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Sag, es tut dir leid: Psychothriller (German Edition)

Sag, es tut dir leid: Psychothriller (German Edition)

Titel: Sag, es tut dir leid: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Robotham
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zufrieden. »Sie stellen das Problem doch bestimmt übertrieben dar, oder?«
    Ich unterdrücke ein Zittern in meinem linken Arm. »Ich habe heute Morgen in der Zeitung gelesen, dass Magersucht in diesem Land mittlerweile epidemische Ausmaße angenommen hat. Dabei gibt es viermal so viele Psychopathen wie Menschen mit Essstörungen. Ist das eine Epidemie oder eine Übertreibung?«
    Ich nehme eine Handvoll weiterer Fragen entgegen, die sich zumeist auf die empirischen Daten beziehen. Ich warne sie, sich nicht zu sehr in Statistiken zu verheddern. Sie sind wichtig für Wissenschaftler und Studenten, weniger für praktizierende Psychologen. Menschliches Verhalten lässt sich nicht in Diagrammen und Glockenkurven darstellen.
    »Am 24. Juli 2000 war die Concorde das sicherste Flugzeug der Welt. Einen Tag später war es – statistisch – das unsicherste Flugzeug der Welt. Hüten Sie sich vor Daten.«
    Der Vortrag ist zu Ende. Die Sitzreihen leeren sich langsam. Niemand spricht mich an. Dr. Naparstek hat unsere Bekanntschaft nicht erneuert, was ich mit Bedauern registriere. Sie ist eine gut aussehende Frau, attraktiv, ohne sich anzustrengen. Mitte dreißig, schlank, elegant. Nicht meine Liga.
    Spiele ich überhaupt noch in einer Liga?
    Julianne hat mich vor drei Jahren auf die Transferliste gesetzt, doch bis jetzt hat niemand ein ernsthaftes Angebot gemacht – nicht mal für einen Gastauftritt bei einem Freundschaftsspiel.
    Draußen im Foyer reden alle über das Wetter. Eine Stimme lässt mich stehen bleiben.
    »Augie Shaw hat diese Menschen nicht getötet.«
    Victoria Naparstek steht neben der Tür. Sie trägt ein Strickkleid aus grauer Wolle, eine schwarze Nylonstrumpfhose und kniehohe Lederstiefel.
    »Ich dachte, Sie würden ehrlich sein. Furchtlos. Sie haben sich von Stephen einschüchtern lassen.«
    »Stephen?«
    » DCI Drury.«
    Sie duzen sich.
    »Sie haben ihm erzählt, was er hören wollte.«
    »Ich habe ihm meine Einschätzung mitgeteilt.«
    Sie macht einen Schritt nach vorn und sieht mich an. Ihre Augen scheinen mit jeder Bewegung die Farbe zu wechseln. »Man hat beantragt, Augie Shaw für weitere achtundvierzig Stunden in Gewahrsam zu halten.«
    »Das hat nichts mit mir zu tun.«
    »Er hat diese Menschen nicht getötet.«
    »Er war dort.«
    »Er war bisher noch nie gewalttätig. In beengten Räumen kommt er nicht gut zurecht. Als man ihn das letzte Mal eingesperrt hat …«
    » Das letzte Mal ?«
    »Es war ein Irrtum. Er wurde freigesprochen.«
    Ihr Haar ist kürzer, als ich es in Erinnerung habe. Statt der kordeldicken Locken trägt sie jetzt einen Bop, dessen Linie sich von ihrem Kinn über ihre Wangenknochen bis in den Nacken schwingt.
    »Ich habe Angst, dass er sich etwas antut.«
    »Erzählen Sie das Drury.«
    »Er hört mir nicht zu.«
    Sie blickt auf meine linke Hand. Daumen und Zeigefinger reiben aneinander, das Pillendrehen.
    »Mache ich Sie nervös?«, fragt sie.
    »Ich habe Parkinson.«
    Ihr Mund verzieht sich zu einem Kreis aus Lippenstift. Sie will sich entschuldigen.
    »Sie konnten es nicht wissen«, sage ich.
    »Heute mache ich alles falsch. Können wir noch mal von vorn anfangen? Ich könnte Sie zum Essen einladen.«
    »Oder wir teilen uns die Rechnung.«
    Diesmal lächelt sie … mit Grübchen.
    »Ich kenne genau das richtige Lokal«, sagt sie und marschiert voran. Ich mustere ihre Figur, ein unverbesserlicher Optimist. Sie führt mich ins Head of the River, einen Pub an der Folly Bridge. Sie stößt die schwere Tür auf, nimmt meinen Mantel und hängt ihn auf. Dann wählt sie einen Tisch ein Stück abseits des Kamins, bestellt Mineralwasser und fragt, ob ich Wein möchte.
    »Ich trinke keinen Alkohol.«
    »Wegen Ihrer Medikamente.«
    »Ja.«
    »Was nehmen Sie?«
    »Levodopa gegen die Symptome, Carbidopa gegen das Übelkeitsgefühl und Prozac, damit ich keine Depressionen kriege, weil ich unter einer schweren degenerativen Krankheit leide.«
    »Wie schlimm ist es?«
    »Dies ist ein guter Tag …«
    Eine Weile starren wir auf den Tisch, als wären wir vom Besteck des anderen fasziniert.
    Victoria Naparstek wirkt verändert. Ihre Kleidung ist weniger feminin, praktischer. Eine Perlenkette lässt sie älter erscheinen. Vielleicht hatte sie keine Lust mehr, als Objekt betrachtet zu werden, was für eine Frau ungewöhnlich wäre.
    »Sind Sie allein hier?«, fragt sie.
    »Mit meiner älteren Tochter Charlie … sie ist irgendwo unterwegs und gibt mein Geld aus.«
    »Sind Sie

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