Saftschubse - Lies, A: Saftschubse
– Meet the Angels.
Rundschreiben
Sehr geehrte Kollegen,
(selbstverständlich bin ich stolz, inzwischen 40% Damen unter der Cockpit-Besatzung verzeichnen zu können, jedoch betrifft Sie die folgende Angelegenheit im Regelfall nicht, weshalb Sie mir verzeihen, dass ich Sie in der Ansprache nicht erwähne.)
Die zivile Luftfahrt blickt auf eine lange Historie zurück, in der vor allem eines entscheidend ist:
Seriösität – wie wir sie bei Skyline leben.
Dies lässt sich leider nicht vereinbaren mit den bei Ihnen aktuell im Trend liegenden Aufklebern für Ihre Herren-Flight-Kits.
Wir möchten Sie daher bitten, Batman- & Superman-Aufkleber sowie großflächige Leuchtschriften mit »Touch heaven, kiss a pilot!« von Ihrem Arbeitsgepäck zu entfernen.
Natürlich freuen wir uns, dass Sie sich so sehr mit Ihrem Beruf identifizieren und wünschen Ihnen dabei »Always happy landings!«
Cpt. Linus-Alexander Rauh
Skyline/Flottenchef FRA
12.
»Dann musst du also immer
schön sein?«
»You got CabSav?«
»Excuse me?«
»CabSav!«
»Do you mean Cabernet Sauvignon?«
»That’s what I said.«
(IAD – MUC)
Nun ja, natürlich verlangt Skyline nicht, dass man aussieht wie Kate Moss an guten Tagen, sondern einfach, dass man gepflegt ist und das Beste aus seinem Typ macht. Was gar nicht so leicht ist, wenn man von Natur aus kein Gesicht hat, das zu Verwechslungen mit Arielle oder Angelina führt. Woran man aber arbeiten kann, sind perfekt geschwungene Augenbrauen.
Ich kann nicht sagen, dass Theo Waigel und ich Ähnlichkeit hätten, aber mein Brauenschwung reicht auch bei weitem nicht an den von Nina Ruge heran. Hier und da wachsen ein paar Härchen drunter und drüber und möchten wenigstens einmal im Monat nachhaltig eliminiert werden. Eine Erfahrung, die ich erstmals am Set eines Werbespots sammelte, an dem die Visagistin entsetzt aufsprang, mich fixierte und mit einer Präzisionspinzette Kurs auf mich nahm.
Als mein neues Gesicht und ich hinter dem Catering-Fahrzeug hervortraten, starrten mich drei Beleuchter, ein Kameraassistent und der Regisseur an, und der Dobermann verzog sich winselnd in seinen Transportkorb.
Ich war die Letzte, die das Kunstwerk begutachten durfte, schaute verschreckt in den Seitenspiegel vom Catering-Fahrzeug und war etwas befremdet, die neue Greta Garbo kennenzulernen. Bis die kreisrunden Bögen verwachsen waren, litt ich eine Weile unter Schlafstörungen und dem wiederkehrenden Traum, nach einer selbst durchgeführten Begradigung derselben für den Vulkanier Mister Spock gehalten zu werden.
Mit dem Verlauf von Augenbrauen ist einfach nicht zu spaßen. Zwei Zupfer zu viel können das Ende einer Karriere als Lottofee bedeuten und das Berufsfeld »was mit Sprachen« eröffnen.
Da ich mich ganz klar im ersten Karrieresektor befinde, muss ich folglich meinen Beauty-Pflichten nachkommen. Und die Basis hierfür sind 1. Gewicht (inzwischen ist meines proportional zu Bord-Pralinen, Snack-Tütchen und Flughafen-Laufbändern zum Draufstehen und Sich-Fahrenlassen wieder leicht angestiegen), 2. intakte Gesichtsmuskeln zwecks Dauerlächeln und 3. eine fundierte Enthaarung an Stellen, die die Uniform nicht absolut blickdicht bedeckt.
Da hierüber Klarheit herrscht, steht nur die Methode zur Diskussion. Es ist ja nicht so, dass ich heute früh in meinem Hotelzimmer aufgewacht bin und feststellte: »Jetzt möchte ich, dass mir jemand mit Wachs die Härchen an den Extremitäten rausreißt«, so wie »Heute bespreche ich mal meine Mailbox neu« oder »Ich ändere mal mein Profilbild bei Facebook«. Nein, dieser Gedanke ist über Monate, wenn nicht sogar Jahre gereift.
Und überteuerte Rasierklingen und Epiliergeräte, mit denen man im Mittelalter erfolgreich gefoltert hätte, haben mich systematisch und final zu meinem Entschluss getrieben: WAXING. Man könnte schon am brutalen Klang erahnen, dass dieses Beauty-Experiment kein Aufenthalt auf dem Ponyhof wird.
Dennoch beherrscht mich dieser Gedanke seit meiner Ankunft in Thailand derart penetrant wie das bohrende Gefühl, wenn man in den Spiegel schaut und denkt: »Ich muss unbedingt mal wieder zum Friseur.« Der Gedanke steigert sich binnen Stunden rapide zu einem wahnhaften: »Ich brauche jetzt sofort einen Termin, ich kann unmöglich noch das Wochenende über so bleiben.«
Und ich finde eben, dass meine Waden dringend zum Friseur müssen. Jetzt. Sofort. Und zwar zu einem Profi. Und dabei bin ich eben zufällig auf der Arbeit in
Weitere Kostenlose Bücher