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Sag mir, wo die Mädchen sind

Sag mir, wo die Mädchen sind

Titel: Sag mir, wo die Mädchen sind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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Sitzung.»
    «Okay.» Ich hielt Vala die Tür auf. Da ich erst seit knapp einer Woche wieder arbeitete, hatten sich auf dem Schreibtisch noch keine Akten- und Papierstapel angesammelt, und auch das Bücherregal war leer. Der Bildschirmschoner zeigte ein Foto, auf dem Jahnukainen gerade drei Monate alt war und nach Venjamins Schwanz jagte. Die Katzen würden niemanden auf die Spur meiner Familie bringen, das Foto hätte ohne weiteres aus dem Internet stammen können.
    Vala schloss die Tür hinter sich und pflanzte sich in einen der beiden Sessel. «Wieder bei der Espooer Polizei, wie?»
    «Vorläufig. Wir stecken mitten in einer Mordermittlung, ich habe wenig Zeit. Was willst du? Ich möchte keine Zeit mit leerem Geschwätz vergeuden.»
    «Nicht so hastig. Gibt es in diesem Raum Überwachungskameras?»
    «Nein. Nur auf dem Flur.»
    Vala nickte. Er holte sein Handy aus der Brusttasche und drückte eine Taste, worauf das Gerät kurz vibrierte und das Display schwarz wurde.
    «Werden wir abgehört? Schalte bitte alle deine Handys aus. Man kann nie ganz sicher sein, was die Dinger alles machen.»
    Vala schien es vollkommen ernst zu meinen.
    «Mein lieber Lauri, an meinen Handys gibt es keine Wanzen. Wir sind hier in Espoo, nicht in Afghanistan.»
    «Gut, dann fällt das Gespräch aus. Ich gehe.»
    Das wäre eine Erleichterung gewesen. Ich wusste, dass die geistige Gesundheit der Friedensschützer regelmäßig überprüft wurde; es konnte durchaus sein, dass Vala nicht etwa Urlaub hatte, sondern endgültig nach Finnland zurückgeschickt worden war. Trotz seiner Ankündigung stand er jedoch nicht auf, sondern sah sich im Zimmer um, als suche er nach Mikrophonen und Videokameras. Ich setzte mich an meinen Schreibtisch, ging auf die Webseite der Espooer Polizei, loggte mich ins Intranet ein und begann, Berichte über Autodiebstähle und Temposünder zu lesen. Vala saß immer noch im Sessel.
    «Du wolltest doch gehen», meinte ich, nachdem einige Minuten verstrichen waren. «Lass dich nicht aufhalten, ich habe zu tun.»
    Er saß noch eine Weile schweigend da, dann stand er auf und trat hinter mich, sodass er sah, was auf dem Bildschirm zu lesen war. Auf dem Parkplatz an der Traglufthalle in Matinkylä wurde ein Pkw aufgebrochen. Die Espooer Polizei bittet um sachdienliche Hinweise. Vala war mir so nah, dass ich seinen Atem auf meinen Haaren spürte und mich nur mit Mühe beherrschen konnte, mich nicht zu ihm umzudrehen. Dann verschwand der Text, und das Foto des Bildschirmschoners wurde sichtbar. Valas Augen spiegelten sich im Monitor; sein Blick wirkte sonderbar beklemmend.
    «Schalte wenigstens den Computer aus. Wie viele Handys gibt es hier?»
    «Lass den Blödsinn!» Ich drehte mich so heftig zu ihm um, dass ich ihn beinahe vor das Schienbein getreten hätte. «Sag, was du willst, oder verschwinde. Ich habe weder Zeit noch Lust für Agentenspiele.»
    «Das ist kein Spiel!», brüllte Vala, erschrak dann aber offenbar selbst vor seiner Lautstärke. «Sei so lieb und schalte den Computer und deine Handys aus. Bitte. Dir vertraue ich, aber den anderen Polizisten nicht.»
    «Das Diensthandy muss während der Arbeitszeit an sein. Alles andere kann ich meinetwegen ausschalten.» Ich klickte mich aus dem Intranet und schloss alle Programme, anschließend stellte ich auch mein Privathandy ab.
    Vala setzte sich wieder hin. Er hielt sich gerade, faltete die Hände im Schoß, doch die Daumen kreisten nervös umeinander. «Ich verstehe. In dienstlichen Angelegenheiten muss man immer erreichbar sein. Ist er in einem Bankschließfach?»
    «Was?»
    «Der Schmuck. Ulrike Müllers Halsschmuck.»
    «Woher weißt du, dass ich ihn bekommen habe?»
    «Sie hat nach deiner Adresse gefragt. Helga Müller, Ulrikes Mutter. Natürlich habe ich sie ihr nicht gegeben. Ich hatte sie vom Tod ihrer Tochter benachrichtigt, wie es meine Pflicht war. Daher wusste sie, an wen sie sich wenden sollte.»
    «Hat Ulrikes Mutter dir mitgeteilt, was sie mir schicken wollte?»
    «Sie hat gefragt, ob ich das Schmuckstück für passend halte. Wo ist es?»
    «Bei uns zu Hause, in meinem Schmuckkasten.»
    «Ist der wenigstens abgeschlossen?»
    Langsam wurde ich nervös. Ich bewahrte meinen Schmuckkasten in einer Schublade im Schlafzimmer auf, denn sein Inhalt hatte keinen großen materiellen Wert. Die Smaragdohrringe und die beiden Ringe meiner Großmutter lagen mir natürlich am Herzen, aber der goldene Kreuzanhänger, den meine Patentante mir hinterlassen hatte, war

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