Sag einfah: Ja, ich will
zu tun, dass du nicht mit mir reden kannst, mit Tony aber schon. Oder wie?“
Er drehte sich auf dem Bürostuhl um, ließ die Arme auf die gepolsterte Lehne sinken und faltete die Hände. Dann neigte er den Kopf zur Seite und sagte: „Dein Bruder war einfach plötzlich da. Natürlich musste ich mich mit ihm unterhalten. Genauso wie ich die Arbeit kurz beiseitelegen musste, als ich draußen plötzlich den Jungen schreien hörte.“
Gina zuckte mit den Schultern und lächelte. Damit rief sie bei Adam keine Reaktion hervor. „Danny war nur aufgeregt, es war ja kein Hilfeschrei. Seine Eltern wollen die Stute für ihn und seine Schwester kaufen. Und er hatte noch nie vorher auf einem Pferd gesessen.“
„Ist mir doch egal, warum das Kind geschrien hat“, sagte Adam leise und griff nach einem Kugelschreiber, der auf dem Schreibtisch lag. Gedankenverloren spielte er mit dem Schreiber. „Danach habe ich ja gar nicht gefragt. Ich meinte nur, dass mich so etwas ablenkt. Ich bin nicht daran gewöhnt, dass hier auf der Ranch ständig fremde Leute ein und aus gehen. Und ich schätze es überhaupt nicht.“
Ärgerlich stützte Gina die Hände in die Hüfte. Er tat ja gerade so, als würden hier jeden Tag Riesenpartys gefeiert. Ein, zwei Leute in der Woche – das war doch nichts Besonderes, sondern völlig normal. Und wenn Adam mal aus seinem Büro herauskäme und ein paar Worte mit den Leuten wechselte, würde ihm das vielleicht sogar ganz guttun. Aber nein, er musste sich ja abkapseln. Immer nur arbeiten. Besprechungen am Telefon, zu entlegenen Teilen der Ranch reiten oder zu irgendwelchen Kunden fahren.
Wenn er sich so intensiv um seine Geschäfte kümmerte, war das für ihn in Ordnung – aber ihr gestand er dasselbe nicht zu. Dabei bedeutete Gina ihre Arbeit genauso viel wie Adam die Ranch. Das musste er doch verstehen!
Aber es hatte keinen Zweck, das jetzt mit ihm auszudiskutieren. Sein Blick sprach Bände. Adam suchte Streit, und Gina hatte dazu keine Lust. Sie wollte, dass er sich endlich öffnete. Sie wollte den Adam erreichen, den sie als junges Mädchen gekannt hatte. Der sich für sie eingesetzt hatte. Und von dem sie wusste, dass er irgendwo tief in ihm steckte.
Bewusst schlug sie einen ruhigen und sachlichen Ton an, obwohl in ihr das Torino-Temperament hervorbrach, von dem ihre Mutter so oft sprach.
„Es sind doch wirklich nur wenig Leute hier gewesen, Adam. Die müssen hierherkommen, um sich die Pferde anzusehen. Und ich muss einschätzen, ob sie überhaupt mit den Tieren umgehen können. Das könnte ich nicht anders regeln, selbst wenn ich wollte. Aber davon abgesehen will ich es auch gar nicht.“
„Ich will diese Leute hier nicht haben.“
„Tja, das tut mir leid.“ Klein beigeben wollte sie nicht. Sie liebte ihn, trotzdem hatte alles seine Grenzen.
Er verzog den Mund. „So läuft das nicht, Gina.“
„Das?“, wiederholte sie und gestikulierte wild mit den Händen. „Was meinst du mit ‚das‘? Die Pferde? Die Leute?“
„Unsere Ehe.“
Diese beiden Wörter waren zu viel. Sie verspürte plötzlich Magenschmerzen, ihr Herz raste. Fieberhaft dachte sie nach. Was hatte diese Krise jetzt ausgelöst? Blitzschnell ließ Gina den Tag Revue passieren, und das Einzige, was ihr dazu einfiel, war Dannys Schrei.
Dann, schlagartig, war es ihr klar. Warum hatte sie nicht gleich daran gedacht?
„Es liegt an Danny, oder?“ Sie flüsterte mehr, als dass sie es sprach. „An seinem Schrei.“
Seine Miene wirkte wie erstarrt. Jetzt wusste Gina, dass sie recht hatte. Sie hätte es von Anfang an wissen müssen. Adam hatte seinen Sohn verloren. Natürlich rüttelte der Schrei eines Kindes ihn auf und brachte Erinnerungen an ein anderes Kind zurück – an das Kind, das Adam für immer verloren hatte.
„Der Junge hat damit nichts zu tun.“
„Ich glaube, das stimmt nicht.“
„War mir klar, dass du das sagen würdest“, murmelte er. „Aber ist ja auch egal.“
„Adam, das ist überhaupt nicht egal.“ Sie ging auf ihn zu. Ihre Wut war großem Mitgefühl gewichen. „Du hast Danny gehört und musstest sofort an Jeremy denken.“
Bevor sie weiterreden konnte, stand Adam auf und sah sie wütend an. „Das hat nichts, aber auch gar nichts mit meinem Sohn zu tun, hörst du? Fang jetzt bloß nicht mit der Vergangenheit an.“
„Die Vergangenheit beeinflusst alles, was wir jetzt haben.“
„In deiner kleinen Welt vielleicht. Nicht in meiner. Vergangenheit ist Vergangenheit. Beeinflusst mich
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