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Sagan

Sagan

Titel: Sagan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacquelyn Frank
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talentiert, während er eine Niete war, und so verdammt schlau, dass sie ihn vorführte, wenn sie ihn herausforderte, dass sein weniger geschulter Geist es mit ihr aufnehmen sollte. Sie würde immer Macht und Ansehen haben, Verantwortung tragen und ein viel aufregenderes Leben führen als er.
    Malaya war in jeder Hinsicht eine Königin. Weil er das ganz tief drin wusste, nannte er sie
K’yatsume
, obwohl sie noch nicht zur Königin gekrönt worden war. Das Gleiche galt für ihren Bruder. Für Guin war er
M’itisume
und nicht weniger.
    Guin war nichts als ein Paket Muskeln, und er hatte das große Glück, ihr Vertrauen und ihre Freundschaft zu genießen, obwohl er nicht immer verstand, womit er das verdiente.
    Nachdem sein Temperament so mit ihm durchgegangen war, überließ er sie diesmal sich selbst, während sie durch die Höhle marschierten, und half ihr nicht mehr, auch wenn er die ganze Zeit ein Auge auf sie hatte, doch er wollte, dass sie wusste, wie wütend sie ihn gemacht hatte. Sie wusste, dass er ihr unter anderen Umständen bei jedem Schritt geholfen hätte. Trotz ihres privaten Gezänks behandelte er sie stets mit königlichem Respekt, den sie, wie er ganz sicher wusste, auch verdiente.
    Als sie sich dem Höhlenausgang näherten, wo die Gefahr bestand, dass mögliche Feinde sie ihm Mondlicht hätten sehen können, zog er sie hinter sich, während er nach Gegnern Ausschau hielt. Kein einfaches Unterfangen, weil alle Schattenwandler mit der Dunkelheit ihrer Umgebung beinahe perfekt verschmelzen konnten. Manche waren so gut darin, dass man einfach durch ihren Körper hindurchgehen konnte, ohne es zu merken. Vorausgesetzt natürlich, man war kein Schattenbewohner, weil Mitglieder der Spezies einander stets wahrnehmen konnten.
    Guin spürte, dass jemand in der Nähe war.
    »Guin!«
    Die leise Frauenstimme war nicht zu verkennen. Nicht Xenia, sondern Rika, Malayas Wesirin. Atemlos und zitternd vor Angst und Erregung schlüpfte sie zu ihnen in die Dunkelheit.
    Er zog die kleine Frau dicht zu sich heran, um ihr ebenfalls hinter sich Schutz zu geben, wie eine Henne, die ihre Küken um sich schart. Er hörte sie leise schluchzen, während Malaya die Arme um die Beraterin und Freundin legte, um sie zu trösten.
    »Sie haben Trace erwischt!«, flüsterte sie verzweifelt. »Ich habe es gesehen. Er hat Xenia und Tristan verteidigt, als er eine Klinge in den Leib bekam. Er ist gestürzt … ich glaube, er ist tot!«
    Wenn er noch nicht tot war, dann würde er es sehr bald sein. Trace, Tristans Wesir, war ein starker Mann und ein verwegener und begabter Kämpfer, doch nur wenige überlebten eine solche Verletzung, wie Rika sie beschrieben hatte … schon gar nicht in der Hand des Feindes.
    Guins nächste Sorge galt denen, für die Trace sich geopfert hatte, doch da stießen Tristan und Xenia auch schon zu ihnen. Malaya fiel ihrem Bruder in die Arme und umschlang ihn mit einem erleichterten Aufschrei, ohne sich um das feindliche Blut zu kümmern, das seine Kleider tränkte.
    »Kommt, lasst uns hier verschwinden, falls irgendein Schlaukopf die Geheimtreppe finden sollte«, drängte Xenia sie. »Ich glaube, wir hatten genug Aufregung für eine Nacht.«
    Guin sah das genauso.

1
    Der heutige Tag
    Guin hatte ein Klingeln in den Ohren, und das Geräusch wurde immer lauter, so laut, dass es beinahe die Senatsmitglieder übertönte, die sich gedämpft unterhielten. Manche schienen einverstanden zu sein, andere dagegen waren sprachlos vor Erstaunen. Diejenigen, die überrascht worden waren, waren wahrscheinlich absichtlich nicht eingeweiht worden, wegen des Schockeffekts und der Tatsache, dass einmal Gehörtes nicht mehr ungehört gemacht werden konnte.
    Es war dieses sprichwörtliche Klingeln, das ihm in den Ohren dröhnte, während er vom Balkon der Kanzler aus zusah, wie Malaya in untadeliger Haltung auf dem Podium stand, mit dem Stolz und der gelassenen Eleganz, die der Position entsprachen, für die sie so hart gekämpft hatte. Sie trug ein eng anliegendes, durchscheinendes bernsteinfarbenes Netzkleid, das sich vom Hals bis zu den Fußknöcheln an ihren Körper schmiegte. Nur die schmalen honigfarbenen Spitzenbänder gaben ihr den Anschein von Sittsamkeit. Sie durchzogen den Netzstoff, sodass das Kleid auf den ersten Blick fest und streng wirkte.
    Konservativ, könnte man sagen, trotz des fast beinlangen Schlitzes im Rock, der ihre perfekte mokkafarbene Haut entblößte. Doch so nah, wie er bei ihr stand, konnte er auch

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