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Sagen aus Hessen

Sagen aus Hessen

Titel: Sagen aus Hessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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Schalksbach zu seinem Bruder. Er war in Lauterbach gewesen, sein Bruder kam aus dem Dorf. Also sagte er: »Guter Freund, könnt Ihr mir nicht den Weg nach Rixfeld zeigen? Ich gehe und gehe und kann's nicht finden.« – »Ei, Jobik«, sprach der andere, »ei, kennst du denn deinen leiblichen Bruder nicht mehr? Und siehst du nicht, daß das die Krautgärten von Rixfeld sind?« Da sperrte jener die Augen weit auf, starrte eine Zeitlang verwundert um sich und hörte auf »sinnverlissig« zu sein. Das war einer, der hatte auf das Irrkraut getappt.
    Ähnlich erging es einem Mann aus Freienseen. Der verirrte sich im Wald und lief und lief und kam nimmer zurecht. Also setzte er sich auf den Boden, zog die Schuhe aus und fuhr mit dem rechten Fuß in den linken hinein. Wie er das tat, hörte die Macht des Irrkrauts auf, er kannte die Gegend wieder und wurde gewahr, daß er gerade vor dem Oberseenerhof stand.

Das Lichtlein
    Zwei Bauern gingen aus dem Dorf Langenstein (nah bei Kirchhain in Oberhessen) nach Emsdorf zu, mit ihren Heugabeln auf den Schultern. Unterwegs erblickte der eine unversehens ein Lichtlein auf dem Spieß seines Gefährten, der nahm ihn herunter und strich lachend den Glanz mit den Fingern ab, daß es verschwand. Wie sie hundert Schritte weitergingen, saß das Lichtlein wieder an der vorigen Stelle und wurde nochmals abgestrichen. Aber bald darauf stellte es sich zum dritten Mal ein, da stieß der andere Bauer einige harte Worte aus, strich es jenem nochmals ab und darauf kam es nicht wieder. Acht Tage hernach an derselben Stelle, wo der eine dem andern das Licht zum dritten Mal abgestrichen hatte, trafen sich diese beiden Bauern, die sonst alte gute Freunde gewesen, verunwilligten sich und von den Worten zu Schlägen kommend erstach der eine den andern.

Das Opfer der Mümmling
    Eines Abends gingen ein paar Burschen nicht weit von Michelstadt am Wasser der Mümmling her, da rief eine Stimme unter der Brücke hervor: »Die Stund' ist da, und der Mann noch nicht! « Zu gleicher Zeit kam von dem nahen Berg ein Mann herabgelaufen und wollte ins Wasser hineinspringen. Die Burschen hielten ihn fest und redeten ihm zu, er gab aber keine Antwort. Sie nahmen ihn mit ins Wirtshaus und wollten ihm Wein zu trinken geben, da ließ er seinen Kopf auf den Tisch fallen und war tot.

Das Schicksalsstübchen auf dem Burgberg
    Zwei Knaben hatten sich im Eifer der Jugend bis an die Ruinen einer alten Ritterburg hinaufgespielt und suchten dort zwischen Brombeerranken und moosigen Felstrümmern ihr Versteck. Noch atemlos vom Aufstieg entdeckten sie eine eisenbeschlagene Pforte unter einer halbverschütteten Treppe, nahmen sich ein Herz und hängten sich an die schwere Klinke. Knarrend wich die Tür ihrem vereinten Druck, und während sich ihnen das Netz einer Spinne über Gesicht und Haare klebte, traten sie beklommenen Mutes in den dämmerigen Raum. Hier fanden sie alles so überraschend niedlich und wohlgeordnet, von der dunklen Holzdecke bis zu den Truhen, steifen Stühlen und bunten Fensterscheiben, daß sie auch beim Anblick der Frau, die weiß gekleidet am Spinnrad saß, kein Grauen empfanden.
    Die Gestalt winkte die Knaben freundlich heran, fragte sie nach ihren Eltern, wobei sie mitleidig nickte, als sie vom frühen Tod des Vaters hörte; denn die Knaben waren die Söhne einer armen Witwe. Zutraulich erzählten sie von der häuslichen Armut und von dem fleißigen Tagewerk der Mutter, von Schule, Dorf und ihren kleinen Abenteuern, daß die Alte recht ihre Freude daran hatte. So schenkte sie denn jedem zum Abschied eine Handvoll Flachsknoten, strich ihnen über die blonden Schöpfe und hieß sie mit freundlichem Gruß wieder gehen.
    Es war spät geworden, und die Mutter hatte schon sorgenvoll in der Haustür gestanden, als die Jungen endlich, noch ganz erfüllt von dem seltsamen Vorfall in der alten Burg, der Mutter schmeichelnd um den Hals fielen. Sie erzählten ihr das wunderbare Erlebnis und zeigten die schönen Samenknöpfe. Die Mutter ahnte gleich, welche Bewandtnis es mit diesen Gaben habe, und verschloß das Geschenk der Frau Holle in ihrer Lade.
    Am nächsten Morgen waren die Knoten in lauter blanke Dukaten verwandelt. So arm die Frau auch war, dies Geld legte die sorgsame Mutter zurück; denn ihre Jungen sollten einmal was Rechtes damit beginnen.
    Solcherart hatten die Brüder bisher ein gleiches Geschick. Aber sie waren doch allzu verschieden geartet. Der ältere strebte einem ehrsamen Handwerk zu und lernte

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