Sag nichts, kuess mich
den Gang herunter und beschleunigte. Eine Viertelstunde wäre wohl auch alles, was er noch durchhalten würde.
Er hatte schon andere Frauen begehrt. Natürlich, er war ein Mann in der Blüte seines Lebens. Aber noch nie hatte er eine Frau so begehrt wie Alessia, so sehr, dass er an nichts anderes mehr denken konnte.
Er hatte fast den gesamten Nachmittag damit verbracht, die Arrangements für diese Nacht zu treffen.
Zuerst hatte er den Ferrari-Händler in New York angerufen, der ihm einen Händler in Florenz genannt hatte. Dann hatte er einen befreundeten Banker in London angerufen, der einen Makler in Sienna kannte, der wiederum einen Makler in Florenz kannte …
Alles sehr zeitaufwendig, aber ihm war noch immer eine Stunde bis zu dem Dinner geblieben, auf das er so viel Lust gehabt hatte wie ein Vampir auf ein vegetarisches Buffet.
Diese eine Stunde war einer Ewigkeit gleichgekommen.
Da hatte diese kleine Stimme in seinem Kopf gestichelt. Worauf wartest du? Suche sie, drücke sie gegen die Wand, schiebe ihren Rock hoch und nimm sie, immer und immer wieder, bis sie deinen Namen schluchzt …
Absolut verrückt, dass er solche Gedanken überhaupt hegte. Im Leben ging es vor allem um Selbstbeherrschung.
Das hatte er schon als Kind gelernt, weil jeder Sensationsreporter in New York ihn als den Sohn von Cesare Orsini für leichte Beute gehalten hatte. Perfektioniert hatte er diese Kontrolle im Kampf, vor allem in Missionen, bei denen die entsprechende Selbstbeherrschung den Unterschied zwischen Leben und Tod bedeuten konnte. Und Selbstbeherrschung war eine unerlässliche Eigenschaft bei den Entscheidungen über die Millionendeals von Orsini Investments.
Selbstverständlich auch bei Beziehungen mit Frauen, im Bett und außerhalb des Bettes.
Warum er ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt an Beziehungen dachte, wenn es ihm doch nur um den Sex – mit großem S! – ging, war ihm schleierhaft.
Also hatte er sich unter die kalte Dusche gestellt, hatte das Wasser auf seinen Schädel prasseln lassen, bis er wieder klar denken konnte. Dann hatte er den Smoking angezogen und sich im Spiegel betrachtet. Er bot das Bild eines zivilisierten Mannes, der auf zivilisierte Weise mit einer Frau umzugehen wusste …
Bis er dann nach unten gekommen war und Alessia gesehen hatte.
Das schöne Gesicht. Die umwerfende Figur. Das sündhaft verführerische Kleid. Die mörderischen Stilettos …
Wie soll ich den ganzen Abend die Finger von dir lassen können, hatte er sie gefragt, und ihre Antwort hatte den zivilisierten Mann in ihm zum Teufel gejagt. Irgendwie hatten sie es durch das Dinner geschafft, obwohl es ihn wunderte, dass sie den Raum nicht in Flammen hatten aufgehen lassen, dass er überhaupt in der Lage gewesen war, ein vernünftiges Gespräch zu führen.
Und dann auch noch, als er sie fast zum …
Er biss die Zähne zusammen und warf einen Seitenblick auf sie. Sie saß stumm und steif da, die Hände im Schoß gefaltet, den Blick starr geradeaus gerichtet. Dachte sie daran, was als Nächstes passieren würde? Malte sie sich aus, wie er sie berühren würde?
Oder sorgte sie sich, dass sie – wie hatte sie es ausgedrückt? – seine Erwartungen nicht erfüllen konnte?
War sie wirklich so unschuldig? Oder einfach nur clever?
Er versuchte sich einzureden, dass es unwichtig war.
Aber, zum Teufel, warum sich selbst etwas vormachen? Es war wichtig. Sehr wichtig sogar. Was, wenn sie endlich allein waren und alles, was er mit ihr tun wollte, neu für sie war? Was, wenn er der erste Mann war, der ihr Seufzer und Luststöhnen entlockte, so wie heute in den Weinbergen?
Verdammt!
Nick versuchte, eine bequemere Position zu finden. Wenn er sich weiter mit solchen Gedanken beschäftigte, würden sie es nie bis zu der Villa schaffen, die er gemietet hatte …
Gott sei Dank, da tauchte das Haus vor ihnen auf, genau wie der Makler gesagt hatte. Ein schmaler Kiesweg, der zu einem offen stehenden Tor führte. Ein kleiner Olivenhain und dahinter die Lichter eines alten Steinhauses.
Villa Riposante.
Endlich. Keine Minute zu früh.
Alessia zitterte, als sie aus dem Wagen stieg.
„Hier.“ Nicolo zog sein Jackett aus und legte es ihr um die Schultern. „Das wird dich warm halten, bis wir im Haus sind.“
Sie nickte, auch wenn er völlig danebenlag.
Ihr war nicht kalt, sie hatte panische Angst. Nicht vor ihm. Vor ihm hatte sie schon lange keine Angst mehr. Sie hatte Angst vor der sicheren Enttäuschung, die sie ihm bereiten
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