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Sag Onkel - Psycho-Thriller (German Edition)

Sag Onkel - Psycho-Thriller (German Edition)

Titel: Sag Onkel - Psycho-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg F. Gifune
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Bleibendes.«
    »Das sind die meisten Dinge nicht«, sagte Boone leise.
    »Die Dinge, auf die es ankommt, doch. Manchmal geraten sie ins Wanken und verschwinden eine Weile, aber sie finden immer wieder zu uns zurück.«
    Er zuckte verlegen die Achseln. »Na ja, das waren … das waren harte Zeiten – ich weiß, dass du mit allem Möglichen zu kämpfen hattest.«
    »Ich konnte nichts anderes denken, als so schnell wie möglich aus dieser Stadt herauszukommen. Darum ging ich in Rhode Island aufs College. Das war nicht allzu weit weg, aber weit genug. Ach, zum Teufel, alles außerhalb der Stadtgrenzen war weit genug weg. Außerdem war ich die meiste Zeit auf finanzielle Unterstützung angewiesen, und man kann nicht allzu wählerisch sein, wenn man von fremdem Geld lebt.«
    »Jedenfalls musstest du hier weg.«
    »Aber ich bin ein anderer Mensch geworden, Boone.« Ich entfernte mich ein paar Schritte weit und stieß gedankenlos mit dem Fuß nach dem Schnee. »Ich tat nichts anderes als Trinken, Feiern und Schlägereien anzufangen. Lieber Gott, ich fing wegen jedem Dreck einen Streit an – ich – ich hatte doch diesen Blödsinn immer gehasst, und dann habe ich mich mit jedem geprügelt, der mich komisch ansah oder irgendwas sagte, das ich auch nur im Entferntesten als Beleidigung auffassen konnte.«
    »Vielleicht hast du versucht, dir etwas zu beweisen.«
    »Genau das habe ich getan. Ich habe das während meiner ganzen College-Zeit gemacht und sogar noch ein paar Jahre danach. Deshalb hat es auch so lange gedauert, bis ich einen vernünftigen Job bekam. Niemand kann einen Schullehrer brauchen, der seine Freizeit damit verbringt, in Bars herumzukrakeelen.« Ich schüttelte den Kopf. »Ich war so voller Zorn, ironischerweise hauptsächlich auf mich selbst. Ich glaube, ich wollte mich selbst und jeden, der sich mir auf Armeslänge näherte, davon überzeugen, dass ich kein Feigling war.«
    Ich hörte, dass Boone sich an meine Seite stellte, aber er sagte nichts.
    »Alles wurde anders – ich wurde anders – als ich Martha kennenlernte. Sie hat mir das Leben gerettet, wirklich. Sie hat mir klargemacht, dass die Person, die zu sein ich mich so sehr bemühte, nicht wirklich ich war. Mein wirkliches Selbst hatte ich längst verloren, lange bevor ich sie kannte. Mein wahres Selbst hatte ich hier in Warden begraben, zusammen mit all den Erinnerungen und Albträumen. Sie hat mir geholfen, mich selbst wiederzufinden, Boone. Sie hat mich wieder gesund gemacht.«
    »Du hast Glück gehabt.«
    »Ja, das habe ich.«
    »Ich mache das meistens selbst mit Pornos.« Er grinste voller Selbstverachtung. »Ist das Leben nicht großartig?«
    Vor Jahren hätte ich darüber gelacht, aber jetzt war ich mir unserer Zuneigung nicht mehr so sicher. Ich griff stattdessen nach seiner Schulter und drückte sie freundschaftlich, dann ließ ich die Hand wieder herabsinken. Wir verfielen wieder in unser natürliches Schweigen.
    »Ich weiß, dass du damals – bevor ich zum College ging, als das alles passierte … Ich weiß, dass du damals gemeint hast, ich hätte anders reagieren müssen, dass–«
    »Andy, lieber Himmel, das ist zwanzig Jahre her. Wir waren Kinder.«
    »Ich wollte so gerne wütend auf Michael Ring sein.« Ich erstickte fast an meinen eigenen Worten. Erst in diesem Augenblick wurde mir klar, dass ich diesen Namen seit Jahren nicht mehr ausgesprochen hatte. »Ich wollte die gleiche wilde Wut empfinden wie alle anderen, das kannst du mir glauben – und schließlich empfand ich auch so – aber am Anfang war ich einfach nur so verdammt traurig. Ich konnte nichts anderes fühlen als Kummer, Boone. Diese lähmende Trauer um Angela und um uns alle, und diese Verwirrung, als befände ich mich in einem Traum und nicht in der wirklichen Welt, wo niemand – nicht einmal ich selbst – der oder das war, für das ich sie alle gehalten hatte.«
    »Mir bist du keine Erklärung schuldig, Mann.«
    Ich hatte nicht das Herz, ihm zu sagen, dass es mir nicht gerade um ihn ging, dass es vielmehr um mich ging als um irgendjemand anderen. Ich wollte, dass dies uns reinigte und uns beide freiließ. Der Wind wurde stärker. Er fuhr durch uns hindurch und blies über die offene Fläche bis hin zu dem dahinter liegenden Wald.
    »Schließlich wurde die Traurigkeit zu Hass«, fuhr ich fort. »Ich träumte davon, den Scheißkerl selber umzubringen. Im Geist habe ich ihn tausendmal getötet. Aber zu diesem Zeitpunkt war er bereits tot, und irgendwie sind wir alle

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