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Sag, es tut dir leid: Psychothriller (German Edition)

Sag, es tut dir leid: Psychothriller (German Edition)

Titel: Sag, es tut dir leid: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Robotham
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Lokalblättchens zu überfliegen. Das habe ich gefunden.«
    Er gibt mir einen Packen fotokopierter Artikel aus der Oxford Mail , die meisten über den Prozess. Neben einem Artikel sieht man ein Foto von Natasha vor dem Gerichtsgebäude, sie wird durch eine wütende Menge eskortiert. Die Kamera hat den Moment festgehalten, in dem sie unter den Beleidigungen zusammenzuckt, während ein gesichtsloser Wachmann jemanden aus dem Weg schubst.
    »Man hat ihr die Schuld für den Streit der beiden jungen Männer gegeben und für das, was danach passierte«, sagt Ruiz und macht sich über sein spätes Frühstück her. Er isst wie ein Verurteilter, die Ellbogen zu beiden Seiten des Tellers.
    In der Zwischenzeit lese ich die Artikel. Der jüngste berichtet, dass Callum Loach für das britische Paralympics-Team nominiert wurde. Auf einem Foto sieht man ihn mit einem Basketball in einem Rollstuhl.
    Ruiz schiebt seinen Teller weg und rülpst leise. »Eine Verkrüppelung ist ein starkes Motiv … genauso wie eine Haftstrafe. Ich bezweifle, dass Aiden Foster viele Tränen vergossen hat, als Natasha McBain verschwunden ist.«
    »Vielleicht sollten wir ihn fragen.«
    »Ich bin dir um Längen voraus.« Ruiz nimmt einen Zettel aus seiner Brieftasche und schiebt ihn unter die Teekanne. »Ich habe uns angemeldet. Die Besuchszeit endet um 16.30 Uhr.«
    Die Strafvollzugsanstalt Bullingdon liegt knapp dreißig Kilometer östlich von Oxford am südlichen Stadtrand von Bicester und ist ein Gefängnis der Kategorie C mit Ausbildungsangebot. Das heißt, die Insassen liegen irgendwo zwischen Serienmördern (Hochsicherheit) und gefallenen Ministern (offener Vollzug).
    Vor dem Besucherzentrum haben sich bereits Frauen und Freundinnen versammelt. Einige haben Kinder mitgebracht, die zappeln und streiten und irgendwo anders sein wollen. Drinnen werden wir durchsucht, unsere Personalien aufgenommen und unsere Habseligkeiten konfisziert und in Schließfächern deponiert. Geschenke werden gründlich durchsucht. Jeder, der Kleidung trägt, die der Gefängniskluft zu ähnlich sieht, wird aufgefordert, sich umzuziehen.
    Nachdem diese Formalitäten absolviert sind, werden wir zu einem großen Anbau mit fest im Boden montierten Tischen und Stühlen geführt. Die Besucher müssen draußen warten, bis die Häftlinge aus ihren Zellen hereingeführt wurden. Besucherscheine werden präsentiert, Türen geöffnet. Besucher und Gefangene sind voneinander getrennt. Weder Knie noch Lippen dürfen sich berühren. Man darf sich an den Händen halten, und Kinder dürfen über die Barriere gereicht werden. Einige der Kleinen sind guter Dinge. Andere heulen. Wieder andere verlassen den sicheren Rocksaum ihrer Mutter nicht und spähen verstohlen auf den Fremden, der ihnen gegenübersitzt.
    Aiden Foster ist mittlerweile dreiundzwanzig, sieht jedoch jünger aus. Sein hellblondes Haar ist zu einem Kamm aus Stacheln hochgegelt, der aussieht wie ein seismisches Diagramm, und er sitzt mit gespreizten Beinen da, als hätte er Gewichte an den Hoden, ein Junge, der Mann spielt und versucht in einer Welt zu überleben, in der Männer, die aussehen wie Jungen, zu Frauen gemacht werden.
    Er sieht sich in dem Raum um und erwartet offenbar jemand anderen. Dann runzelt er die Stirn. Der Boden unter seinen Füßen scheint zu schwanken.
    Er lässt die Schultern hängen und taumelt leicht. Ich bemerke Blutergüsse an seinem Hals und Ringe unter den Augen. Er hat es auf die harte Tour durchgezogen. Die Bewährung naht.
    Ruiz zieht eine Papiertüte aus der Tasche. Sie enthält zwei Schachteln Zigaretten und Kaugummi. Aiden späht in die Tüte, als würde er sein Pausenbrot begutachten. Er stapelt die beiden Zigarettenpackungen übereinander und das Kaugummi darauf.
    Wir stellen uns vor. Aiden reagiert nicht. Er versucht, den Eindruck zu erwecken, als wäre er völlig entspannt. Um den Hals trägt er eine Kette mit einem kleinen silbernen Kruzifix.
    »Wir wollen mit Ihnen über Natasha McBain sprechen«, sage ich.
    »Hat man ihre Leiche gefunden?«
    »Wie kommen Sie darauf?«
    »Warum sollten Sie sonst hier sein?« Er lächelt.
    »Es scheint Sie ja nicht besonders aufzuwühlen.«
    »Oh, keine Sorge, ich weine innerlich.«
    Er lächelt wieder. Ruiz verschränkt unbeeindruckt die Arme. Er hat in seinem Leben eine Menge junger Kleinkrimineller mit großer Klappe getroffen und hat immer noch den Drang, sie zu verprügeln.
    Es gibt Menschen, deren Stimme nicht zu ihnen passt, und Aiden Foster ist

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