Saftschubse - Lies, A: Saftschubse
habe und er unvermittelt auf meine Klatschzeitschriften deutete: »Wenn wir zusammenziehen, müssen die aber raus.«
Meinen Protest hatte er geschickt mit dem Wort »zusammenziehen« erstickt. Ich meine, welcher Mann lässt sich schon gleich nach dem Kennenlernen zu solchen Schätzen der deutschen Sprache hinreißen?
Okay, jetzt nicht abschweifen. Als Erstes werde ich zu Hause meine gesamte Outdoor-Ausrüstung bei Ebay einstellen. Oder welche Frau braucht eine wasserabweisende Softshelljacke »Hundert Prozent Yellow Stone Grizzly-proof«, die »Big Horn Sunset-Duo Titansteigeisen bis fünftausend Meter Höhe« und ein Zwei-Mann-Tunnel-Zelt in Lavarot für Windverhältnisse bis acht Knoten? Und schon gar nicht brauche ich ein aufblasbares Kanu, das mehr Tiefgang hat als Malte Breuer selbst. Zumal keine der im Fachhandel erhältlichen Farben Schlammgrün, Arktisblau und Khaki meinen Teint vorteilhaft unterstreicht.
Mein Ex ist ein unbedeutender Airbusfahrer, der hoffentlich schon in dieser Minute erkennt, wie schwer es wird, wieder eine Frau zu kriegen, die ihm zuliebe den Sportbootführerschein See, den Open Water Diver, die Platzreife und die Advanced US-Skydiving Licence macht.
Im Grunde hat er sich auch von Lara Croft getrennt! Meine Wohnung wird noch heute Abend wieder zu etwas anderem werden als einer Kulisse, in der Reinhold Messner glaubhaft für Schwarztee werben könnte. Endlich werde ich statt der Stechkartusche »Nepal Millenium«, wieder Gebrauchsgegenstände des Primärbedarfs in mein Bücherregal räumen, wie zum Beispiel die streng limitierte DVD-Kollektion Bridget Jones im Handtaschenformat.
Und das Beste: An meinem nächsten Geburtstag werde ich erreichbar sein! Schließlich gibt es Menschen, die mich auch auf einem Boot des Floating Market in Bangkok anrufen würden! Eine Form der reibungslosen Kommunikation, die dank Malte an meinem letzten Geburtstag in Alaska nicht zustande gekommen war.
Grundsätzlich schalteten wir beide nachts das Handy aus, wegen der Strahlung. Neben der Gefahr, die Papillomaviren darstellen, immerhin eine unserer paranoiden Gemeinsamkeiten.
In der Nacht auf meinen Geburtstag jedoch habe ich es angelassen, aufgrund der zwei Stunden Zeitverschiebung zu Deutschland. Falls wir also noch im Bett unserer Blockhütte lägen, während meine Mama schon in Herten-Scherlebeck bei Recklinghausen am Kaffeetisch saß, bereit, ihrer Zweitgeborenen zu gratulieren, würde ich mich mühelos hinüber zum Nachttisch recken und in Federkissen von der Eiderente in Würde altern.
Als auf unserer Wanderung gegen vierzehn Uhr nordamerikanischer Zeit noch niemand Notiz von meinem Alterungsprozess genommen hatte, kramte ich mein Handy aus dem Wanderrucksack hervor. Zur Feier des Tages hatte Malte es übernommen, meine Habseligkeiten zusammenzupacken. Es war aus. Aber ich hatte es doch extra aufgeladen?!
»Ach das, das habe ich gestern Abend abgeschaltet. Ich wollte heute Morgen nicht geweckt werden, falls dich Leute anrufen.«
Weitab von ihm, zwischen einem neugierigen Karibu und jeder Menge Packeis, erhielt ich nicht nur ein perfektes Netz, sondern auch die Mitteilung über dreizehn Anrufe in Abwesenheit, sieben SMS und zwei MMS:
»Schade, dass du nicht zu erreichen bist …«
»Zu dumm, vermutlich hast du kein Netz!«
»Happy Birthday – hätte ich dir gerne persönlich gesagt!«
»Alles Liebe, mein Schatz, hab versucht, dich zu erreichen … Küsschen, Mama!«
Auch hiernach hatte Malte es noch einmal geschafft, seinen Laufpass so einfach zu verlängern wie seinen Reisepass.
»Wir haben doch uns, Zauberhase! Der wichtigste Mensch in deinem Leben ist bei dir – reiche ich dir nicht?«
Nun ja – man will ja keine Zauberzicke sein. Und größere Streits, die in getrennten Betten enden, kann man als Frau in kalten Ländern einfach nicht riskieren.
Langsam rollen wir zur Startbahn.
Gleichzeitig mein Start in ein neues, ein besseres Leben, das im Grunde dasselbe ist, nur ohne Freund. Ein pilotenfreies Leben, so etwas wie Heilfasten nach F.X. Mayr.
Das erste Mal als Neu-Single schließe ich zwei Stunden später meine Wohnungstür in Schwabing auf und lege als Erstes meine neu gekaufte InStyle im Flur ab. Eine vergleichbare Stille habe ich nur auf der Etzerschlössl-Alm erlebt.
Ohne Zwischenstopps fahre ich meinen Rechner hoch. Sonntag, 18:00 Uhr bayerische Ortszeit, beste Verkaufs-Zeit. Ich sehe, dass zauberhase79 eine neue Bewertung bekommen hat: Danke! So macht Ebay Spaß!
Skyline
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