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Sag Onkel - Psycho-Thriller (German Edition)

Sag Onkel - Psycho-Thriller (German Edition)

Titel: Sag Onkel - Psycho-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg F. Gifune
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noch unversehrt zu sein. Ein seltsames kleines Haus, das einsam auf einer Waldlichtung stand und sehnsüchtig die Rückkehr des Mannes erwartete, der vor so langer Zeit hier gewohnt hatte. Aber vielleicht wartete es auch auf etwas anderes, auf etwas Ähnliches wie das, worauf ich all die Jahre gewartet hatte.
    »Das alte Verwalterhaus«, sagte ich leise, um die Geister, die hier mit Sicherheit schlummerten, nicht zu stören.
    Boone kämpfte sich durch den tiefen Schnee, bis er neben mir stand. Er war schon wieder außer Atem und brauchte einen Augenblick, um sich zu sammeln. »Sind wir hierhergekommen, damit du mir dies hier zeigst?« Seine Stimme glitt zwischen den hundertjährigen Bäumen hindurch, durch Bäume, die schneebedeckt und hinter dicken weißen Schleiern verborgen waren wie eisige Bräute aus vergangenen Zeiten. Der Klang der Stimme verließ die Lichtung irgendwo am anderen Ende des verwitterten Gebäudes, aufgesogen in die Vergangenheit, zusammen mit allem anderen, das vor ihm hier durchgezogen war.
    »Hier hat Onkel es getan.« Ich lauschte auf das Echo der Worte, das durch den Wald tönte, und wusste kaum, ob ich sie ausgesprochen hatte oder ob das alte Haus flüsternd seine Geheimnisse preisgegeben hatte, so leise, dass nur wir es hören konnten. »Hier hat er Michael Ring umgebracht.«
    »Wofür hältst du mich eigentlich«, fragte Onkel und stand langsam auf, »für einen Hund an der Leine? Glaubst du, ich beiße nur, wenn du das willst, wenn es dir passt? Glaubst du das? Wann, zum Teufel, wirst du endlich erwachsen und hörst auf, so ein weichliches Arschloch zu sein?« Er stellte sich so dicht vor mir auf, dass ich seinen Atem auf meinem Gesicht spürte. »Begreife endlich, wie das Leben wirklich ist.«
    »Wie das Leben wirklich ist, habe ich von dir gelernt«, sagte ich ruhig.
    »Mach es nicht mir zum Vorwurf, wenn du so ein rosarotes Bild von der Welt hast«, stieß er hervor. »Was in aller Welt hast du gedacht, wer ich bin?«
    Das war eine gute Frage, auf die ich bis heute noch keine Antwort geben kann.
    »Du glaubst, dass Michael Ring auch noch andere Mädchen angegriffen hat?«, fragte ich.
    Er trat zurück, griff nach seinen Zigaretten auf dem Nachttisch und zündete sich eine an. Er hatte ein Haarbüschel auf der Brust, das sich in einer dünnen Linie bis zum Nabel fortsetzte, den es kreisförmig umgab, um dann unter seinen Boxershorts zu verschwinden. Sein Bauch war zwar flach, wackelte aber ein bisschen, wenn er ging. Aber seine Waden- und Oberschenkelmuskeln traten sogar hervor, wenn er stillstand. Er hatte zwar nicht die schwellende Muskulatur eines Bodybuilders, aber sein Körper sah solide und kraftvoll aus. Ohne Kleidung schien er ein völlig anderer und ironischerweise weniger verletzlicher Mensch zu sein, ähnlicher vielleicht einem frühen Teil der Natur, eine vereinfachte, ursprüngliche Version dessen, aus dem die Evolution ihn geschaffen hatte. Ich bemerkte eine hervortretende Ader, die sich über seinen Bizeps erstreckte, als er den Arm beugte, um das Feuerzeug an das Ende seiner Zigarette zu halten, aber ich wandte den Blick ab, als er das Feuerzeug beiseite warf, damit er mein Starren nicht als Herausforderung interpretierte.
    »Verbrecher haben ein bestimmtes Muster«, erklärte er. »Sie fangen jung an. Vermutlich hat er mehr kleine Mädchen vergewaltigt, als wir je erfahren werden, und du kannst dich darauf verlassen, er hätte so weitergemacht, bis irgendjemand ihn aufgehalten hätte. Sie hören niemals von alleine auf. Nicht diese Art von Verbrecher.«
    »Gilt das nur für Vergewaltiger?«, fragte ich. »Oder auch für Mörder?«
    Er rauchte eine Weile weiter, dann sah er mir in die Augen. »Andy, du und Angela, ihr beide seid für mich so sehr meine eigenen Kinder, wie das nur möglich ist. Du bist mein Neffe, und ich liebe dich. Ich tue alles Menschenmögliche für dich, und ich tue alles Menschenmögliche für deine Mutter und für Angela. Ihr seid meine Familie, und ihr seid die ganze Welt für mich, ihr alle drei. Ich hoffe, du weißt das.« Er straffte die Schultern und sein Gesicht verdunkelte sich. »Aber ich bin, was ich bin, Andy. Und ich tue, was ich tue.«
    Ich wandte mich zur Tür. Tränen der Wut vernebelten mir den Blick. »Ich auch.«
    »Du willst mich anzeigen?«, hörte ich ihn hinter mir fragen. »Ist es das, was du mir sagen willst?«
    »Anzeigen für was?«, fragte ich ohne mich umzusehen. »Du hast nichts zugegeben.«
    »Würdest du dich besser

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