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Sag, es tut dir leid: Psychothriller (German Edition)

Sag, es tut dir leid: Psychothriller (German Edition)

Titel: Sag, es tut dir leid: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Robotham
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näher zusammengeschoben, damit wir uns im Dunkeln an den Händen halten konnten. An der gegenüberliegenden Wand sind Regale mit Konservendosen und Schachteln mit Haferflocken. An der anderen Wand ist ein Tresen mit einem Gaskocher, einem Topf und einem Waschbecken. Aus dem Wasserhahn kommt nur kaltes Wasser. Ein Schlauch verschwindet in einem Loch in der Wand. Wenn ich an seinem Rand vorbeispähe, kann ich ein wenig Grün sehen.
    Die einzigen anderen Möbel sind eine Kommode mit grün lackierten Schubladen und ein Küchenschrank mit einem mit Schablone aufgemalten Geranienmuster. Darin bewahren wir unsere Kleider auf. Oh, die beiden Stühle mit geflochtenem Sitz und den Tisch mit Beinen aus Bambus habe ich vergessen.
    Die Leiter ist an der Wand gegenüber dem Fenster montiert. Sie reicht nur halb bis zur Decke, selbst wenn ich auf der obersten Sprosse balancieren könnte, würde ich mit den Fingerspitzen vielleicht gerade die Falltür erreichen. Hinter der Leiter hängt ein Poster vom Brighton Pier. Ich glaube jedenfalls, es ist Brighton. Die Schrift darunter ist abgerissen worden, aber man kann das Meer sehen und Menschen auf dem Pier. Sie tragen altmodische Kleidung, die Frauen dazu Sonnenschirme, die Männer Hüte.
    In einer Ecke der Decke ist eine Kamera angebracht, eine dieser Webcams, die aussehen wie eine Kugel oder ein glänzendes schwarzes Auge. Ich weiß nicht, ob sie angeschlossen ist. Vielleicht ist das bloß eine weitere von Georges Lügen.
    Es gibt nur eine Stelle in dem Raum, an dem das Auge uns nicht sehen kann. In der Ecke unter der Leiter, gleich neben dem Waschbecken. Dort wasche ich mich und setze mich auf den Nachttopf.
    Wenn ich nicht schlafen kann, mache ich zwanghaften Kram, wie die Konservendosen neu zu ordnen und die Regale abzuwischen. Es sind nur vier Dosen. Ich habe Baked Beans, Baked Beans mit Würstchen, Baked Beans mit Barbecue-Sauce und Baked Beans mit Käse, was absolut eklig ist. Thunfisch, Mais und Kekse sind aus. Nachdem ich die Dosen wieder eingeräumt habe, zähle ich die Pflaster, Kopfschmerztabletten und kleinen Tütchen mit Rehydrierungssalz, das man in Wasser lösen kann, wenn man Durchfall hat – es gibt sogar welche mit Fruchtgeschmack, steht auf der Packung, aber sie schmecken wie Medizin.
    Das ist alles. Gegen Hautausschlag, Augenentzündungen, Zahnschmerzen, Bauchkrämpfe und Regelschmerzen habe ich nichts, auch nicht gegen Langeweile und Einsamkeit.
    Wenigstens gibt es zurzeit keine Insekten. Wenn jetzt Sommer wäre, wären meine Beine mit Stichen übersät, an denen ich kratze, bis sie bluten.
    Die Dunkelheit macht mir nichts mehr aus. Sie verbirgt meine fleckige Haut und meine behaarten Beine. In der Dunkelheit kann ich unsichtbar sein. Ich kann so tun, als würde es mich gar nicht geben oder als könnte George mich nicht sehen. Er wird denken, ich bin geflohen, und mich in Frieden lassen.
    In manchen Nächten dachte ich, er würde uns beobachten, ich konnte ihn hinter dem glänzenden schwarzen Auge an der Decke spüren, das scheinbar jede unserer Bewegungen verfolgte, aber Tash meinte, das wäre eine optische Täuschung.
    In all den Monaten und Jahren hat er immer nur Tash angesehen. Sie hat mir die Haare abgeschnitten, um mich unattraktiver zu machen. Zu meiner Sicherheit. Sie wollte mich beschützen.

6
    Der Schnee schmilzt, doch vereinzelte Flocken rieseln weiter herab wie Schuppen von der Kopfhaut eines alten Mannes. In den Parks und an den Seitenstreifen sind Grasflecken aufgetaucht, die den Hunden einen Platz zum Kacken bieten.
    Ich strecke die Zunge heraus und schmecke die Schneekristalle. Zwei Dutzend Reporter stehen vor dem Oxford Crown Court Schlange und geben am Eingang ihre Handys und Kameras ab. Niemand erkennt mich, als ich durch die Sicherheitsschranke trete.
    Ich weiß immer noch nicht, warum ich hier bin. Vielleicht weil ich eine Schwäche für ein hübsches Gesicht, eine freundliche Geste oder einen Körper habe, an den ich meinen gern drücken würde.
    Victoria Naparstek sitzt neben mir auf der oberen Galerie, die geöffnet worden ist, um den Andrang der Presse aufzufangen. Der Gerichtssaal unter uns ist eine Mischung aus alt und modern: gewölbte Decken und Wappen neben Mikrofonen und digitalen Aufzeichnungsgeräten.
    »Sie wollen sagen«, flüstere ich Victoria zu, »dass Augie in Patricia Heyman verschossen war?«
    »Ja.«
    »Sie könnte glatt seine Mutter sein …«
    »Ja, ich weiß.«
    »Haben sie miteinander geschlafen?«
    »Laut Augie

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