Saga von Dray Prescot 17 - Vallian-Zyklus 03 - Dayra von Scorpio
in einem solchen Augenblick nicht. Ich würde mein Wort geben, und hier im Lager von Hockwafernes war ich niemand anderer als Jak der Kaktu, Paktun.
Nun ja, mit Problemen ist es ähnlich wie mit Plänen. Der Mensch denkt, und Zair lenkt.
Als wir schließlich unser Zelt verließen, marschierte aus dem Hintergrund eine Abteilung Jikai-Vuvushis herbei. In ihren Reihen war unter den Rüstungen das grüne Leder ebenso häufig vertreten wie das rote. Im Dienst waren Streitigkeiten dieser Art vergessen. An der Spitze marschierten die beiden Befehlshaberinnen, und ich entdeckte auch Ros die Klaue und Firn. Der Trupp marschierte durch das Lager, und in einer Gruppe anderer Swods wichen wir zur Seite aus, um Platz zu machen.
Leona nal Larravur deutete auf mich.
»Dort ist er!« rief sie. Ihre Stimme gellte auf und überschlug sich vor Aufregung und Anspannung. »Dort ist er! Der Prinz Majister! Ergreift ihn!«
Es geschah sehr schnell. Im Nu war ich von Speerspitzen eingekreist. Meine Kameraden wichen verblüfft zurück. Ein Offiziersmädchen, wohlgeformt, glühend vor Erregung, baute sich vor mir auf. Ihr Rapier war auf meine Kehle gerichtet.
»Du bist Prinz Majister von Vallia?«
Ich blickte in die Runde. An meiner Hüfte baumelte lediglich ein Rapier und der Dolch. Meine anderen Waffen lagen gebündelt bei den Sachen der anderen, bewacht von unserem Lagersklaven. Ich hatte die Chance, einige Wächterinnen aufzuspießen und in die Freiheit zu entkommen.
Aber ich zögerte.
Vor mir standen Frauen. Sie waren bewaffnet und meinten es ernst mit mir – doch sie waren und blieben Frauen. Ich brachte es einfach nicht über mich, einen der entzückenden Körper mit scharfem Stahl zu verunstalten. Es war eine Schwäche.
»Nein!« brüllte ich, damit jeder mich hörte. »Ihr irrt euch. Beim süßen Opaz – nimm das Rapier fort!«
»Du bist der Prinz ...«
»Blödsinn! Sehe ich wie ein Prinz aus? Ich bin Jak der Kaktu. Ein Paktun, bereit, für euch zu kämpfen. Macht keinen Quatsch, Mädchen ...«
Einige von ihnen glaubten mir – nicht aber die Anführerin der Gruppe, und auch nicht Ros die Klaue und Firn. Und schon gar nicht die raffinierte Leona nal Larravur, die genau wußte, wer ich war. Ihr Gesicht war in leidenschaftlicher Wut verzerrt.
»Bringt ihn zum Trylon!« rief sie. »Ich werde ihn überzeugen. Oh, was für einen Fund haben wir da gemacht!«
»Ja!« fauchte Ros. »Dieser dreckige Rast! Ein Cramph, den man kastrieren und dann zu den Eisgletschern Sicces schicken sollte!«
Ich schüttelte den Kopf. »Ihr irrt euch ...«
»Ab mit ihm!« rief die Anführerin, die Zillah hieß. Von Speerspitzen getrieben, überschüttet mit gemeinen Schimpfworten, marschierte ich los.
Trylon Udo na Gelkwa entpuppte sich als gedrungener Mann mit spitzem braunen Bart, dünnen Lippen und Augen, die dunkler waren als das normale vallianische Braun – im Nordosten nicht ungewöhnlich. Er stand nicht auf, als ich in sein Zimmer im Rathaus gedrängt wurde. Es war bescheiden eingerichtet; Felle hingen an den Wänden, und ein großer Tisch war überladen mit Landkarten und Listen.
»Du also bist der Prinz Majister.«
»Nein ...«
»Larravur behauptet es aber. Sie ist öfter am Hof des hochherrschaftlichen Idioten und dekadenten Trunkenboldes. Sie paßt dort für uns auf. Du bist der Prinz Majister. Hier im Nordosten wird man dir kaum mit Höflichkeit begegnen. Eine Gnade will ich dir allerdings erweisen.« Udo lehnte sich im Sessel zurück und zupfte an seinem Bart. »Du darfst dir deine Todesart selbst aussuchen.«
Die Mädchen starrten mich aufgebracht an. Nun entdeckte ich auch Karina die Schnelle, die über der rechten Gesichtshälfte eine dicke Bandage trug; ihr Auge schien unverletzt zu sein. Die Feindseligkeit, die die Mädchen ausstrahlten, verwirrte mich. Sie kam mir übertrieben, unnormal, ja, beinahe unwirklich und auf jeden Fall sehr ungesund vor.
Leona richtete den Zeigefinger auf mich.
»Er sagt nichts. Er gesteht seine Schuld ein. Sein Entsetzen verseucht uns alle! Durchstoßt ihn mit dem Schwert, dann ist die Sache erledigt!«
Ros hob ihre Stahlklaue. »Ich nehme ihn auseinander!«
Die Szene schien aus einem Traum zu stammen, so unwirklich kam sie mir vor. Hätten mich fluchende Wächter umringt, wäre ich vielleicht auf den Gedanken gekommen, mir einen Weg in die Freiheit zu erkämpfen. Aber es waren Mädchen.
Eine Bewegung hinten im Saal kündigte das Eintreffen des nervösen Zankov an, der schließlich
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