Sagen aus Hessen
verstört und nachsinnend auf einer Garbe saß. »Warum schwatzest du denn nicht, Hannes?« riefen sie ihm zu. Er war sehr in Gedanken und versetzte: »Das darf ich nicht sagen, und die Disteln, Gott sei Dank! können nicht sprechen, sonst würden sie mich verraten.« Die Bauern erwiderten ihm: »Was würden sie denn verraten? « Er war noch mehr in Gedanken als vorher und antwortete: »Ei, daß ich den Krämer hier ermordet und eingescharrt habe.« Sogleich ergriffen die Bauern den Mörder und überlieferten ihn der Obrigkeit, die ihn auf der Stelle hinrichten ließ, wo der Krämer sein Leben hatte lassen müssen. Der Acker heißt seitdem das Beinert, wegen der Gebeine des Krämers, die dort ausgegraben wurden.
Der Advokat und der Teufel
In Darmstadt lebte einmal ein Advokat, das war ein rechter Leuteschinder, der den armen Bauern das Fell über die Ohren zog, einen Prozeß über den andern auf den Hals jagte, sie von Haus und Hof trieb und Rechnungen machte, daß selbst den reichen Leuten in der Stadt die Augen darob überliefen. Der ging eines Tages mit einem ganzen Sack voll Papiere nach dem Ried zu. Da gesellte sich unterwegs ein Mann zu ihm, der war fast gekleidet wie ein Odenwälder Kaffer; er trug einen breitrandigen Hut, langen blauen Rock und kurze Hosen, hatte aber Beine wie Storchbeine so mager und dürr. Der ließ sich in ein Gespräch mit dem Advokaten ein und lachte dabei zu allem, was der Advokat sagte, und das Lachen klang so höhnisch und grell, daß es denselben kalt überlief. Er schaute sich den Kaffer genauer an, aber der hatte ein Gesicht wie andre Leute auch. Erst als er ihm zuletzt nach den Füßen guckte, da ging ihm ein Licht auf und er sah, daß er den leibhaftigen Teufel zur Seite hatte. Da wurde es ihm noch schwüler und er überlegte bei sich, was zu machen sei. Er dachte, es sei am Ende das beste, seinen Begleiter merken zu lassen, daß er ihn kenne und sprach darum keck heraus: »Was habt Ihr denn im Ried zu schaffen, gibt's in der Hölle keine Arbeit mehr?« Der Böse lachte und sprach: »Aha, wir kennen uns, ich muß eine Seele da holen, die schon lange für mich reif ist und die die Leute oft zu mir wünschen.« Im Ried, dachte der Advokat und bekam neuen Mut, da bin ich also nicht gemeint, und er unterhielt sich getrosten Herzens mit dem Teufel über seine Schelmereien und Plackereien, rühmte sich ihrer auch und lachte darüber, wobei denn der Teufel jedesmal herzlich mitlachte.
Als sie so ihres Weges dahingingen, kam ein armer Metzger ihnen entgegen, der trieb ein Schwein nach Hause und das Tier schnüffelte und grunzte bald hier, bald dort im Kot herum. Der Metzger war dessen müde und rief: »Der Teufel soll dich holen, wenn du nicht voran gehst! « Sogleich war der Advokat bei der Hand und sagte: »Da greif zu, das Vieh ist dein.« Aber da kam's heraus, daß der Advokat noch schlechter war als selbst der Teufel, denn der Böse sagte: »Das ist nicht so schlimm gemeint, laß dem armen Mann seine Sau, er muß die ganze Woche davon leben.« Der Advokat lachte ihn darüber aus und meinte, der Teufel habe doch ein gar zu weiches Herz und fuhr dann fort, noch viel ärgere Schandtaten von sich zu erzählen.
Als sie in den nächsten Ort kamen, hörten sie ein Kind flennen und die Mutter des Kindes schaute aus ihrem Fenster, ballte eine Fast und schrie: »Willst du dein Maul halten oder der Teufel soll dich holen!« Aber das Kind flennte fort. Da stieß der Advokat wiederum seinen Kameraden an und sprach: »Du, nimm's doch, wenn du kein Esel bist, es gehört ja dein.« Aber der Teufel lachte, ging seines Weges weiter und sprach: »Du hättest es nicht stehenlassen, aber ich nehm's nicht, denn es ist der Mutter einzig Kind und sie würde sich totgrämen, wollte ich zugreifen. Das war so schlimm nicht gemeint.« Jetzt lachte ihn der Advokat noch mehr aus und sprach: »Du bist mir ein schöner Teufel, wenn ich so dächte, dann wäre ich längst am Bettelstab.«
So gingen sie weiter und der Schinder erzählte immer lustiger von seinen Taten, bis sie an den Ort kamen, wo er gerade einem armen Bauern das Bett unter dem Leib weg verkaufen wollte. Der Bauer stand mit seinen Nachbarn zusammen auf der Gasse vor dem Hause. Als er den Advokaten sah, fiel er und sein Weib demselben zu Füßen und sie baten ihn unter Tränen, sie doch nicht ganz unglücklich zu machen; aber der Advokat lachte und sprach zum Teufel: »jetzt sollst du einmal sehen, wie ich das mache«, gab dem Bauern einen
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