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Sagen aus dem Rheinland

Sagen aus dem Rheinland

Titel: Sagen aus dem Rheinland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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brachte dann die Klosterchronik herbei, und es stellte sich heraus, daß ein Bruder seines Namens vor dreihundert Jahren das Kloster verlassen hatte und nicht wiedergekommen war. Nun merkte der Heimgekehrte, er selber war jener Verschollene. Aufrichtig bereute er all seine Zweifel; dann sank er sterbend zu Boden, indem er gläubig flüsterte: »Vor Gott sind tausend Jahre wie ein Tag.«

Der Pfeil
    Gegen Ende des 9. Jahrhunderts lebte in der Nähe von Laon in Frankreich der reiche Ritter Nithard mit seiner edlen Gemahlin Erkanfrieda. Er diente Gott mit Gebet und guten Werken und war seinen Untertanen ein milder und gerechter Herr. Alles, was er unternahm, gelang ihm, und sein Glück wäre vollkommen gewesen, wenn Gott ihm einen Erben geschenkt hätte.
    Als seine Tage sich dem Ende zuneigten, faßte er den Entschluß, seine Güter einem Kloster zu übertragen, damit sie zu guten und wohltätigen Zwecken verwandt würden. Um die richtige Wahl zu treffen, zog er seinen Beichtvater zu Rate. Der sprach zu ihm. »Nimm aus deinem Köcher einen Pfeil und schieß ihn ab. Die Lüfte werden ihn weitertragen über Berg und Tal. Dem Kloster, in dessen Bereich er niederfällt, schenke deinen Reichtum.«
    Der Vorschlag gefiel dem Ritter, und er veranstaltete auf seiner Burg ein großes Fest, das sieben Tage dauerte. Am letzten Tage wollte er den Pfeil abschießen. Er versammelte seine Gäste um sich und stieg mit ihnen den Burgberg hinab ins Tal zu einem sagenumwobenen Felsen. Dort befestigte er die Schenkungsurkunde an einem Pfeil. Bevor er ihn in die Lüfte sandte, sprach der Burgkaplan zu der harrenden Menge: »Nithard übt ein edles Werk. Lasset uns zum Herrn beten, daß es recht gelingen möge! « Alle knieten nieder und beteten andächtig. Dann bestieg Nithard den Felsen und schoß den Pfeil ab hoch in die Wolken. Im gleichen Augenblick öffnete sich der Himmel, lieblicher Gesang ertönte, ein strahlender Engel stieg hernieder, fing den Pfeil auf und trug ihn durch die Lüfte davon.
    Zur selben Stunde stand im fernen Eifelkloster Prüm Abt Ansbald am Altare und feierte das heilige Opfer. Auf einmal erfüllten süße Klänge das Gotteshaus. In hehrem Glanze schwebte ein Engel hernieder und überreichte dem Abt im Angesichte des staunenden Volkes Nithards Pfeil mit der Urkunde. Nachdem der Engel sich vor dem Allerheiligsten geneigt hatte, verschwand er wieder.
    Lange wurde der wunderbare Pfeil als kostbares Kleinod im Prümer Kloster aufbewahrt.

Der Rheingrafenstein
    Auf dem Rheingrafenstein, einem stellen Felsen an der Nahe, stand in alten Zeiten eine gewaltige Burg, die war nicht von Menschenhänden erbaut; sie war vielmehr des Teufels Werk.
    Einer der Grafen von der Kauzenburg in Kreuznach schloß nach einer durchzechten Nacht mit dem Bösen diesen Vertrag: »Ich, der Teufel, werde auf dem Rheingrafenstein in einer einzigen Nacht ein Schloß erbauen und es dem Ritter von der Kauzenburg schenken. Dafür soll die Seele des ersten, der aus einem Fenster des Schlosses schaut, mir gehören.«
    Als nun das Bauwerk wider alles Erwarten am andern Morgen vom hohen Felsen stattlich emporragte, da ward es dem Ritter angst und bange; ja, er wollte gar nicht in die Teufelsburg einziehen. Die Gräfin aber machte ihm Mut. Ruhig ritt sie den Felspfad hinauf, gefolgt vom Burgkaplan; zögernd kam der Graf mit seinen Rittern und Mannen hinterher. Als der Teufel, der in Gestalt eines großen Raubvogels auf dem Dachfirst saß, den Geistlichen sah, da lachte ihm das schwarze Herz im Leibe, dachte er doch, jener werde ganz sicher seine Beute werden.
    Doch der kluge Teufel hatte sich diesmal gründlich verrechnet. Die Gräfin setzte Frauenlist gegen Teufelslist, und es gelang ihr, den Vater der Lüge zu prellen. Sie ließ einen Esel in den Rittersaal bringen, bekleidete ihn mit des Kaplans Sutane und schwarzem Käppchen und ließ ihn dann zum Fenster hinausschauen. Mit wilder Freude stieß der Teufel auf sein Opfer nieder und trug es in den Krallen davon. Doch hoch in den Lüften begann das Grautier aus allen Kräften sein angsterfülltes I-a, I-a zu schreien. Nun erkannte der Teufel, daß er sich hatte übertölpeln lassen. Mit einem entsetzlichen Fluch ließ er den Esel los, der beim Aufprall auf den Felsen zerschmettert wurde.

Der Riese im Treiser Schock
    Zu jener Zeit, als die Hunnen über den Hunsrück zogen, lebte im Treiser Schock ein wilder Riese in einer tiefen, dunklen Felsenhöhle; ringsumher hatte er große Steinblöcke wie eine Mauer

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