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Saftschubse - Lies, A: Saftschubse

Saftschubse - Lies, A: Saftschubse

Titel: Saftschubse - Lies, A: Saftschubse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Lies
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seltenen Schuhkarton mit Inhalt beherbergte. Meine Chancen für diesen Einsatz standen also bestens, und ich war fest gewillt, meinen Auftraggeber nicht zu enttäuschen.
    Als wir spätabends, nach einem langen Flug, endlich im Hotel ankamen, war es bereits dunkel in der »Windy City«, wie Chicago aufgrund der Witterung auch heißt. Außerdem herrschte ein unschöner Blizzard, und wie fast alle Kabinenkollegen war ich zu fertig, um mich noch auf einen Absacker in eine nahe gelegene Sportsbar zu schleppen. Eine Unternehmung, die das Cockpit voller Elan vorschlug, während wir überwiegend weiblichen Stewardessen uns verzweifelt nach einer Sitzgelegenheit in der Lobby umsahen. Dramatischerweise gab es nur zwei besetzte Ohrensessel, so dass wir uns alternativ unauffällig auf unsere Koffer stützten und verstohlen den ein oder anderen High Heel hinter einer Dekopflanze auszogen. Ich persönlich entschied mich entlastungshalber für eine praktische Flamingo-Haltung, während der Purser die Zimmerschlüssel holte.
    Nicht, dass die Jungs vorne nicht auch hart arbeiten würden. Allerdings können sie dabei gemütlich auf ihren Lammfellbezügen sitzen, ein bisschen Mongolei gucken und jeden Körperteil, den sie nicht zum Verzehr von Kaviar brauchen, schonen, während jeder Kabinenkollege pro Flug ein straffes Training absolviert: rund vier Kilometer Dauerlauf, muskelintensives Trolleyschieben und -ziehen und, nicht zu vergessen, circa zweihundert Kniebeugen beim Herausziehen und Reinschieben von Tabletts, Flaschen und Dosen aus den unteren Schubladen der Getränkewagen. Statt »Bauch-Beine-Po« sollte man in Fitessstudios das sehr effektive »Trolley-Tablett-Bin« einführen.
    Verständnislos sah der Kapitän in die Runde aus Einbeinigen: »Geht denn niemand mehr mit?«
    Kopfschütteln allerseits, leichtes Stöhnen und entnervtes Augenrollen. Wir wollten nur noch eines: auf unsere Einzelzimmer, uns die Stützstrumpfhosen von den Waden reißen und mit einem Sanddorn-Peeling in meditativ-kreisenden Bewegungen die lehmähnlichen Make-up-Schichten entfernen.
    Als ich wieder aufwachte, fantasierte ich kurz von einem gemütlichen Frühstück und der Wiederholung von Harry Potter auf HBO, doch ich ließ das TV diszipliniert ausgeschaltet. Schließlich war ich nicht zum Vergnügen hier, sondern auf der Arbeit, genauer als Auftragsshopper. Arbeit auf der Arbeit.
    Eine halbe Stunde später stand ich an der Rezeption, bewaffnet mit der Shop-Adresse und einem maßstabsgetreuen Farbausdruck des zu organisierenden Schuhwerks. Allein, dass der Concierge die »Chicago Area«-Karte zur Seite legte und eine andere Karte mit Aufschrift »Greater Lakes Area« hervorzog, beunruhigte mich. Dann zeichnete er unser Hotel ein, drehte die gesamte Karte um, überflog mit der rechten Hand den Lake Michigan und kam erst wieder an der Grenze zu Kentucky zum Stehen.
    »So, you wanna start by boat?« , fragte er freundlich.
    Ich starrte erschrocken auf die Karte, die seine gesamte Theke einnahm und mir erstmals eine Vorstellung von der Größe der USA vermittelte, wenn man bedenkt, dass alleine Illinois über seinen abgestellten Milchshake, den Locher, seinen Donut und das Tesafilm seines Office hinausging.
    Schiere Panik stieg in mir auf, die noch dadurch forciert wurde, dass es bereits halb zehn war und wir schon um vierzehn Uhr wieder abgeholt würden. Ich müsste mich sehr weit vom Hotel entfernen und schaffte es eventuell nicht pünktlich, zum Pick-up zurück zu sein. Man muss ja auch berücksichtigen, dass mir eine Dusche vor der Rückreise nicht schlecht täte, der Koffer gepackt werden möchte und umfassende kosmetische Renovierungen nötig wären, um wieder halbwegs wie auf dem Hinflug auszusehen.
    Dem Concierge entging meine plötzlich auftretende viktorianische Blässe nicht. »Are you okay?«
    »Well, I didn’t know, it was so far away …« , nuschelte ich geknickt.
    Nun sind Distanzen in den USA ja nicht das, was sie bei uns sind, und so sah er in meinem Ausflug kein Problem:
    »If you grab a cab or rental car, it will take you around two or three hours to get there – one way.«
    Ich starrte missmutig hinaus auf die Michigan Avenue. Zwei Pagen in einem Polarkreis-Expeditions-Outfit nahmen vermummt neue Gäste in Empfang, deren Gepäck beim Ausladen aus dem Kofferraum eines Jaguars von einer Böe erfasst und einige Meter weit gegen eine eingeschneite Laterne geschleudert wurde.
    »And how much would that be?« , fragte ich, mehr aus

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