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Sagen aus Schlesien

Sagen aus Schlesien

Titel: Sagen aus Schlesien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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Kirche sah er dagegen nur noch von außen an. Einmal, am Hochzeitstage der Tochter, wollte er sie ins Gotteshaus begleiten. Aber er brachte es doch nicht fertig, auf dem Hinwege kehrte er um, und als die Hochzeit nach Hause kam, lag er, ganz schwarz und mit gebrochenem Halse im Stuhl.
    Kittel dagegen konnte sich retten, wenn er drei heilige Messen vertrug und zwar die seiner goldenen Hochzeit, die bei der Primiz des Sohnes und die bei dessen Installierung als Pfarrer. Als die Primiz stattfand, zerriß beim siebenten Glockenschlag der Strick. Die Kirche war zum Erdrücken voll; da hörte man einen gellen Schrei, und man trug eine ohnmächtige Frau hinaus. Der Doktor wollte zu ihr, aber gelangte doch erst zur Tür, als schon das Glöcklein zur Kommunion ertönte. Kittel bekreuzte sich noch; draußen grinste die Frau ihm höhnisch ins Gesicht; aber er hatte den dritten Hauptbestandteil der Messe doch nicht versäumt. Nach dem Volksglauben war diese Bäuerin aber Kittels verkappter Geist gewesen. Die zweite Messe zur goldenen Hochzeit begann im schönsten Sonnenschein. Plötzlich wurde es dunkel wie im Sack, ein Blitz schlug in den Turm und riß den Putz von ihm los. Noch heute hält kein Anwurf (Putz) an ihm lange; so haben die bösen Geister ihre ohnmächtige Wut ausgetobt. Die letzte der Messen geschah wenige Tage, ehe sein Pakt ablief. Um Kittel von dieser abzuhalten, zeigte sich ihm sein Famulus in wahrer Gestalt und stürzte sich auf den Arzt. Wie ihn der Teufel bereits am Genick fassen wollte, erraffte sich Kittel in seiner Angst und traf den Bösen mit einem eisernen Kruzifix, daß dieser heulend und winselnd durch den Kamin entfloh. So konnte der Doktor auch dieser Messe beiwohnen und seine Seele dem Teufel ausspannen. – Dagegen erzählen andere, daß Kittel mit seinem Praktikanten, der Ratzka hieß, einmal am Schwarz-Teich zwischen Schossen- und Wolfersdorf vorbeigekommen ist. Beide hatten bereits des Guten etwas zuviel getan. Herr Doktor! rief plötzlich der Praktikant, wir reiten ja geradewegs in den Teich hinein! – Ach was! Reiten wir zu in drei Teufels Namen! Kaum hatte der Doktor das gesagt, da erhob sich ein furchtbares Gewitter, und der Praktikant sah beim Leuchten der Blitze, daß sich der Doktor auf seinem Pferde samt drei Gestalten im Schwarzteiche befand. Sein Pferd arbeitete sich aus den Wogen, und als er nach Hause kam, hatte sich auch des Doktors Pferd eingefunden. Den Geist des Doktors konnte man aber noch lange, besonders in den Gewitternächten, am Rande des Schwarzteiches sehen.

Eichendorff und die weiße Frau
    Storm wurde von Eichendorff, der ja aus Oberschlesien stammte, einmal erzählt: sie hätten als junge Leute von Spukgeschichten gesprochen; da habe der Besitzer des Nachbarschlosses bei ihrem Spott gesagt: Ich kann darüber mit euch nicht lachen, denn in meinem eigenen Schlosse geschehen wunderbare Dinge. Ich lade euch alle ein, morgen zu mir auf mein Schloß zu kommen. Die Freunde versammelten sich also am nächsten Abend beim Grafen. Einige Minuten vor 12 Uhr erhob sich der Graf und bat die Freunde, ihm zu folgen. Er führte sie durch dunkle Korridore bis zur breiten Treppe, die durch alle Stockwerke des Schlosses ging. Am Fuße der Treppe machte er vor einer hohen eisenbeschlagenen Tür Halt und erklärte, daß es seit hundert Jahren niemand gelungen sei, diese Tür zu öffnen. manchmal, in dunklen Winternächten aber gehe die gespenstische Tür von selbst auf und es erscheine eine schlanke Frauengestalt, die die Treppe hinaufeile. Ein junger Diener, der am gleichen Tage in Dienste des Grafen getreten war und darum von diesem Schloßspuk keine Ahnung hatte, hielt am Fuße der Treppe eine brennende Kerze. Stumm und erwartungsvoll standen die Freunde in einem Kreise; nur Eichendorff lehnte mit dem Rücken an die gespenstische Tür. Da fühlte er plötzlich, wie die Tür hinter ihm langsam zurückwich, er wandte sich erschrocken um und alle erblickten eine schlanke Frauengestalt, Gesicht und Haar mit einem grauen Schleier umhüllt, die die Treppe hinaufeilte. Der junge Diener hielt die Dame für eine durchaus natürliche Erscheinung und überholte sie, um ihr auf den Stufen voranzuleuchten. Auf halber Höhe teilte sich die Treppe, der Diener bog links ab, aber auf eine nach rechts weisende Bewegung der Dame wandte er sich und leuchtete ihr weiter. Da vernahmen die Freunde plötzlich einen furchtbaren Schrei und das Licht erlosch. Lange standen sie in stummem Grauen da. Endlich

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