Sagen aus Bayern
ringsum von Wald umgeben ist und wild genug aussieht. Er heißt jetzt der Teufelsgrund und die Mühle darinnen die Teufelsmühle.
Vor langen Jahren, ehe die Teufelsmühle gebaut war, standen in dem Teufelsgrunde einige kleine Hütten. Die Leute sagten: sie seien von Zigeunerinnen bewohnt, aber niemand sah diese Zigeunerinnen; in die Hütte selbst mochte aber auch niemand gehen.
Es kam ein neuer Jäger aus dem hohen Spessart in den Kahlgrund. Der hörte auch von den Zigeunerinnen erzählen und meinte, wer sich im hohen Spessart vor dem wilden Jäger nicht gefürchtet habe, brauche auch kein Zigeunerweibchen zu scheuen, zudem die Zigeunerinnen, wenn auch ziemlich schwarz, doch meist lieblichen Antlitzes seien. Er dachte ihnen deshalb seinen Besuch zu und betrat, sobald ihn der Weg vorüber führte, eine der Hütten – sie war leer, so auch die zweite, dritte und vierte. Der Waidmann war nun überzeugt, daß die Erzählung von den Zigeunerweibchen nur eine Erfindung müßiger Leute sei und dachte nicht mehr daran.
Einige Zeit danach befand sich der Jäger in einem Walde unfern des Teufelsgrundes, als ein fürchterliches Wetter hereinbrach. Der Wind heulte, daß man sein eigenes Wort nicht hörte, der Regen fiel in Strömen vom Himmel, und es ward so finster, daß man jeden Augenblick in Gefahr war, an einen Baum zu laufen. Der Jäger erinnerte sich der leeren Hütten und nahm seine Zuflucht in eine, um das Unwetter abzuwarten. Gegen draußen war es in dem Hüttchen ganz behaglich; der Jäger machte sich ein Lager zurecht und schlief bald ein.
Um Mitternacht erwachte er von einem Geräusche um sich her; als er die Augen aufschlug, glaubte er zu träumen: das ganze Hüttchen war mit einer unzählbaren Menge Weiblein angefüllt, aber das waren keine rundwangigen, schwarzäugigen Zigeunermädchen, sondern erdfahle kleine Ungeheuer mit unförmlichen Köpfen und Affengesichtern. Eben hatten auch sie den Jäger wahrgenommen und nun fielen sie ihn wütend an. Sie kneipten, bissen und zerkratzten den Mann, der sich der Menge nicht erwehren konnte, dergestalt, daß kein heiler Fleck an seinem Leibe blieb und trieben dieses Unwesen, bis der erste Hahnenschrei erscholl; dann waren sie verschwunden.
Der Jäger dankte Gott, daß er mit dem Leben davongekommen, hat aber die Hütten in der Folge nie mehr betreten und lieber einen Umweg gemacht, als daß er auch nur an ihnen vorbei ging.
Der Teufelsritt
In Soden wohnten einmal Leute, die gaben sich mit Schatzgraben ab. Gefunden mußten sie noch nicht viel haben, denn sie waren arm an Gut und Geld und nur reich an Hoffnungen, und oft getäuscht wühlten sie dennoch unermüdlich in der Erde.
Auf einem Berg zwischen Soden und Schweinheim hatten sie auch einen Schatz aufgespürt; ob sich eine Glut dort gezeigt, ob ein Lichtchen geleuchtet oder ein Flämmchen getanzt hatte, weiß man nicht, ihrer Sache aber waren die Leute gewiß und darum machten sie sich einst gegen Mitternacht auf und gruben nach dem Schatze. Wer Schätze graben will, muß schweigen können; auf das erste unbedachte Wort sinkt der Schatz tief hinunter in die Erde, wo ihn keines Menschen Arm mehr erreicht.
Das wußten die Sodener wohl, und schweigend schafften sie, daß sie bald ein tiefes Loch ausgegraben hatten. Auf einmal gab's einen dumpfen Klang; der Spaten hatte auf Eisenblech gestoßen, das konnte nichts anders als eine Truhe und in der mußte der Schatz sein. Sie machten Anstalt, die Truhe herauszubringen: eben schlug es zwölf Uhr. Da hörten sie Hufschläge, die schnell näherkamen, und ein Haufen Reiter sprengte daher grad auf die Schatzgräber zu, und im Galopp sauste er über ihren Köpfen weg. Die Schatzgräber waren keine Leute, die gleich davonliefen, wenn was Unheimliches kam, sie ließen sich darum auch von den Reitern nicht beirren; konnten sie ihnen doch nichts tun, solange sie nur still schwiegen. Bald darauf kam noch einer geritten, aber auf einem Besen. Es war ein altes Männlein mit dünnen schlotternden Beinen, das sich gar sehr abarbeitete, um weiterzukommen; es ging aber nur langsam vorwärts. Der Besenreiter fragte die Schatzgräber wiederholt, wohin die Reiter geritten seien, bekam jedoch keine Antwort. Da sagte er: »Ihr braucht mir gerade keine Antwort zu geben, ihr grobes Volk! Die Reiter hol' ich doch ein.« Und nun hob er einen Galopp an, wie ein kleiner Knabe und humpelte so hinein in den Wald. Einem der Schatzgräber kam die Reiterei so possierlich vor, daß er hell auflachte
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