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Saftschubse - Lies, A: Saftschubse

Saftschubse - Lies, A: Saftschubse

Titel: Saftschubse - Lies, A: Saftschubse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Lies
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behalten und nicht bevormundet zu werden.
    »Guck mal …«, hat mich eine Purserette auf einem Flug kurz vor Istanbul getröstet, als ich nach einer ähnlichen Szene in eine Kotztüte geatmet und von zehn an rückwärts gezählt habe.
    »Das sind Machtmenschen – Alphatierchen! Die sind in Führungspositionen, leben ihre cholerischen Launen den ganzen Tag an Sekretärin, Ehefrau und sonstigen Untergebenen aus, und dann kommst du und sagst ihnen, sie sollen dir bitte ihre Bordkarte zeigen, da zwei Personen zu viel in der Businessclass sitzen. Natürlich flippen so Leute da aus.«
    Ich fand, sie war sehr weise. Auch weil sie meinte, man hätte kein Pech mit Männern, sondern Männer seien das Pech, was ja auch viel logischer sei.
    Ich werfe dem iProll einen letzten mahnenden Blick zu und hole mein Demo-Kit hervor. Da wir nur innerdeutsch fliegen und uns somit nicht über neunzig Kilometer von einer Küste entfernen, ist das Vorführen der Schwimmweste überflüssig. (Natürlich besteht eine geringe Chance, dass wir in der Oder oder im Starnberger See landen, aber da muss dann jeder selber sehen, wie er zur Roseninsel schwimmt.)
    Hoffentlich denkt der iProll jetzt nicht, dass ich vor ihm flüchte oder ihm gar seinen Willen lasse. Bis jetzt lässt er jedenfalls nicht erkennen, dass er seine unflexible Haltung überdenkt. Er sitzt unverändert da, schließt genießerisch die Augen und lehnt sich entspannt zurück. Spontan wünsche ich mir diverse Szenarien aus Katatstrophenfilmen herbei – dann würden wir schon sehen, wer hier weiß, wo die Leuchtpistole ist.
    »… möchten wir Sie jetzt mit unseren Sicherheitsvorkehrungen vertraut machen«, hallt es durch den Flieger.
    Ich eile an meine Vorführposition, den Notausgang.
    » Ladies and Gentleman, and now for a few safety tips! Wir zeigen Ihnen nun, wie Sie Ihren Sitzgurt schließen und wieder öffnen können. We will now show you, how to fasten and unfasten your seatbelt. «
    Synchron zur Lautsprecherstimme demonstriere ich den Verschluss des Gurtes und lasse gleichzeitig meinen Blick über den Fußraum an den Notfenstern gleiten. In kaum einer Reihe liegt Handgepäck auf dem Boden. Nur in den insgesamt vier Sitzreihen an den Notausgängen hängen Jacken, liegen Koffer, Zeitungen und Henkeltaschen und geben eine wunderbare Todesfalle ab. Und dann hieße es wieder: »Alle siebenundachtzig Opfer verbrannten, ein Opfer rutschte auf der Financial Times Deutschland aus und wurde zu Tode getrampelt«, wie in irgendwelchen mallorquinischen Diskotheken, bei denen ständig Feuerschutztüren durch Sangria-Fässer versperrt sind.
    Während ich mir überlege, wo im Flieger ich den großen schwarzen Koffer und die XXL-Bag noch unterbringe, die ich jetzt sehe, lasse ich gekonnt die Sauerstoffmaske fallen – sie streift ganz leicht den oberen Rand einer Zeitung. Der Mann, der sie liest, wirft wiederum mir über den Rand seines Häagar-Comics hinweg einen Blick zu, der mich in eine Folterkammer ins Mittelalter verbannt.
    Auch die Frauen reagieren extrem genervt, als ich ihnen nach der Demonstration mit Engelszungen mitteile, dass sie ihre Taschen zu Start und Landung bitte nach oben verstauen müssten, da sie an einem Notausgang sitzen. Dass jedoch ich das selbstverständlich gerne für sie übernehme und sie noch in Ruhe herausnehmen können, was sie augenblicklich brauchen. Während ich mich bemühe, diesen unglücklichen Umstand mit einem strahlenden Lächeln für alle Betroffenen erträglich zu machen, kassiere ich Augenrollen, genervtes Seufzen, bekomme die XXL-Bag wortlos entgegengeknallt, und die Dame ganz am Fenster, mit Nadelstreifenanzug und Ilona-Christen-Brille, sagt, dass sie nicht bereit ist, auch nur »das Nötigste« abzugeben.
    In genau so einem Moment muss Steven Slater ausgeflippt sein. Dieser amerikanische Flugbegleiter, der sich ein Bier aus der Küche nahm, die Flugzeugtür aufriss und einfach auf der Notrutsche nach draußen geflüchtet ist. Und dann in allen Medien war, weil eine Initiative für ihn gegründet wurde, die sich für mehr Respekt gegenüber Menschen in Serviceberufen einsetzt und es sich zum Ziel gesetzt hat, ihn aus der U-Haft zu befreien.
    Die Leute machen es einem wirklich nicht leicht, in bester Rettungsabsicht zu sein. Dabei hätten die Damen am Notausgang sich den Schock ersparen können. Denn wenn man einen kurzen Blick auf die vielen roten Schilder überall mit »Emergency Exit« und das hübsche Piktogramm mit dick durchgekreuztem

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