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Sag, dass du eine von ihnen bist

Sag, dass du eine von ihnen bist

Titel: Sag, dass du eine von ihnen bist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwem Akpan
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unruhiger. Aufrecht hockte er da, den Rücken an die Wand, den Kopf ans geschlossene Fenster gelehnt.
    Wie mit Sternen betüpfelten die Fischer das Meer mit ihren Lampen, nur war da kein Meer, kein Himmel, kein Land mehr,
bloß noch in schwarzer Leere schwankende Lichter. Die Nacht hatte selbst den Blick auf die Kokospalmen gelöscht, doch ihre Stämme verdeckten manchmal die sich bewegenden Bootslaternen. Ein warmer, steter Luftstrom blies wie ein kräftiger Kuss vom Meer herüber. In der Ferne hörten wir den Tumult des Niemandslandsmarktes in der Nacht verklingen und hörten auch den Grenzverkehr, Laster und Sattelschlepper, die im Stau standen oder einen Parkplatz suchten. Gelegentlich sahen wir von unserem Sitzplatz aus, wie ihr Scheinwerferlicht Suchstrahlern gleich über den Himmel benachbarter Dörfer wanderte. Fofo hatte uns erzählt, dass die Laster Waren von einem Teil Westafrikas zu einem anderen brachten.
    Plötzlich hörten wir ein Fahrzeug auf der Sandpiste näher kommen. Kaum hatte es unser Grundstück erreicht, erstarb der Motor, die Scheinwerfer gingen aus. Lautlos glitt der Wagen in der Wegspur aufs Haus zu. Als Erstes stieg eine Frau aus. Sie rannte zur Veranda, ging in die Hocke und zog uns stumm in die Arme, als wäre der Augenblick für Worte zu kostbar. »Ich bin Mama«, sagte sie dann leise. Yewa schien sich nichts aus ihr zu machen, ihre Aufmerksamkeit galt allein dem Auto, doch ich hätte mich am liebsten ewig von ihr halten lassen.
    »Mama … hallo, M-mama«, stammelte ich.
    »Danke, Kinder«, sagte sie und drückte uns noch fester an sich. »Wie lieb von euch!«
    Nach einer Weile zog sie die Lampe heran, um uns besser betrachten zu können. Sie war eine hochgewachsene, schöne, dunkelhäutige Frau mit großen, sanften Augen, vollen Lippen und weichem Gesicht. Zu ihren Jeans hatte sie ein T-Shirt und Tennisschuhe an, und als wäre sie unterwegs zu einem Picknick, trug sie das Haar hochgesteckt unter einem bunten Sonnenhut. Sie wirkte vornehm; ihr Parfüm roch süß wie frischer Jasmin, und als sie uns umarmte, achtete sie darauf, dass sich ihre langen Fingernägel nicht in unsere Haut gruben. Das Lächeln fiel ihr offenbar so leicht wie das Atmen.
    »Big Guy!«, rief Yewa, und ihr Schrei zerriss die Stille der Nacht. Dann tippte sie mir auf die Schulter, versuchte, sich von Mama freizumachen, und zeigte auf das Profil eines Mannes, der gerade auf der Fahrerseite ausstieg. »Sieh mal … Big Guy.«
    »Big Guy?«, murmelte ich. »Nein, wo denn? Das ist er nicht.«
    »Doch, ist er wohl!«, beharrte Yewa, die sich immer noch aus der Umarmung zu lösen versuchte. »Er ist der Fahrer …«
    »Pssst … pssst … sei still!«, sagte Mama und zog uns wieder enger an sich.
    Sobald sie uns beruhigt hatte, setzte Mama wieder ihr schönes Lächeln auf und lockerte die Umarmung. Dann ließ sie mich los, hob Yewa, deren Augen immer noch auf das Fahrzeug und den Mann an dessen Seite gerichtet waren, hoch, um sich mit dem Gesicht an ihre Wange zu schmiegen. Sie küsste Yewa und fuhr ihr mit der Hand durchs Haar.
    »Deshalb brauchst du nicht gleich laut zu werden, Kleines«, flüsterte sie. »Vergiss Big Guy für den Moment. Du kannst ihn nachher noch begrüßen, okay?«
    »Ja, Mama«, sagte Yewa, deren Aufmerksamkeit sich langsam wieder der Frau zuwandte.
    »Ich habe mich so darauf gefreut, dich endlich kennenzulernen, meine Tochter. Über euch beide habe ich viel Gutes gehört. Und Big Guy hat mir sogar erzählt, was du für eine tolle Tänzerin bist. Magst du nachher noch mit Big Guy tanzen?«
    »Ja, Mama«, antwortete Yewa mit leuchtenden Augen.
    »Und deine Baseballmütze möchte ich auch sehen.«
    Meine Schwester nickte. Dass Mama wusste, dass Big Guy uns gezeigt hatte, wie man tanzt, hatte offenbar eine enorme Wirkung auf Yewa. Sie begann sich stärker für die Frau zu interessieren und schien sich in ihrer Nähe wohler zu fühlen.
    »Also gut, meine Liebe, dann soll es so sein. Ich selbst tanze übrigens auch gar nicht schlecht.« Sie drehte sich zu Fofo Kpee um, der uns ängstlich beobachtet hatte. »Welch reizende
Engel … Geh und bring die anderen Kinder ins Haus. Es ist alles in Ordnung.«
    » Merci, madame «, erwiderte er und deutete eine Verbeugung an. » Merci beaucoup .«
    Er ging zum Auto. Während Big Guy die Beifahrertür für Papa und zwei weitere Kinder öffnete, ging Mama mit uns ins Haus; die Lampe nahm sie mit. Sobald sie die Tür zugezogen hatte, setzte sie sich auf unser

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