Saftschubse - Lies, A: Saftschubse
es Langzeitparkplätze, Jetlag-Massagen und bunte Werbeschilder, die an Ausfahrten für Mietwagen mit Park, Sleep & Fly! werben oder unschöne Erfindungen wie dem Early Bird Breakfast . Nichts also, wovon ich mich angezogen fühlen könnte.
Ich möchte nicht parken und bin nach Atlantiküberquerungen sehr aufs Ausschlafen bedacht. Auch lege ich noch gegen zehn Uhr Wert auf ein Schafskäse-Schnittlauch-Omelette oder eine belgische Waffel und sehe danach gerne ein bisschen was von der Gegend – wenn ich schon mal in Tokio bin. Da wäre eine wenig zentrale Lage neben den Quick Check-in-Automaten der japanischen YAL doch eher hinderlich.
Außerdem bin ich durch Skyline inzwischen unglaublich verwöhnt, was die internationale Hotellerie angeht. Das muss man mal ganz klar so sagen. Unsere Vertragshotels nämlich haben so wohlklingende Namen wie Hyatt, Hilton, Kempinski und Marriott . Luxuriöse Etablissements, in denen man schon mal den Emir von Bahrain zu Gesicht bekommt, eine prachtvoll mit Henna bemalte Braut der Mumbaier Oberschicht oder Brad Pitt, der in Los Angeles mit mir im Aufzug stand und den ich zunächst für den Liftboy hielt. Netterweise hat er trotzdem die Vierzehn für mich gedrückt.
Meine Bekanntschaften mit Zimmernachbarn, die in Flughafenhotels absteigen und extra aus dem Saarland zur Messe »Kunststoff und Kautschuk« angereist sind, halten sich also in Grenzen. Und das Beste: Jedes Crewmitglied bewohnt in den Skyline-Hotels ganz alleine ein Doppelzimmer! Anfangs dachte ich, ein derart ausgeprägter Anspruch auf Privatsphäre bestünde nur nach bestandener Probezeit. Immerhin ist die Belegung eines Doppelzimmers durch eine einzelne Person betriebswirtschaftlich betrachtet ganz schön unrentabel.
Also war ich in Newark lieber erst mal dem Kapitän aufs Zimmer gefolgt, der mich auch anstandslos mit reinnahm. Wir stellten dann aber schnell fest, dass wir verschiedene Interpretationen der Sachlage hatten. Ein zusätzlicher Schock, nachdem ich bereits hatte feststellen müssen, dass mein Jungfernflug doch nicht so richtig nach New York ging. Ich wähnte mich schon Hot Dog essend neben jeder Menge Broker auf der Wall Street, als ich erfuhr, dass es neben JFK noch zwei weitere Flughäfen gibt: LaGuardia und Newark in New Jersey, wo ich dann letzten Endes saß. Also, so was Trostloses habe ich ja noch nie gesehen!
Fakt ist, dass mir in einem Flughafenhotel erspart geblieben wäre, was mir dann bei meinem ersten richtigen New-York-Aufenthalt passiert ist und um ein Haar wieder zu meiner Kündigung geführt hätte. Immerhin war ich noch in der Probezeit – eine im Übrigen wenig selbstbestimmte Lebensphase, in der man mit einem kleinen blauen Schnellhefter herumläuft und sich von Gott und der Welt schriftlich dafür bewerten lässt, wie gut man die Schminktipps aus der BRIGITTE beherrscht und den Füllstand der Weißweingläser in der Businessclass bei Turbulenzen im Auge hat.
Das Beinahe-Ende meiner fabelhaften Zeit als Stewardess jedenfalls sah so aus, dass ich mit einer kleinen weißen Plastikkarte in der Hand verzweifelt über den Times Square raste und manisch das Wort Marriott! ausstieß. Noch dazu mit einem Erdbeer-Smoothie in meiner Linken, der ständig auf meine Kleidung schwappte, was mich aussehen ließ, als hätte ich ein Highschool-Massaker verschuldet. Ein Zustand, den ich mir nicht hatte träumen lassen, als wir am Vorabend zwischen Broadway und Ecke Seventh Avenue im Crewhotel ankamen.
Kaum waren wir aus dem Crewbus gestiegen und in der Lobby angekommen, entrissen alle dem Purser die Zimmerschlüssel, zogen Einkaufslisten hervor und verabschiedeten sich unter hektischem »Muss mich schnell umziehen, UGG-Boots besorgen in Chestnut …«, »Schnell rüber zur Fifth zu Abercrombie …« und »Muss Karten abholen für König der Löwen nachher!« auf ihre Zimmer beziehungsweise in die Straßenschluchten des Big Apple.
Time is Shopping.
Na gut, dann würde ich eben den nächsten Aufzug nehmen, ich war sowieso hundemüde und fix und fertig vom Flug und den vielen neuen Eindrücken, so dass es mir vorerst einfach reichte, nur da zu sein. Wahnsinn, morgens war ich noch in Sendling aufgewacht, abends schlief ich mit Blick auf den Hudson River ein.
In dieser Zeit war ich mir noch nicht sicher, was nun besser war: Der lange Kurzstreckentag mit den vier Flügen oder acht Stunden gefangen in der Economyclass, inmitten von rund zweihundert Menschen, die mich alle andauernd für zuständig halten
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