt es sogenannte Flight Groups , denen man zugeteilt wird. Das heißt, von dort aus fliegst du dann nur nach Südamerika oder nur nach Asien. Aber ab München …«, wieder huscht ein seeliges Grinsen über mein Gesicht, »wird man sofort auf allen Strecken eingesetzt, die Skyline weltweit durchführt.«
Vier Wochen später bin ich mittendrin im Training.
Ein straffer Stundenplan hält unseren Kurs auf Trab und lässt wenig Zeit, untereinander Kontakte zu knüpfen. Ein Umstand, der mir seit der Begegnung mit Pessimismus-Barbie nicht unrecht ist. Man muss heutzutage einfach irrsinnig vorsichtig sein, wen man in sein Leben lässt.
Abends nach dem Unterricht schlurfen wir erschöpft in unsere Einzelzimmer und machen uns ganz unglamourös daran, die auferlegten Hausaufgaben zu erledigen. Gegessen wird in der Kantine. Manche aus meinem Lehrgang haben auch schon Familie und verbringen die Abende mit stundenlangen Telefonaten in die Oberpfalz oder skypen nach Mauritius.
Um die kulturpezifische Kompetenz auszuweiten, hat Skyline auf Flügen von und nach Japan, China, Korea und Indien zusätzlich Flugbegleiter der jeweiligen Nationalität eingeführt. Und die sind wider Erwarten richtig zugänglich.
Amüsiert lauschen wir ihnen beim Mittagessen, warum zum Beispiel die Inder gerne mit einem sehr dringlichen »Water, water, give me water, quick!« einsteigen. Nur um dann, nachdem man losgerast ist und in Windeseile mit einer Stange Becher und einer 1,5 Liter-Flasche zurückkehrt, einen Minischluck zu nehmen, den noch vollen Becher wieder zurückzugeben. Wüsste ich von Indira nicht, dass dieser Schluck in Indien ein gängiges Begrüßungsritual ist, würde ich womöglich leicht den Spaß an der Arbeit verlieren.
Verheerend wäre auch, wenn man auf das ebenso dringliche »Compliments, compliments, give me compliments, quick!« anfinge zu schwadronieren:
»Oh yes, you have beautiful brown eyes, Sir!« , statt mit kleinen Geschenken wie Skyline-Kulis, Buttons und Kerosinchen , dem Maskottchen, beim Fluggast anzukommen.
Auch das interkulturelle Training von Skyline bewahrt mich vor derartigen Fehltritten, die die auswärtigen Beziehungen gefährden könnten. Sogar einem Essen inklusive Quallensalat im Rahmen einer hin und wieder vorkommenden Einladung in die Botschaft in Taiwan sähe ich mich gewachsen.
Kurios ist auch, dass Indira und ihren Kurskollegen aus dem dicht bevölkerten Indien die von uns Deutschen geliebten Einzelzimmer mit individueller Kochnische völlig zuwider sind. Sie lassen lieber alle Türen offen,
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