Sagan
und trotzdem den Eindruck erweckte, respektvoll zu sein. Es war die gewohnte Art des Stammesführers, sich mächtig zu fühlen und auf Augenhöhe mit der schönen Kanzlerin, die ihm im Krieg gründlich den Hintern versohlt hatte. »Ja, es herrscht Frieden, und ja, die Klans haben sich aufgelöst … größtenteils jedenfalls. Doch Eure Monarchie ist erst seit einem Jahrzehnt frei von kriegerischen Auseinandersetzungen. Dieses Gesetz – ich betone, Gesetz, Mylady – gibt Euch die Möglichkeit, Euch die Regentschaft zu sichern. Viele von uns hier zählen auf Euch wegen Eures Traditionsbewusstseins und wegen des Respekts, den Ihr unserer Religion und unserer Kultur entgegengebracht habt, um chaotische Verhältnisse zu verhindern, wie wir es manches Mal bei den Menschen gesehen haben. Die Amerikaner sind ein hervorragendes Beispiel. Je mehr sie die Gebote und Traditionen ihrer Kultur missachten, desto gewalttätiger und verachtenswerter ist ihr Verhalten geworden. Vor allem, was die Frauen betrifft.«
»Dass Ihr einen Brauch so lässig ablehnt«, meldete sich Senatorin Angelique zu Wort, womit eine weibliche Stimme wie auf Absprache die Debatte zuspitzte, »wird einen Dominoeffekt unter den Leuten haben. Sie werden glauben, das sei ein Freibrief, um sich Dinge zu erlauben, die eine Gefahr für die Gemeinschaft sind. Wenn die Kanzlerin Tradition und Gesetz missachtet, was soll das für ein Vorbild sein?«
»Ich würde eine Sache, die dieser Senat mir anträgt, niemals ›lässig‹ ablehnen, und ich weise diese Schlussfolgerung zurück, Senatorin Angelique. Wie festgestellt wurde«, sagte Malaya scharf, »gelte ich als Frau mit traditionellen Werten. Doch ich bin auch für Fortschritt. Es war einst Gesetz, dass sich eine Frau den Schlägen ihres Mannes unterwerfen musste, ohne dass ein Dritter eingreifen durfte, und ich danke
Drenna
, dass dieses Gesetz als das erkannt wurde, was es ist, und abgeschafft wurde.«
»
K’yatsume
, das ist, als würde man Licht und Dunkelheit vergleichen. Dieses Gesetz über die Sicherung der Nachfolge unterscheidet sich nicht von anderen königlichen Regeln, und gewiss verletzt es niemanden«, warf ein anderer Senator ein.
»Es verletzt das Recht meiner Schwester, ihren Gemahl frei zu wählen!«, explodierte Tristan plötzlich, erhob sich und trat an die Brüstung, um sich an die Versammlung zu wenden. »Es verletzt das Recht auf ihre Gefühle. Sie hat ein unveräußerliches Recht, Liebe zu finden. Die beste Wahl zu treffen, ohne Druck und ohne Weisung von Euch! Kein einziger von Euch würde sich diesem Diktat unterwerfen. Ihr habt vor, sie zu verkuppeln wie eine unnütze Tochter, die nur die Haushaltskasse belastet. Wie Ihr gesagt habt, sind wir nicht mehr im Krieg. Es ist genügend Zeit, sich langsam um Familien- und Nachfolgeangelegenheiten zu kümmern.«
»Sie kann zum Gemahl nehmen, wen sie möchte, solange er standesgemäß ist«, entgegnete Jericho. »Sie kann jemanden wählen, den sie liebt und dem sie vertrauen kann. Ich denke, Ihr seid eher derjenige,
M’itisume
, der den Einfluss eines Außenseiters auf diese verschworene Clique fürchtet. Sind andere es nicht wert, in diese Clique aufgenommen zu werden? Steht Ihr so weit über uns?«
»Ich habe nie gesagt …«
Tristan wurde von dem lauten Protest übertönt, der sich allgemein erhob. Guin trat näher zu Malaya und sah, dass Xenia das Gleiche bei Tristan tat.
»Senatoren! Senatoren, bitte!« Malayas Mahnung dämpfte den Aufruhr. »Ich habe nie gesagt, dass ich Eurem Vorschlag nicht die geschuldete Aufmerksamkeit schenke.«
»Laya!«, fauchte Tristan protestierend, und der wütende Ausdruck in seinen Augen spiegelte genau das wider, was Guin empfand.
»Pssst«, fauchte sie leise. Und lauter sagte sie: »Ich werde einen Vorschlag vom Senat akzeptieren, der bestimmt, wer und was ein ›standesgemäßer‹ Gemahl ist, und der einen Zeitrahmen absteckt, innerhalb dessen ich mich verlieben sollte.« Der Anflug von Sarkasmus entlockte den Zuhörern ein Kichern. »Und ich hätte gerne Beispiele, die zeigen, dass es sich um ein funktionierendes Gesetz handelt. Also, ich werde eine Liste mit Heiratskandidaten berücksichtigen.«
»Verdammt.«
Guin stieß den Fluch leise aus, und Malaya sah sich zu ihm um, um ihm einen warnenden Blick zuzuwerfen. In diesem Augenblick war er so wütend auf sie, dass er ihr am liebsten den Stinkefinger gezeigt hätte. Doch er hatte sich noch nie in aller Öffentlichkeit respektlos gezeigt, und
Weitere Kostenlose Bücher