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Sagen aus Bayern

Sagen aus Bayern

Titel: Sagen aus Bayern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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die bei solchem Unwetter auf die Überfahrt harrte, er entschloß sich, den Rufer abzuholen. Er war noch nicht ganz am linken Ufer, da sprang ein kräftiger, großer Mann in einem dunkeln Mantel hinein, und der Nachen sank augenblicklich so tief ins Wasser, daß der Rand kaum fingersbreit war. Der Fischer ruderte aus Leibeskräften, um den unheimlichen Gast bald ans Land zu bringen, und der sprang auch, sobald er in die Nähe des rechten Ufers gelangte, hinaus, und eilte ohne Lohn und Dank davon. Der Fischer war nur froh, daß der unheimliche Mann fort war, und verzichtete gern auf den Fahrlohn; den andern Morgen betrachtete er sich die Stelle wo der Mann an das Ufer gesprungen, und fand im harten Gestein eine große Geißklaue tief eingedrückt. – Die Geißklaue ist unterhalb Langenprozelten noch zu sehen.

Der geschundene Wolf
    Herzog Otto von Bayern vertrieb des Papstes Legaten Albrecht, daß er flüchten mußte und kam nach Passau. Da zog Otto vor die Stadt, nahm sie ein, und ließ ihn da jämmerlich erwürgen. Etliche sagen: man habe ihn schinden lassen, darum führen noch die von Passau einen geschundenen Wolf. Auch zeigt man einen Stein, der Blutstein geheißen, darauf soll Albrecht geschunden und zu Stücken gehauen sein. Es sei ihm, wie es wolle: er hat den Lohn dafür empfangen, daß er so viel Unglück in der Christenheit angestiftet.

Der gespenstische Küfer
    In dem Keller des Schönborner Hofes zu Aschaffenburg, unter dem Baue, welcher zunächst des Freihofes liegt, befand sich ein großes Weinlager. Der Küfer, welcher dasselbe zu beaufsichtigen hatte, war so diensteifrig, daß er alles andre darüber vergaß; er hämmerte oft an den Fässern herum bis tief in die Nacht. So trieb er's einst auch an dem hl. Weihnachtsabend, und die Leute, die in die hl. Christmette gingen, und die, welche herauskamen, hörten ihn noch im Keller klopfen. Deshalb hebt er jetzt noch, wenn es zur hl. Christmette läutet, zu klopfen an, und man kann das unheimliche Hämmern hören, solange die heilige Christmette währt.

Der Hahnenkampf
    Zu einer Zeit kam Karl der Große auf sein Schloß bei Kempten zu seiner Gemahlin Hildgard. Als sie nun eines Tages iiber Tische saßen, und mancherlei von der Vorfahren Regierung redeten, während ihre Söhne Pipin, Karl und Ludwig darneben standen, hub Pipin an und sprach: »Mutter, wann einmal der Vater im Himmel ist, werde ich dann König?« Karl aber wandte sich zum Vater und sagte: »Nicht Pipin, sondern ich folge dir nach im Reich.« Ludwig aber, der jüngste, bat beide Eltern, daß sie ihn doch möchten lassen König werden. Als die Kinder so stritten, sprach die Königin: »Eure Zwist wollen wir bald ausmachen; geht hinab ins Dorf und laßt euch jeder sich einen Hahn von den Bauern geben.« Die Knaben stiegen die Burg hinab mit ihrem Lehrmeister und den übrigen Schülern, und holten die Hähne. Hierauf sagte Hildegard: »Nun laßt die Hähne auf einander los! Wessen Hahn im Kampfe siegt, der soll König werden.« Die Vögel stritten, und Ludwigs Hahn überwand die beiden andern. Dieser Ludwig erlangte auch wirklich nach seines Vaters Tode die Herrschaft.

Der Happes-Kippel
    Unfern von Kassel bei Orb erhebt sich ein einzeln stehender kegelförmiger Berg, welcher der Happes-Kippel genannt wird.
    Auf diesem Berge stand vor vielen, vielen Jahren eine stattliche Burg. Hohe, dicke Mauern umschlossen geräumige Wohngebäude, Ställe und Vorratshäuser und ein mächtiger Turm schaute stolz herab in das Tal und ließ jeden Feind in weiter Ferne erschauen. Drinnen hauste ein gewaltiges Geschlecht, edel dem Stamme nach, aber nicht nach seinem Tun. Mord, Raub und Entführung waren das tägliche Geschäft; das Flehen mißhandelter Weiber, die Drohungen gekränkter Männer rührten die Burgherrn gleich wenig; gegen das eine schützte sie ihr steinern Herz, gegen die andern ihre Felsenmauern.
    An dem Fuße des Burgberges hatte sich eine Witwe mit ihren beiden Kindern angesiedelt. Wie die Taube im alten Gemäuer am Meeresstrande friedlich neben dem Turmfalken nistet, so lebte die Witwe ungestört neben dem Horste der adeligen Räuber. Sie hatte freilich nichts, was ihre Habgier reizen konnte: ein paar Ziegen waren ihr ganzer Reichtum.
    Einst an einem heißen Junitage übte sich das zehnjährige Söhnlein des Burgherrn vor dem Tore der väterlichen Burg im Armbrustschieß ' en. Die beiden Ziegen der Witwe hatten sich in den kühlen Gebüschen, welche an dem Berge wuchsen, ihre Nahrung gesucht,

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