Sagen aus Bayern
nicht ertrinken konnte. Aber als er nach dem Kinde umsah, war es nicht mehr in der Stube. Und weil es nicht in den Brunnen hatte fallen können, weil er vernagelt war, so lag es tot auf demselben.
Der Wallensee
In den bayerischen Alpen unweit Kochel, von ungeheuern Bergen eingeschlossen, liegt ein See, genannt der Waller- oder Walchensee. Seine schwarzen Wasser sind von unergründlicher Tiefe, und er steht mit dem Weltmeere in Verbindung, daher er im Jahre 1755, als Lissabon durch das große Erdbeben zerstört wurde, heftig tobte und brausete. Und auch zu andern Zeiten stürmt und schäumt er oft hoch auf, und würde er einmal sein Felsenbett in seiner Wut zersprengen, so würden sich seine Wasser gegen München ergießen, und diese Stadt ein Raub der Fluten werden. Zur Abwendung dieses entsetzlichen Unglückes wurde in der ehemaligen in der Gruftgasse befindlichen Gruftkirche täglich eigens eine heilige Messe gelesen, und zur Sühne des zürnenden Wassers alle Jahre ein goldener Ring geweiht und in den Wallersee geworfen.
Der wandelnde Mönch
Es war einmal in Coburg ein Herzog, der führte Krieg mit dem Bischof in Bamberg. In einer Schlacht, welche er seinem Gegner lieferte, nahm er zwölf Junker gefangen und sandte sie nach Coburg auf sein Schloß, die alte Veste. Die Junker wurden dort nicht allzu streng gehalten und trieben oft innerhalb des Hofes und der Stiege mancherlei Kurzweil. Da geschah's einmal, daß sie auch beisammen waren, und daß der Schloßkaplan, ein finsterer Mönch, die offene Stiege herab in den Hof schreiten wollte, allein er glitt aus und ist herabgefallen. Darüber schlugen die Junker ein helles und anhaltendes Gelächter auf, was den Pfaffen sehr verdroß. Er hob sich zornig von dannen, verklagte die Junker beim Herzog und sagte ihm, unter ihnen sei auch der Mörder des Vaters von dem Herzog. Da befahl dieser in seinem Zorn, um Mitternacht sollten soviel Häupter der Junker durch das Schwert fallen, als der Turmwächter Stunden anblasen würde, und der Türmer erhielt noch dazu den Befehl, zwölfmal zu tuten. Das erfuhr die Herzogin, eine gute und fromme Frau, betrübte sich darüber sehr und hätte die Junker gern gerettet. Sie bat den Herzog um deren Leben, und ihre Bitte besänftigte den strengen Herrn, so daß er sagte, nur einer, und zwar der Mörder seines Vaters, solle des Todes sterben. Die Herzogin wollte auch den Tod des einen hindern, ließ den Türmer rufen und ihn in ein Gemach sperren, daß er nicht tute. Aber der Mönch war im Nebenzimmer und hörte alles mit an. Da es nun nicht mehr weit von zwölf Uhr des Nachts war, so wurden die Junker mit Fackeln unter dem Zulauf einer großen Menschenmenge herab auf das Schafott geführt, um sie mindestens die Angst des Todes empfinden zu lassen. Indes empfing der Türmer in seinem Arrest eine Flasche Wein durch die Herzogin, die ganz heitern Mutes war. Da schlug es auf der großen Glocke zwölf, und nach dem zwölften Schlag schallt schaurig das Horn vom Turm, und zwölfmal rief es, und auf jeden Ruf sank ein Haupt. Die Herzogin erschrak zu Tode, und der Türmer wußte nicht, was das zu bedeuten habe. Und auch der Herzog erschrak heftig, denn er wollte nicht mehr der Junker Tod. Er sandte Reiter nach der Richtstatt, Einspruch zu tun und Gnade zu rufen, aber es war zu spät. Jetzt stieg er selbst auf den Turm, fand da den Mönch, der noch des Türmers Horn in den Händen hielt und frohlockend rief: »So ihr Buben, nun werdet ihr meiner nimmer spotten!« Da ergrimmte der Herzog, packte den Mönch und warf ihn vom Turm hinunter, daß sein Leichnam zerschellte.
Nun tutet immer, wenn diese Nacht wiederkehrt, nicht der Wächter, sondern der Mönch, welcher im Turm der St. Moritzkirche wandelt mit einem Schlüsselbund, Wächterhorn und Rosenkranz, und auch um die Kirche die Runde macht. Es ist nicht gut, ihm zu begegnen.
Der Wassernix
Zur Adventszeit hört man im Kahlgrunde, in der Nähe von Schimborn, bei stiller Nacht »Hoho, Hoho!« schreien. Obwohl es fast wie eine Menschenstimme klingt, so wird's doch denen, die es hören, unheimlich, denn der Rufer ist der Wassernix, der in der Kahl wohnt. Gesehen hat ihn noch niemand, aber seine Tücke sind wohlbekannt und darum geht ihm jeder gern aus dem Wege, wenn sein Ruf erschallt, und nicht leicht wagt es jemand, in der Nähe der Kahl einen Spaß über ihn zu machen.
Einst zur Adventszeit hatten sich einige Männer von Königshofen vor Tagesanbruch aufgemacht, um ihre Besen nach
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