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Sag, dass du eine von ihnen bist

Sag, dass du eine von ihnen bist

Titel: Sag, dass du eine von ihnen bist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwem Akpan
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starrte.
    »Weiß Big Guy das mit den Pateneltern?«, fragte ich.
    » Absolument «, erwiderte Fofo.
    »Aber du hast gemeint, wir sollen unseren Freunden nichts davon sagen«, erwiderte ich. »Hast du Big Guy Bescheid gegeben?«
    Yewa spürte den Widerspruch und musterte uns mit scharfem Blick. Fofo antwortete nicht gleich, sondern nickte, nippte an seinem payó und verzog das Gesicht zu einem breiten, schelmischen Lächeln.
    »Kotchikpa«, sagte er schließlich, »bist wirklich ein verdammt gewitzter garçon .«
    »Danke, Fofo«, erwiderte ich.
    »Aber wir müssen aufpassen, sonst führt uns dey Klugheit noch in die falsche Richtung. Denk dran, wer ohne Richtung fliegt, folgt der Leiche ins Grab, kapiert?«
    »Nein, Fofo.«
    »Streng deinen Verstand an … Big Guy ist der einzige Freund, dem ich vertrau – und der einzige, den ich bei unserem Erntefest eingeladen hab, sich zu uns zu setzen, schon vergessen?«
    Darauf stieß er ein kurzes Lachen aus und blinzelte uns zu, als wollte er sagen: ›Hab ich dich doch noch drangekriegt.‹ Ich lachte mit ihm, weil er so lustig war und weil ich dachte, ich hätte selbst drauf kommen müssen. Und dann stimmte Yewa in unser Lachen ein.
    Als unser Lachen verebbte, kitzelte er uns. Da mussten wir noch lauter lachen, aber Fofo lachte am heftigsten, fast, als würde er von unsichtbaren Händen traktiert. Yewa fing an, Kissen nach mir zu werfen, und es kam zu einer Kissenschlacht. Fofo schritt nicht ein, obwohl er uns sonst nie miteinander kämpfen ließ. Er schien es lustig zu finden, denn er saß da, feuerte uns an, gestikulierte wie wild mit den Händen und duckte sich jedes Mal, wenn einer von uns von einem Kissen getroffen wurde. Er riet Yewa, aufs Bett zu klettern, um mir gegenüber im Vorteil zu sein. Yewa war aufgeregt, die Bettfedern quietsch
ten bei jedem Schlag. Ich wollte auch aufs Bett, aber Fofo hielt mich zurück. Er bat mich sogar, meine Schwester gewinnen zu lassen. Wie ein Irrer sprang er dann plötzlich auf und machte sich am Lampendocht zu schaffen. Die Flamme flackerte. Wir wurden ganz aufgeregt, kicherten wie verrückt und fragten uns, was Fofo vorhatte.
    Er schraubte den Docht herunter, und wir kämpften im Dunkeln. Fiel jemand hin, ließ er das Licht wieder aufflammen, nur um sicherzugehen, dass wir uns nicht verletzt hatten. Wenn einer von uns im Dunkeln schrie, lachte er und drehte erst danach das Licht wieder auf. Wir hatten unseren Spaß und spielten, bis das Durcheinander komplett war. Die zwei Matratzen lagen auf dem Boden; Fofos Sachen waren fast alle aus dem Schrank gefallen. Die Bettgestelle standen schief zueinander. Die Kartons mit unseren Kleidern lagen nicht mehr unter den Betten, ihr Inhalt war übers ganze Zimmer verstreut. Was uns aber schließlich erschöpfte, war nicht die Energie, die uns das Spiel kostete, sondern der Tribut, den das endlose Gelächter unseren Rippen abverlangte.
     
    »Papa und Mama – eure Pateneltern – kommen euch jedenfalls bald besuchen«, erklärte Fofo Kpee später am Abend, nachdem wir alles wieder aufgeräumt hatten. »Andere Kinder, denen sie helfen, bringen sie mit, damit una euch alle kennenlernt. Vielleicht nehmen sie euch auch mit ins Ausland, übers Meer, damit ihr studieren könnt.«
    Mir hüpfte das Herz in der Brust, und ich setzte mich auf.
    »Wir? Ins Ausland?«
    »Klar, die Kinder, die im Ausland studieren, haben doch auch keine zwei Köpfe.«
    »Und ich?«, fragte meine Schwester. »Magst du mich nicht mehr?«
    »Was, mein Schatz? Du willst deinen Fofo verlassen, bébé ?«
    »Ja, Fofo, bist doch groß. Und wenn Kotchikpa geht, geh ich auch …«
    » Kai , du kannst vielleicht verhandeln … wirst noch mal 'ne prima Anwältin! Ihr voyager zusammen, d'accord ? Und bestimmt reisen noch andere glückliche Kinder mit – Gott segne eure Pateneltern.«
    Nach unserem Abendgebet, bei dem er Gott überschwänglich für unsere Wohltäter dankte und dann wie Pastor Adeyemi in fremden Zungen sprach, lag ich im Bett und dachte an unsere Pateneltern. Wie sie wohl aussahen? Wo sie wohl lebten? Oder reisten sie bloß von Land zu Land, um Kinder zu retten? Ich versuchte, mir diese guten Menschen vorzustellen, die ich bald kennenlernen wollte, doch wie sehr ich es auch versuchte, stets kamen mir Bilder meiner Eltern in den Sinn.
    Ich malte mir aus, dass meine Eltern wieder ganz gesund waren, dass Mutter morgens zu den Feldern ging und Vater mit dem Rad zum Korofo -Markt fuhr. Ich dachte daran, wie erleichtert

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