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Saftschubse - Lies, A: Saftschubse

Saftschubse - Lies, A: Saftschubse

Titel: Saftschubse - Lies, A: Saftschubse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Lies
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Kinder wäre, was er jetzt aber vergessen kann, weil er in meinen Augen nie einen würdigen Vater abgeben würde.
    Während ich überlege, wie ich diesen Sachverhalt geschickt in einen schlagfertigen Satz ohne Tränen verpacke, schaltet er das Radio an und hört dem Wetterbericht zu.
    »Charlotte, du findest jemand anderen«, sagt er auf einmal.
    Also, das ist ja wohl der Gipfel der Unverschämtheit! Jetzt tröstet er mich quasi über sich selbst hinweg und verschachert mich auch noch an einen ominösen anderen, wie bei einem verpassten Flug. So, als könne man einfach den Nächsten nehmen! Er sollte sich lieber die Tränen aus den Augen wischen bei der Vorstellung, ich könne mit jemand anderem glücklich sein! Ich habe keine Lust mehr, auf seine Ansagen einzugehen. Warum sagt er nicht die Dinge, die ihm liegen? »Links sehen Sie eine Notrufsäule, rechts einen überfahrenen Igel. Verbleibende Fahrtzeit: zehn Minuten.«
    Mein Leben ist im Begriff, ins Klischee abzurutschen. Ab heute bin ich die Ex eines Piloten.
    »Ich lasse dich hier raus.« Maltes Ton ist nicht einmal kühler als sonst oder gar betroffen, reumütig oder gespielt mitfühlend. Er ist einfach völlig normal und neutral. Eine nahezu ausgeglichene Stimmung, in der Malte sonst nur ist, wenn er einen echten Gipfel oder sonstigen Höhepunkt erreicht hat. Wenigstens dem Sex werde ich nicht hinterhertrauern.
    Ich hatte nie für möglich gehalten, dass ich einmal »schlechten Sex« haben könnte. Ich hatte diese Wortschöpfung nie verstanden. Entweder man hat Sex oder man hat keinen. Erst durch Malte habe ich gelernt, dass guter Sex keineswegs selbstverständlich ist. Aber auch, dass schlechter Sex mit einem Typen, der dabei eine Pilotenmütze trägt und ein aufgerissenes Hemd mit goldenen Streifen auf den Schultern, auch wieder nicht so schlecht ist. Obwohl ich natürlich insgesamt zustimmen muss, dass es traurig ist, wenn eine echte Stewardess und ein echter Pilot ein Rollenspiel bemühen müssen.
    Er bleibt vor dem Abflugterminal stehen. »Ich habe schon geguckt für dich, der nächste Flieger nach München geht in einer Stunde.«
    Ich werde also nicht nur abserviert und ausgesetzt, man hat auch meine Abschiebung bereits minuziös geplant. Jetzt werde ich richtig wütend. Es kocht geradezu in mir, aber die Zeit würde nicht reichen, um in Worte zu fassen, was mir alles durch den Kopf geht. Und letztlich, so dämmert mir bereits jetzt, würde jedes Wort augenblicklich doch nur wirken wie eine zickige Retourkutsche und nicht dem Maß an Verletzung gerecht, das er bei mir verursacht hat.
    Also ist es wohl am besten, etwas völlig Unerwartetes zu tun: Ich lächle und sage: »Tschüss«. Malte Breuer hat es sich mit mir verscherzt, stellvertretend für die gesamte Pilotenvereinigung Vorne .
    Stumm nehme ich mein Handgepäck, die North Face 900 X aus Tundra-proof Nylon und wende mich zum Gehen.
    »Zauberhase, so kannst du es doch nicht enden lassen!«, ruft er nahezu entsetzt. Wahrlich einer seiner größeren Gefühlsausbrüche.
    Zauberhase? Hat der sie noch alle?! Ab jetzt bin ich »C. Lo« für ihn, falls sich unsere Wege beruflich jemals wieder kreuzen. Er macht Schluss, und jetzt soll ich es nicht so enden lassen? Er hat wirklich genug Zeit mit mir verbracht. Obwohl wir diese selten wirklich miteinander verbracht haben.
    Meistens befanden wir uns dabei in von Menschen weitgehend unbevölkerten Teilen der Erde und in einem speziellen Outdoor-Outfit, das körperliche Nähe verhinderte. Zum Beispiel in unseren Neoprenanzügen beim Apnoetauchen oder in unseren Polaranzügen beim Eismeerfischen vor Alaska. Abenteuer, von denen ich mich jetzt ernsthaft frage, warum ich sie mit ihm hatte erleben wollen. Aber eine Beziehung ist wie ein Zwei-Jahres-Vertrag im Fitnessstudio: Irgendwie kommst du einfach nicht mehr raus. Selbst wenn du feststellst, dass die Kurse alle für Fortgeschrittene sind, die Gewichte an den Geräten erst bei fünf Kilo anfangen und alle Stepper ab dem Vorabend durchgängig besetzt sind – immer wenn du kündigen willst, ist die Frist gerade um. Und dann bleibst du Mitglied.
    Malte schließt mich ein letztes Mal in die Arme. So festgehalten hat er mich zuletzt auf dem Kilimandscharo bei unserer Versöhnung, nachdem ich den Campingkocher in die Luft gejagt und unsere gesellschaftliche Stellung in der Gruppe der europäischen Extrembergsteiger um Jahre zurückgeworfen hatte.
    Alles hatte schon mit einem sehr unguten Streit um einen vergessenen

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