Sag, dass du eine von ihnen bist
Bett und nahm Yewa auf den Schoß, die sich gleich an ihre Brust lehnte. Es war, als wäre sie unsere richtige Mutter. In null Komma nichts hatte sie Yewa für sich eingenommen. Langsam begann ich mich zu entspannen, da ich nun wusste, dass meine Schwester uns den Abend nicht mit ihrer Dickköpfigkeit verderben würde.
Ich war so gerührt von Mamas Sanftmut, dass ich mir vorzustellen begann, wie freundlich sie zu ihren eigenen Kindern sein musste, wenn sie sich schon bei der ersten Begegnung so mütterlich zu uns verhielt. Sie war sicher viel reicher als unsere eigene Mutter, benahm sich aber genau wie sie, und auch wenn ich inzwischen ahnte, dass ihr Haus weit prächtiger als unseres sein musste, schien sie sich bei uns doch wohl zu fühlen. Sie machte den Eindruck, als wisse sie, wie es im nächsten Zimmer aussah, und war die erste Besucherin in unserem Haus, vor der ich mich nicht genierte oder fehl am Platz fühlte.
Sie war mein erster Kontakt mit einer NGO , und sie bestätigte, was Fofo gesagt hatte: NGO s waren eine Gruppe lächelnder, fürsorglicher Menschen, die um die Welt reisten und Kindern wie uns halfen. Ich konnte gar nicht aufhören, Gott in meinem Herzen dafür zu danken, dass er uns diese Frau gesandt hatte. Ich beobachtete sie genau, ihre Art, meine Schwester mit Liebkosungen zu überschütten, sie zu halten und ihr leise ins Ohr zu flüstern, ihre Art, den Kopf in den Nacken zu legen, wenn sie kurz schwieg, oder mit der rechten, armreifgeschmückten Hand beim Reden zu gestikulieren. Ich fühlte mich so wohl in ihrer Nähe, dass ich selbst den Kampferge
ruch meiner Kleider vergaß; und ihr Parfüm breitete sich im Zimmer aus, wie sich damals, als das Motorrad gekommen war, der Geruch der Nanfang ausgebreitet hatte.
»Ich habe gehört, wie schön du in der Kirche getanzt hast«, sagte sie zum Beispiel zu Yewa, was mich eifersüchtig machte.
»Ja, Mama«, erwiderte meine Schwester und schmiegte sich noch enger an sie.
»Ich habe auch getanzt«, warf ich ein.
»Wie nett«, sagte Mama und wandte sich wieder meiner Schwester zu. »Dann gehst du gern zur Kirche?«
»Ja.«
»Ich auch«, erwiderte die Frau. »Ich singe, tanze und bete gern mit der Gemeinde. Weißt du, mein Mann und ich, wir finden, dass Gott gut zu uns gewesen ist, und deshalb sollten wir auch gut zu anderen Menschen sein, vor allem zu Kindern.«
Dann hielt Mama meine Schwester einfach im Arm und schloss die Augen wie aus lauter Dankbarkeit zu Gott. Ich wollte auch von ihr im Arm gehalten werden, wusste aber nicht, was ich sagen oder tun konnte, also hörte ich auf, sie zu beobachten, und senkte den Blick.
Die Leute draußen traten schließlich auf die Terrasse, kamen aber nicht ins Haus. Ich hätte nicht sagen können, wie viele es waren, erkannte aber die Stimmen von Big Guy und Fofo Kpee. Und ich nahm an, dass die dritte Stimme, eine tiefe Stimme, Papa gehörte.
»Nette Kinder, wirklich nette Kinder … Kpees Kinder«, sagte Big Guy, als schaute er sich Hühner auf Badagrys Straßenmarkt an. »Gehen Sie rein und sehen Sie selbst, Monsieur Ahouagnivo.«
»Schön«, sagte Papa.
»Danken wir Gott«, sagte unser Onkel.
»Ich hab's Ihnen ja schon gestern erklärt, Monsieur Ahou
agnivo, Kpee hat leider nicht komplett geliefert«, sagte Big Guy. »Wo sind die andern, Kpee?«
»Im Dorf«, antwortete Fofo Kpee barsch. »Ich bring sie schon noch.«
»Wann … quand ?«, fragte Big Guy. »Du machst mir meinen Job echt schwer. Abgemacht waren fünf. Also bring sie auch.«
»Bald, bald«, erwiderte mein Onkel. »Ich fahr bald nach Braffe. Meine andern Neffen und Nichten sind im Dorf.«
»Ihr stört uns hier drinnen!«, rief Mama den Männern auf der Terrasse zu.
»Meine Herren, aufhören, stopp!«, sagte Papa. »Dies ist weder der richtige Ort noch der richtige Zeitpunkt für solch eine Unterhaltung! Wir sind hier, um zu feiern, nicht um Kpee oder den Kindern Druck zu machen … Die fehlenden Kinder werden schon noch ihre Gelegenheit erhalten, nach Gabun zu kommen, um dort die guten Dinge des Lebens zu genießen, okay? Und, Big Guy, vergiss nicht, du arbeitest für uns, nicht umgekehrt. Lass Kpee die Zeit, alles Notwendige sorgfältig zu organisieren. Das wird schon noch.«
» Monsieur , tut mir leid, monsieur «, sagte Big Guy, und sie hörten auf, sich zu streiten.
Bilder von Ezin, Esse und Idossou huschten mir durch den Sinn. Was für eine aufregende Vorstellung, sie könnten mit uns nach Gabun fahren. Sicher
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