Saftschubse - Lies, A: Saftschubse
Wohnungstür. Ich hatte mich bis jetzt in unserer Beziehung so sicher gefühlt wie Fluggäste, die nach Lust und Laune ihre Gurte am Boden öffnen und unterschätzen, dass so ein Flugzeug noch mit gut fünfzig bis sechzig Stundenkilometer dahinrollt. Von innen fühlt es sich zwar nicht so an, von außen betrachtet sieht man es jedoch deutlich.
Mir schwant, dass dies eine ähnlich furchtbare Trennung für mich wird wie die von Take That. Und das nur, weil Malte meint, ich könne seinen Stammhaltern nicht die Rassel reichen, während er in Dubai am Strand liegt und vorsichtig ein A380-Poster aus der Plane & Pilot heraustrennt, um es später aerodynamisch zu rahmen.
Zügig dreht er den Haustürschlüssel um. Eigentum natürlich. Ich fühle mich wie eine Katze, von der man nicht will, dass sie sich flugs wieder hineinzwängt. Als könne er meine Gedanken erraten, versucht er die Wogen zu glätten.
»Charlotte, es ist keine Kritik an dir! Es bedeutet einfach nur, dass ich jemanden finden muss, der besser zu mir passt. Also, noch besser eben.«
Leider fühle ich mich dadurch nicht wirklich sehr viel besser. Dass er mich nicht mehr will, okay, aber dass er mich nicht für fähig hält, ein Kind zu gebären, chemisch unbehandeltes Holzspielzeug auszusuchen und der heranwachsenden Generation zu vermitteln, wer SpongeBob ist, kränkt mich doch ein wenig. Ich habe Malte noch nie in der Nähe eines Menschen unter einundzwanzig gesehen. Hingegen habe ich täglich mit Kindern zu tun!
Ich bastele Hunderte Kerosinchen aus nichts als einer Bordkarte und kenne Die kleine Raupe Nimmersatt und Vom kleinen Maulwurf, der wissen wollte, wer ihm auf den Kopf gemacht hat auswendig und mit verteilten Rollen!
Noch immer stehe ich auf dem obersten Treppenabsatz und sehe ungläubig die antiken Holzstufen hinab, die er athletisch bewältigt, mit der neuesten Sky Wheeler/Maverick-Edition aus Polium-Bicarbonat in Bronze-Metallic, zu der es eine Felgen-Kooperation mit Porsche gibt. Beim Frühstück bin ich noch sein Zauberhase gewesen und jetzt bin ich nur noch Charlotte. Da kann er mich auch gleich siezen.
Ungeduldig sieht er mich an, nicht einmal ein bisschen traurig. Höchstens mit einer leichten Ängstlichkeit, sollte ich es wagen, auf das abrupte Ende der Beziehung, die ich bis vor einer Stunde noch für ganz in Ordnung hielt, mit einer Emotion oder gar einer netten kleinen Szene zu reagieren.
Widerwillig setze ich mich in Bewegung und spiele mit dem Gedanken, mit meinen High Heels einen Kratzer in sein makelloses Kofferset zu zaubern – Exfreundin-Edition.
Ich sehe ihn förmlich vor mir, wie er sich auf diesen Morgen vorbereitet hat, am amerikanischen Riesengrill im Gartenanteil, mit seinen zwei besten Kumpels aus der Flugschulzeit.
Fabian (alias »Alter«) und Dino (alias »Pornobacke«) halten ein Bier in der Hand und in drei Sätzen ist die Sache beschlossen: »Willst du eigentlich mal Kinder mit Charlotte?«
»Weiß nicht.«
»Krass. Liebst du sie?«
»Doch, aber nicht so richtig.«
»Dann mach Schluss, bevor du Kapitän wirst. Prost!«
Nach dieser tiefschürfenden Psychoanalyse hat sich garantiert jeder von ihnen ein T-Bone-Steak genommen, und die nächste Frage war dann, wie viel noch von dieser geilen Jalapeño-Sauce da ist, da die Verbindung nach Cajun bald eingestellt wird und keiner von ihnen mehr an Nachschub kommt.
Ob es zwischen all den Skyline-Seminaren auch ein Trennungsseminar gibt? Andererseits, Seminare gibt es nur zu Themen, die eine große Anzahl von Mitarbeitern langfristig und wiederkehrend beschäftigen. Und das hier ist für Malte offensichtlich weder ein Thema noch ein Problem. Er regelt es genau auf die Art, auf die er einen Triebwerksausfall über Ashkhabad managen würde – Ruhe bewahren, Checkliste abarbeiten.
Ein wenig Wut überkommt mich, leider noch viel zu wenig. Ich habe wirklich alles getan, um perfekt für ihn zu sein! Ich habe bei Minusgraden alle beknackten Berge bestiegen, die der Diercke - Weltaltlas im Teil »Erzgebirge bis Ostkarpaten« zu bieten hat. Nicht zu vergessen mein interkultureller Charme, mit dem ich uns im Basiscamp des K2 gesellschaftlich integriert habe, während Malte mal wieder nichts anderes getan hat, als auf seinem Laptop die faszinierende Proportionalität von Höhenmetern zu geringer werdender Luftfeuchtigkeit in einer Excel-Tabelle darzustellen. Andere Frauen würden sich weigern, auch nur die vier Stockwerke zu seinen fünf ZKB hinaufzusteigen ohne Aufzug.
Ihm
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