Saga von Dray Prescot 32 - Pandahem-Zyklus 06 - Seg, der Bogenschütze
harmlos zu Boden.
Im nächsten Augenblick prallte ein riesiger Mewsany in vollem Lauf gegen Seg und stieß ihn zu Boden, und schon glitt ihm eine rasiermesserscharfe Lanze an der Flanke entlang und verwundete ihn. Das Tier landete auf ihm, ebenso ein stämmiger verschwitzter Körper in einer Bronzerüstung – und Seg wurde in den allumfassenden Mantel Notor Zans gehüllt und sah nichts mehr.
Als er wieder zu sich kam, dröhnten in seinem Kopf die berühmten Glocken Beng Kishis mit solcher Heftigkeit, daß er keine Bewegung zu machen wagte.
Man karrte ihn nach Nalvinlad zurück, zuerst in einem quietschenden zweirädrigen Gefährt, das von zwei Mytzers gezogen wurde, dann in einem Schinkitree. Noch immer hatte er das Gefühl, der Kopf hüpfe ihm lose auf den Schultern herum. Man steckte ihn in ein schönes teures Bett in einem prächtigen Schlafzimmer, und die Ärzte traktierten ihn mit ihren Nadeln und nahmen den Schmerz fort, und dann konnte er endlich schlafen.
Milsi wachte über ihn. Endlich kam er wieder zu sich; immerhin hatte Seg im fernen Aphrasöe, der Schwingenden Stadt, im Heiligen Taufteich des Zelph-Flusses gebadet. Natürlich ging er davon aus, daß er Milsi bald nach Aphrasöe führen würde, damit auch sie nicht nur wundersame Heilkräfte entwickelte, sondern wie er tausend Jahre leben konnte.
»Was ist mit Muryan?« fragte er, als Milsi schweigend eintrat.
»Ach, mach dir um den keine Sorgen! Er wird nie ein guter Schwimmer.«
»Und Dame Mishti?«
Milsi runzelte die Stirn.
»Ich muß zugeben, daß ich sie nicht begreife. Sie ist noch immer ein Kind, dabei ist sie inzwischen voll erwachsen ... trotzdem führt sie sich manchmal auf, als wäre sie meine Frau. Das ist seltsam.«
»So sind Kinder nun mal.«
»Du mußt bald gesund werden. Wir heiraten in sechs Tagen.«
»Wenn du es sagst, Liebste. Wenn du deiner Sache ganz sicher bist.«
»Und ob! Möchtest du nicht König sein?«
Seg antwortete nicht, sondern nahm eine Paline von dem goldenen Teller neben seinem Bett und kaute zufrieden darauf herum. Wenn er ehrlich sein wollte, so war ihm in Sachen Königstitel nicht ganz wohl. Er war schon Kov gewesen, doch hatte ihn seine Gutherzigkeit nicht weit gebracht. Vielleicht war ein Leben als König in einem Reich, da man Menschen ein kleines Flußbad nehmen ließ, gar nicht lebenswert.
»Liebster!« rief sie, ließ sich auf das Bett fallen und nahm ihn in die Arme. »Du sollst nur das Beste von allem haben!«
»Ich möchte dich heiraten, Milsi. Du kennst meine Vergangenheit. Ich empfinde für dich soviel, das ... nun ja ...«
»Wir sind eben beide vom selben Blitzstrahl getroffen worden.« Sie lachte über ihr Wortgewandtheit. »Das ist der Blitzstrahl auf deiner Flagge, liebster Seg!«
Seg drückte sie an sich, atmete den süßen Duft ihres Haars und ihrer Schultern ein, spürte den festen Druck ihres wohlgeformten Körpers – und er fiel in eine Art zufriedene Betäubung, die ihn mit Frische und Entzücken überwältigte. Daß so etwas möglich war! Er dankte allen kregischen Göttern und Geistern, daß sie ihn dermaßen beschenkten, beglückten, segneten.
Die Vorbereitungen für die Hochzeit wurden eingeleitet, und zwei Tage später kam ihn Dame Mishti besuchen.
Die junge Frau überraschte Seg. Milsi hatte recht gehabt. Das schmächtige Mädchen, halb Frau, halb Kind, wußte genau, was es wollte, und war nur unsicher, was die Methoden anging. Sie hatte nicht die geringste Ähnlichkeit mit Milsi; ihr Haar war dunkel, die Nase schmal und der Mund etwas zu voll geraten. Aber schon jetzt ließ sich erkennen, daß sie diese kleinen Unvollkommenheiten hinter sich lassen und zu einer strahlenden Schönheit reifen würde.
»Pantor Seg«, sagte sie, »Kov Llipton kommt langsam durch. Du sollst mein neuer Vater werden. Nun ja, Mutter ist alt. Eines Tages werde ich Königin sein, ich glaube, das wird schon sehr bald sein. Dann heirate ich Kov Llipton, das habe ich so gut wie entschieden. Er ist natürlich ein Numim; aber dann wird er sterben und ich heirate irgendeinen, der mir gefällt, und besitze dann Geld im Überfluß ... jede Menge ...«
»Verschwinde!« sagte Seg. »Zurückkommen darfst du erst, wenn du es gelernt hast, respektvoll von deiner Mutter zu sprechen. Ist das klar?«
Segs Tonfall ließ sie zusammenzucken; Mishti erbleichte, biß sich auf die Unterlippe, machte kehrt und stürzte aus dem Zimmer.
Sofort machte sich Seg Vorwürfe und verwünschte seine Dummheit, seine
Weitere Kostenlose Bücher