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Sag, es tut dir leid: Psychothriller (German Edition)

Sag, es tut dir leid: Psychothriller (German Edition)

Titel: Sag, es tut dir leid: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Robotham
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Untersuchungsgefängnis gebracht. Er ist unten.«
    Nachdem wir unsere Taschen geleert und eine Quittung unterschrieben haben, werden wir von einem Justizbeamten, der seine Schlüssel trägt wie eine Waffe, einen kargen Flur hinuntergeführt. Die Tür steht offen. Augie hockt auf einer Pritsche, die Beine unter seinem Körper gefaltet wie zwei komplizierte Sprungfedern.
    Er wischt sich die Wangen ab und sieht Victoria nicht an, als sie sich auf die Bank gegenüber setzt.
    Es gibt Psychologen, die einem sagen, die wichtigsten Worte eines Patienten seien seine ersten. Wenn ein Ereignis einmal erzählt ist, wird alles, was folgt, zu einer Variation desselben Themas oder dem Versuch, einen Fehler zu vertuschen.
    Ich bin anderer Meinung. Ich gehe davon aus, dass Menschen lügen und Dinge verbergen. Die Wahrheit kommt erst im Laufe der Zeit heraus. Augie sieht aus wie ein Vogel auf der Stange, der den Kopf in Richtung des einzigen kleinen Fensters neigt.
    »Wenn ich diese Sache getan habe, sollten sie mich einfach töten«, sagt er und kratzt sich die verbundenen Hände. »Aber ich habe es nicht getan, und hier drinnen kann ich nicht bleiben, weil ich dann sowieso sterbe.«
    Victoria streckt die Hand aus, aber Augie zuckt schaudernd zurück.
    »Man braucht viele Spermien, um ein Baby zu machen, aber nur eins schafft es am Ende, das Ei zu befruchten«, sagt er. »Die anderen Spermien versuchen zwar auch, als Erste da zu sein, aber sie müssen alle sterben, wissen Sie. Alle müssen sie sterben.«
    »Du redest wirr«, sagt Victoria.
    »Das Ei teilt sich. Zwei Spermien. Dadurch werden wir Zwillinge.«
    Er spricht von seinem Bruder.
    »… Zellen reproduzieren sich, Atome verschmelzen, das Gehirn bildet sich …«
    Augie wendet sich mir zu. »Ich versuche bloß, die Leute vor dem Tod zu bewahren.«
    »Welche Leute?«, frage ich.
    »Wie soll ich sie retten, wenn ich sterbe?«
    Sein Blick zuckt hin und her, seine Augen tanzen in seinem Kopf.
    »Ich habe eine Frau vergewaltigt. Sie hätten auf mich hören sollen.«
    »Du hast niemanden vergewaltigt«, sagt Victoria.
    »Ich habe in der Schule fünf Mädchen vergewaltigt.«
    »Das stimmt nicht.«
    Er hält inne und starrt mich an. »Sind Sie hier, um mich umzubringen?«
    »Nein.«
    »Irgendwann werden Sie mich töten.«
    »Nein, werde ich nicht.«
    Victoria Naparstek sieht mich an und hofft, ich könne helfen. Doch sobald ich zu sprechen beginne, reagiert Augie extrem aggressiv. Er knurrt mich beinahe an. Erschrocken weicht Victoria einen Schritt zurück. »Nimmst du deine Medikamente?«
    Augie betrachtet seine Hände. »Sie behaupten, mein chemisches Gleichgewicht wäre unausgewogen und ich hätte Halluzinationen. Aber das stimmt nicht. Was ich höre, ist echt.« Er hat die Schultern hochgezogen, und an der Seite seines Halses pocht eine winzige Ader. »Ich glaube, ich habe sie getötet.«
    »Wen?«
    »Die Frau auf der Straße.«
    »Welche Frau?«
    Er flüstert mit einer Kleinjungenstimme. »Was wollte sie dort? Sie stand mitten auf der Straße.« Er blickt von einem Gesicht zum anderen. »Ich glaube, ich habe sie überfahren. Ich muss sie überfahren haben. Ich konnte nicht mehr rechtzeitig bremsen.«
    Mein Blick trifft Victorias. Sie schüttelt den Kopf.
    »Wie kommst du darauf, dass du diese Person überfahren hast?«
    Augie wischt sich einen Speichelfaden aus dem Mundwinkel. »Ich hab noch versucht auszuweichen, aber mir war, als hätte ich so ein Geräusch gehört. Deswegen hab ich den Wagen in den Graben gefahren. Ich bin ausgestiegen und hab sie gesucht. Ich hab gerufen, aber sie war weg.«
    »Warum bist du nicht zur Polizei gegangen?«
    »Mein Bruder hat gesagt, ich soll es nicht tun. Er hat gesagt, man würde mir die Schuld geben.«
    »Für das Feuer?«
    »Dafür, dass ich die Frau überfahren habe.«
    Er drückt sein Kinn auf die Knie. »Ich hab sie gesucht, aber dann hab ich den Schneemann gesehen und Angst gekriegt.«
    »Den Schneemann?«
    »Er kam voller Schnee aus dem Wald.«
    »Ihn hast du gesehen, nachdem du die Frau gesehen hast?«
    Augie nickt.
    »Und wie sah die Frau aus?«
    »Ziemlich mitgenommen, wissen Sie, aber eins war seltsam. Ihre Schuhe.«
    »Was war mit ihren Schuhen?«
    »Sie hatte keine an.«

7
    Niedrige graue Wolken jagen über einen schmutzigen Himmel, am südlichen Horizont zeichnen sich die »träumenden Türme« Oxfords ab. Ihre Umrisse erinnern an Riesen, die aus dem Nebel treten.
    Der Taxifahrer manövriert seinen Wagen geschickt über die

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