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Sag, dass du eine von ihnen bist

Sag, dass du eine von ihnen bist

Titel: Sag, dass du eine von ihnen bist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwem Akpan
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bereiteten sie sich in Braffe schon darauf vor, über die Grenze zu gehen, um uns zu begleiten. Jetzt wurde mir auch klar, warum Big Guy so verärgert gewesen war, damals, als sie die Nanfang gebracht hatten, und was mit ›fünf‹ gemeint gewesen war, als er uns am Erntefestsonntag vor der Kirche begrüßte. Von dem, was Fofo uns über unsere Pateneltern erzählt hatte, wusste ich, dass sich deren Großzügigkeit auch schon für andere Familienmitglieder bemerkbar gemacht hatte, nicht zuletzt für meine Eltern. Und selbst wenn ich gehofft hatte, dass sie eines Tages auch meinen älteren Geschwistern daheim helfen würden, hatte ich doch nicht geahnt,
dass sich ihre Hilfe auf diese Weise äußern würde. Wäre Big Guy bloß ein bisschen geduldiger, dann könnten wir nach Hause fahren und meine Geschwister holen. Mir gefiel gar nicht, dass er unsere Pateneltern fast gegen Fofo eingenommen hätte.
    Am liebsten hätte ich Yewa ins Ohr geschrien, was ich mir gerade über unsere Geschwister zusammengereimt hatte, doch ich hielt mich zurück. Ich war eifersüchtig, weil Mama sich ganz auf sie konzentrierte, und deshalb wollte ich ihr nichts sagen.
    Wirre Gefühle stürmten auf mich ein. Mamas Anwesenheit war überall zu spüren, trotzdem konnte ich nicht genug von ihr bekommen. Ich war Big Guy dankbar, weil er die Pateneltern zu uns gebracht hatte, zugleich ärgerte mich, dass er versucht hatte, Fofo vor Papa schlechtzumachen.
    Was haben wir dem Herrn Gutes getan, dass er uns diese NGO s brachte? Wir sind keineswegs die ärmsten Kinder in unserem Grenzdorf gewesen. Und doch sind wir unter allen Kindern unserer Schule und Nachbarschaft von Gott erwählt worden. Mir fiel ein, was Fofo vor der Pfingstkirche Unseres Erlösers zu Big Guy gesagt hatte und was von Pastor Adeyemi später beim Segen bestätigt worden war. Für sie konnte es nicht einfacher sein: Arm ist, wer nicht auf dem rechten Weg zum Herrn bleibt; ist man aber gut, dann macht einen der reiche himmlische Vater auch reich.
    Doch wie ich am Abend dieser wunderbaren Frau gegenübersaß, verstand ich nicht, was ich Gutes getan haben könnte. Eigentlich war Yewa sogar noch trotzköpfiger und frecher geworden, als sie es schon vor anderthalb Jahren in Braffe gewesen war, und ich fragte mich, ob das, was wir taten oder nicht taten, für den Herrn vielleicht gar nicht zählte. Also setzte ich meine Hoffnung auf Fofo Kpee: Er musste etwas Großartiges, Wunderbares vollbracht haben, wenn der Herr uns so viel Gutes bescherte. Vielleicht schmuggelte Fofo nichts mehr über die Grenze, vielleicht hatte er aufgehört, Fremden das Geld aus den
Taschen zu ziehen. Vielleicht kletterte er für andere Leute umsonst auf Kokospalmen. Und während ich zusah, wie Mama und Yewa miteinander schmusten, begann ich in meinem Herzen »Der Herr wird heute jemanden segnen« zu singen.
     
    Es dauerte nicht lang, da schlief Yewa tief und fest auf Mamas Schoß. Das hatte sie nicht mehr machen können, seit unsere Mutter im Dorf so schlimm krank geworden war. Doch da selbst unsere Großeltern wussten, wie anstrengend Yewa sein konnte, hatten sie ihr erst erlaubt, mit mir zu gehen, als Fofo ihnen versprach, auf seine Nichte ganz besonders achtzugeben.
    »He, Pascal, wie war die Schule heute?«, rief Mama und blickte dabei auf die schlafende Yewa wie die Madonna auf ihr Kind.
    Der Name verwirrte mich. Ich sah mich um. Es war niemand sonst im Zimmer. Wer aber war Pascal? Haustür und Fenster waren noch geschlossen.
    In der darauf folgenden Stille schaute Mama mit sanftem Lächeln zu mir auf, und ich fühlte mich wieder wie zu Hause, auch wenn ich nicht wusste, was ich sagen sollte. Es klang, als hätte ihre Frage jemandem auf der Terrasse gegolten, und ich konnte Big Guy, Fofo Kpee und Papa draußen hören, die wie Leute lachten, die das große Los gezogen hatten. Sie schienen nicht ins Haus kommen zu wollen.
    »Pascal …?«, sagte sie noch einmal und langte über den Tisch nach meiner Hand.
    »Ich heiße Kotchikpa«, korrigierte ich sie höflich mit gesenktem Blick.
    »Ja, das weiß ich doch, mein Lieber. Big Guy hat's mir erzählt … Kotchikpa?«
    »Ja, Mama.«
    »Bitte, dürfen wir dich Pascal nennen? Mit der Zeit lernen wir bestimmt, Kotchikpa richtig auszusprechen, aber weißt du,
wir kümmern uns um so viele Kinder aus so vielen verschiedenen Stämmen und Ländern, da ist es am Anfang ein bisschen schwer. Und Pascal ist ein schöner Name. Leicht zu behalten. Bitte? Pascal?«
    »Ja,

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