Sagen aus Schwaben
ihn herankommen hört, der muß ihm ausweichen oder sich mit dem Gesicht auf den Boden legen, sonst wird er vom Jagdnetz des wilden Jägers erfaßt, fortgenommen und in einem fremden Land auf die Erde gesetzt.
Der Wilderer
Zu Belzkofen war ein Wilderer, der besaß einen dreieckigen Hut. Wenn er diesen aufsetzte, lief ihm alles Wild nach. Einstmals hatte er sich vor das Breiteloch gestellt mit seinem Hut, da kam ein Kapitalzwölfender heraus. Eben wollte er ihn am Geweih packen und wie gewöhnlich lebendig nach Hause bringen, da begegnete ihm der Müller, der vom Menger Fruchtmarkt heimkehrte und sah, daß der Hirsch an jedem Haar einen Schweißtropfen hängen hatte. Der Müller bekam es mit der Angst zu tun und sagte laut: »Gelobt sei Jesus Christus!« Da tat's einen gewaltigen Krach, und der Hirsch rannte dem Wald zu, wo es auf einmal anfing, gewaltig zu rauschen. Das Zauberhütlein aber war verschwunden.
Dieser selbe Wilderer zauberte einmal beim Wirt Selbherr in Beuren mitten in den Hof eine hohe Mauer, um sich hinter ihr vor dem Amtmann und seinen Schergen, die ihn verfolgten, zu verstecken. jedermann konnte die Mauer sehen und greifen. Als die Gefahr für ihn vorüber war, zauberte der Wilderer die Mauer ebenso schnell wieder weg.
Der Zauberstein im Blautopf
Man findt gleichwol, daß vor viel Jahren, als die Grafen von Helfenstein das Stättlin Blaubeuren samt der ganzen Herrschaft noch ingehapt, daß zwen Gebrüder des Geschlechts der Grafen von Helfenstein einstmals miteinander zu dem Ursprung und Bronnen der Blau spazieren gangen und der ein unter ihnen ein Stein allernächst dem Ursprung von manicherlei Farben ersehen (hat). Den hat er ufgehept und besehen. Wie das geschehen ist, ist der dem andern Bruder user den Augen kommen, derhalben (ihm dieser) gerufen, wo er so bald hinkommen. Der hat ihm geantwurt. Wie er ihn aber noch nit gesehen, aber wohl gehört, daß er allernächst bei ihme sei, do hat er sich noch mehr verwundert und dem Bruder bekennt (gesagt), er höre ihn wohl, kunnte ihn aber nit sehen und begehrt (zu wissen), womit er solches zuwege bring. Do hat ihm der Bruder den Stein auch in die Hand geben, also hat er auch nit gesehen.
Wie sie nun beide vermerkt, daß die Kraft von dem Steine her reich, do haben sie nach langer Beratschlagung, was sie mit diesem Stein, als einem köstlichen Kleinat (Kleinod), anfahen wellten, sich dahin entschlossen und bedacht, was Nachteils und Übeles ihre Nachkommen hiermit anstiften möchten, wodurch auch ihr Geschlecht in Spott, Unehr und Verderben geführt künnt werden; daß sie des Steins und seiner Kraft sich wollten verwegen und verzeihen (entäußern). Und damit warfen sie den Stein in den Ursprung der Blau, welcher dann viel klafter dief (fiel) und niemand besorgen muß, daß ihn jemand wiederumb vom Grund heraufbring..
Die alte Urschel
Seit vielen hundert Jahren lebt eine verwünschte Frau im Urschelberg bei Pfullingen; man nennt sie nur die alte Urschel. Sie erscheint manchmal in schwarzen, manchmal in weißen Kleidern. Immer hat sie einen Schlüsselbund an der Seite.
Vor etwa zweihundert Jahren lebte zu Pfullingen ein Bursche namens Michael Weiß. Der fand als Knabe einmal am Fuße des Berges ein Pferdekummet. Er nahm es auf, aber sogleich verwandelte es sich unter seinen Händen in die Urschel aus dem Berg. Sie war von kleiner, zierlicher Gestalt, trug einen Schlüsselbund und begleitete von nun an den jungen Burschen, wenn er auf dem Urschelberg erschien. Kam er mit Wagen und Pferden, so bremste sie bei der Abwärtsfahrt den Wagen, indem sie sich ins Rad stellte, und zwar von der Steig am Urschelhohberg bis nahe vor Pfullingen. Sie sprach auch mit dem Burschen und erzählte ihm mancherlei. Das ging so, bis der Michel verheiratet war und schon vier Kinder hatte. Eines Tages sagte sie zu ihm, sie sei von ihrer Schwester hierher verwünscht worden, und er sei ausersehen, sie zu erlösen. Sie werde ihm erscheinen halb als Schlange, halb als Jungfrau, und dann müsse er sie küssen. Darauf werde ein schwarzer Pudel seinen Rachen gegen ihn aufreißen, aber das habe nichts zu bedeuten. Sie werde ihm eine Rute reichen, und er könne damit den Pudel, der auf einer Kiste sitze, leicht vertreiben. Das Geld in der Kiste gehöre dann ihm. Auch werde über seinem Haupt ein Mühlstein an einem Zwirnsfaden hängen, allein auch das sei nicht gefährlich, wenn er nur still halte und sich überhaupt nicht muckse; wenn er aber einen Laut von sich gebe, sei er
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