Sagen aus Franken
früher anfangen konnte, sondern viel später als sonst.
Veit Stoß
Veit Stoß, der große Bildschnitzer, soll ein Nürnberger Kind gewesen sein. Manche behaupten, er sei in Krakau geboren. Später aber mußte er in ferne Lande wandern, so daß niemand mehr wußte, wohin er geraten war. Und das kam so: Der junge Veit Stoß war in schlechte Gesellschaft geraten. Jeden Tag ging er ins Wirtshaus und trank mit seinen Kameraden bis in den Morgen. Weil er aber nichts vertrug, stieg ihm der Wein in den Kopf. Seine Kameraden lachten ihn aus und freuten sich, wenn er den Verstand recht gründlich verloren hatte. Als er wieder einmal weit über seinen Durst getrunken hatte und nicht mehr gerade stehen konnte, da trieben seine Freunde wieder ihren Schabernack mit ihm. Plötzlich wurde der Veit zornig und riß in seinem Rausch sein Messer heraus und stieß es einem von den Spaßvögeln ins Herz. Der fiel tot um. Als Veit zu sich gekommen war, mußte er so schnell wie möglich aus den Mauern der Stadt fliehen. Seine Freunde halfen ihm dazu. Es war ein großer Jammer; denn viele hatten schon erkannt, was für ein großer Künstler der junge Stoß einmal werden konnte.
Damals zog Veit Stoß nach Krakau und blieb dort mehr als ein Jahrzehnt. Erst als man ihm wegen des Totschlages in seiner Jugend Straflosigkeit durch den Rat zusicherte, soll er nach Nürnberg zurückgekehrt sein.
Veit Stoß – Der Todesblick
An den Bildwerken von Veit Stoß ergreift ganz besonders ›das brechende Auge im Tod‹. Nur ein Mensch, dem das Sterben einmal bis ins Herz gegangen ist, kann den Tod so tief erfassen und so ergreifend darstellen.
Veit Stoß soll einmal krank an den Augen gewesen sein. Und weil ihm in Nürnberg niemand helfen konnte, ging er zu den weisen und frommen Mönchen nach Kloster Heilsbronn. Viele Wochen mußte er eine Binde vor den Augen tragen und wie blind im Klostergarten hin- und hertappen. Als der Winter vorbei war, erlaubten ihm seine Ärzte, daß er abends, wenn die helle Sonne untergegangen war, sich hinaussetzte auf die Bank vor der Tür, damit er sich Dämmerlicht seine Augen langsam an das Licht gewöhnen könnte. In dieser Zeit hatte er sich angefreundet mit einem lieben, jungen Mädchen, das ihn in den Wochen seiner Blindheit oft führte, und das sich nun auch gerne zu ihm setzte, wenn er abends in der Dämmerung vor der Klosterpforte saß. Das Kind fragte und fragte und fand kein Ende. Und der Meister suchte zu antworten, was er wußte, und erzählte von der großen Nürnberger Stadt, von den Herren dort, von den Künstlern, von den kunstvollen Handwerkern und von den Gebäuden und Brunnen, von den Mauern und Türmen. Das Mägdlein hörte ihm jedesmal aufmerksam zu, bis die Abendglocke es heimrief.
Einmal saßen sie wieder draußen vor der Klosterpforte, da hörte man drüben im Ort großen Lärm. Die beiden Söhne des Markgrafen waren gekommen und schrien und lärmten, daß es durch den Abend schallte. Sie spielten im Hof ihres Schlößchens, kletterten auf die Mauer und schossen mit ihren Armbrüsten und warfen die Steine mit Schleudern nach Vögeln. Gerade als das Mädchen dem Veit Stoß wieder die Binde von den Augen genommen hatte, weil das Licht nun nicht mehr zu grell war, da brach es plötzlich mit einem lauten Schrei zusammen. Blut floß über ihr Gesicht und ein Stein fiel vor ihr nieder. Einer der jungen Markgrafensöhne hatte das Mädchen mit einem Schleuderstein so an die Stirn getroffen, daß es bald darauf starb. Veit Stoß hob das Mädchen auf und legte es auf die Bank. Es konnte aber nicht mehr sprechen. Es sah nur den Meister traurig an. Die bitteren Schmerzen liefen wie Wellen über ihr sanftes Gesichtlein. Schwere Atemstöße und Seufzer kamen ihm aus der Brust. Dann brachen ihm die Augen. So hat Veit Stoß den Tod gesehen und so hat er ihn abgebildet daß es jeden, der seine Bilder sieht, ans Herz greift.
Vom Fischfangen in Pillenreuth
Die Nürnberger hatten einmal einen großen Krieg mit Albrecht Achilles, dem Markgrafen von Ansbach. Der Krieg hatte schon lang gedauert, und viele Nürnberger Dörfer waren schon in Flammen aufgegangen. Die Stadt hatte ihre Bürgerschaft mit Waffen versehen und, so gut sie es konnte, in ihrem Gebrauch geübt. Der Markgraf Albrecht Achilles lachte aber über die Nürnberger »Pfefferbälge« und glaubte nicht, daß sie richtig kämpfen könnten. Einmal kam ein spöttischer Brief an den Rat der Stadt Nürnberg vom Markgrafen, in dem stand, dass er bei
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