Saga von Dray Prescot 17 - Vallian-Zyklus 03 - Dayra von Scorpio
Fauchend stürzte er sich auf mich und starb wie die anderen, und ich lief zum Rand der Bogenreihe und blickte hinab.
Ich hätte es mir gleich denken können.
Die Prozession war völlig durcheinandergeraten.
Die beiden Wieselgestalten hatten beschlossen, Barty zu folgen. Sie waren keine Stikitches und rechneten sich aus, daß er als vallianischer Koter eine erkleckliche Summe bei sich führte. Die Rasts hatten sich gedacht, daß es bei mir nichts zu erben geben würde, wenn die Stikitches erst mit mir fertig waren. Die übrigen Stikitches hatten beschlossen, ihm trotz der Soldaten auf den Fersen zu bleiben. Barty hatte einen niedergestreckt und kämpfte im Augenblick mit zwei weiteren.
Es war ein weiter Weg bis auf die Straße hinunter.
Schreiend verließen Gestalten den Ort des Kampfgeschehens. In jenen ersten wirren Augenblicken kam niemand Barty zu Hilfe. Er bot einen erstaunlichen Anblick, in seiner alten zerfetzten Kleidung, mit rot angelaufenem Gesicht, fluchend. Man hätte beinahe glauben können, er sei der Mörder und die nüchtern gekleideten Angreifer seine Opfer. Sie hatten die Stahlmasken abgesetzt und trugen nur noch die vornehmen Halbmasken, wie sie oft auf Kregen zu sehen sind, ein nutzloses Utensil der vornehmeren Kasten.
Wie auch immer, in wenigen Murs würde er tot sein, wenn ich mich nicht verflucht beeilte.
Der schräg verlaufende Aquädukt hatte mich über die Mitte der Gasse geführt. Unmittelbar unter mir fuhr ein Wagen vorbei, dessen Ladefläche nicht sehr einladend wirkte: unter einer Plane zeichneten sich scharfkantig aussehende Gegenstände ab. Ein Stück entfernt bewegten sich schwankend einige Sänften mit ihren bunten Behängen. Mit hungrigem Blick starrte ich hinüber. Natürlich – ich mußte mir die größte aussuchen, die die besten Chancen bot, meinen Aufprall abzufangen.
Ich lief also am Rand des Aquädukts entlang und schob den Kopf aus dem Steinbogen, der sich unmittelbar über der erwählten Sänfte befand. Dann sprang ich. Im gleichen Moment bemerkte ich, daß die Soldaten sich endlich dazu aufgerafft hatten, gegen Barty und seine Angreifer vorzugehen. Ehe ich mich in der Luft zu drehen begann, sah ich die Mörder fliehen und Barty im Griff eines Deldars.
Im nächsten Sekundenbruchteil landete ich mit ohrenbetäubendem Krachen auf der gestreiften Plane. Das Material riß, und ich stürzte tiefer, allerdings hatte die Plane meinen Fall erheblich gebremst. Dröhnend landete ich auf dem Holzbett in der Sänfte. Ich spuckte ein Stück blau-grün gestreiftes Leinen aus und wollte mich durch die golddurchwirkten Vorhänge empfehlen.
Die drei Frauen, die sich in der Sänfte aufhielten, starrten mich aus aufgerissenen Augen an.
Ich warf ihnen einen kurzen Blick zu – zwei Zofen und eine hochstehende Dame. Sie trug einen Halbschleier und war von ausnehmender Schönheit. Ihr Gesicht begann rot anzulaufen, und sie schien bereit zu sein, mich mit Schimpfworten zu überhäufen. Ich konnte es ihr eigentlich nicht verdenken. Eben noch wird sie geruhsam in ihrer Sänfte durch die Menge getragen, und plötzlich fällt ein haariger, übelriechender Kerl aus dem Himmel herab.
Die Womoxes, die die Sänfte trugen, hatten sich der plötzlichen Gewichtszunahme gebeugt; dabei brach allerdings eine Stange, was die ganze Sänfte aus dem Gleichgewicht brachte. Zitternd und krachend senkte sich das Gebilde in einer Ecke ab. Die hohe Dame wurde durch den kleinen Innenraum geschleudert und fiel mir in die Arme. Ich konnte mich nicht bewegen. Ihr dunkelhaariges Gesicht verzog sich, die stark geschminkten Augen starrten mich an, und der kunstvoll angebrachte Farbfleck auf den Wangen wirkte ungewöhnlich auffällig. Ihre Nasenflügel begannen zu beben. Ihre Mundwinkel, verborgen unter dem Schleier, doch in den Umrissen auszumachen, zogen sich herab.
»Du stinkst!«
»Steh auf, meine Dame! Ich habe es eilig ...«
»Du wagst es ...« Sie ließ ihrem Zorn freien Lauf, und ich drehte mich halb zur Seite, um sie fortzuschieben. Erst jetzt ging mir auf, daß mir der mittellange braune Bart abgerissen worden war.
Sie sah mein Gesicht.
»Oh«, sagte sie.
»Ich habe es eilig, meine Dame. Männer versuchen mich umzubringen, und ich muß ...«
»Ja, du mußt fliehen. Nun ja, dann will ich dich loslassen, damit du weiter fliehen kannst – zu den Eisgletschern Sicces, wenn du willst.«
»Vielleicht kommt es sogar dazu«, bemerkte ich.
Sie mühte sich die Schräge der schiefstehenden Sänfte hinauf.
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