Saftschubse - Lies, A: Saftschubse
Karabinerhaken begonnen, der mich veranlasste, mich für eine Weile beleidigt hinter eine Heidschnucke zurückzuziehen. Gott sei Dank befanden wir uns in einer Höhe, in der Flora und Fauna noch zugegen waren.
Neben Stoppern an Retro-Rollschuhen sind Campingkocher die eine Sache auf der Welt, mit der ich total auf Kriegsfuß stehe. Nach einer kurzen und erbärmlich kalten Nacht war ich mit gefrorenen Gliedern in meinen klammen Anziehsachen aus dem Zelt gekrochen. Während sich langsam die ersten Strahlen der Wärme verheißenden Sonne über das steinige Grau rundherum tasteten, dachte ich wehmütig an alle Frauen, die Urlaub auf den Seychellen machten und sich beklagten, dass sie allein beim Anblick des Meeresfrüchte-Büfetts zunehmen.
Ich beschloss, dass ich mir ein wenig Zivilisation hier oben verdient hatte. Da ich zu stolz war, Malte zu wecken und zu genervt davon, dass ihm alles, was ich verfluchte, offenbar höchsten Genuss bereitete (zum Beispiel mit Sauerstoffmaske einen Berg zu besteigen), kramte ich ein paar Streichhölzer und diesen kleinen gemeingefährlichen Flammenwerfer unter seinem GPS und meinen verschiedenfarbigen Ohrenschützern mit Rentierfell-Verstärkung hervor.
Mit meiner heimlichen Notration Lavazza-Pulver, meinem mobilen Milchschäumer und fettarmer H-Milch im Vakuumbeutel aus dem Campingbedarf suchte ich mir ein windgeschütztes Plätzchen inmitten der Zelte und drehte den Gashahn auf. Ich hielt sofort ein Streichholz daran, aber nichts passierte. Nun ja, ich war ja an der frischen Luft. Da muss man sich keine Gedanken machen, dass die auf Ratenzahlung gekaufte Küche inklusive Elektrogeräte hochgeht – dachte ich. Nach zwei weiteren fruchtlosen Versuchen wurde mir die Sache unheimlich, und ich drehte den Gashahn zu, als just in diesem Moment eine Stichflamme zu sehen war (Gott sei Dank war ich besser eingepackt als jeder Stuntman). Gleich darauf entstand unter ohrenbetäubendem Lärm ein regelrechter Krater, in dem alle Utensilien für italienischen Kaffeegenuss schmorend und stinkend versanken. Es war ein echtes Naturschauspiel. Und natürlich zog es schlagartig Touristen an, genauer alle anderen Campbewohner, die zunächst an ein Erdbeben glaubten und mich in verschiedenen Sprachen beschimpften.
Ich weiß bis heute nicht, was ich falsch gemacht habe. Vielleicht habe ich das Streichholz einfach an die falsche Öffnung gehalten? Möglicherweise war es auch mein Nagellackentferner, der darüber ausgelaufen ist.
Jedenfalls war für Malte mal wieder offensichtlich gewesen, dass ich zum Campen so wenig zu gebrauchen bin wie als Assistentin bei seinen Versuchen zur Antimaterie. (Man sollte das Ablesen über drei Wochen durchgeführter Versuche nicht seiner Freundin anvertrauen, wenn zeitgleich Der Pferdeflüsterer läuft.)
Erst die Ankunft auf dem Gipfel Tage später berauschte ihn dermaßen, dass er mich wieder in sein Herz und seine Arme schloss.
Diesmal lasse ich es regungslos geschehen.
»Na, siehst du«, kommentiert er, völlig unbeeindruckt davon, dass ich mich seinen einstmals geliebten Armen mit Lichtgeschwindigkeit wieder entwinde.
Ich werde mich auch nicht mehr umdrehen. Damit er sich mal ganz schön umguckt.
»Ich habe schon so viel Leid gesehen …« Ach, hätte ich bloß auf William gehört! Dann wäre mir einiges erspart geblieben.
Allerdings muss ich ihm widersprechen, wenn er sagt, Piloten seien alle gleich. Man kann sie nämlich prinzipiell in drei Kategorien einteilen: Da gibt es den Nerd, den unreifen Sunnyboy und zu guter Letzt den abgehalfterten Kapitän, der nach dem ersten Tsingtao-Bier in Schanghai schon einen Touchdown auf deine Brüste in Angriff nimmt.
Den Nerd habe ich jetzt gehabt.
Ich hätte mich letzte Woche trennen sollen, als mich selbiger informierte, dass er ein freiwilliges Zusatztraining mit simuliertem Absturz auf dem Frankfurter Kreuz unserem Wellnesswochenende in Bad Pyrmont vorzieht. Doch bevor ich meine Eingebung in die Tat umsetzen konnte, musste er auflegen, da die Telekom zwischen Mainz und Wien nichts anbietet, was einem telefonischen Eco-Flex-Tarif gleichkommt.
Während ich mich in Abflughalle A den Schaltern nähere und mich in die Schlange der Passagiere einreihe, versuche ich mich zu beruhigen. Ich muss positiv denken! Zum Beispiel an alles Negative, mit dem ich in Zukunft nicht mehr konfrontiert bin. Dummerweise fallen mir beim Einchecken nur schöne Momente ein.
Zum Beispiel, als ich ihm meine neue Wohnung in Schwabing gezeigt
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