Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sagen und Maerchen aus Sachsen und Thueringen (Erweiterte Ausgabe)

Sagen und Maerchen aus Sachsen und Thueringen (Erweiterte Ausgabe)

Titel: Sagen und Maerchen aus Sachsen und Thueringen (Erweiterte Ausgabe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emil Sommer
Vom Netzwerk:
Anstrengung der helle Schweiß übers Gesicht lief, so mußte er sich doch gleich wieder aufmachen und weiter ziehen. Eines Tages aber brachte er einen großen Sack voll Dukaten: da rief der Bauer erfreut »Lad ab und rast aus. Das ist genug für heut und morgen .« »So ist es auch für immer genug« sprach der Kobold und lachte: »nun gnade dir Gott, daß du mich rasten geheißen hast; nun bleib ich hier, bis ein Priester, der von aller Sünde frei ist, mich hinweg bannt. Wir wollen uns in die Stube theilen: du bleibst wo du bist, und ich setze mich hier her, und der Balken, der quer über die Decke geht, scheidet unser Reich. Und wenn du auf meine Seite kommst, oder wenn du zur Thür hinaus schlüpfen willst, dreh ich dir den Hals um .«

    Da ward dem Bauer sehr angst, und er rief um Hilfe, daß seine Nachbarsleute zusammen kamen; doch als sie den Kobold in seinem langen grünen Kleide und mit seinen funkelnden Augen in der Stube sitzen sahen, fürchteten sie sich und blieben draußen. Und der Bauer erzählte ihnen sein Unglück und bat sie ihm einen Priester zu senden, der den Kobold bannen sollte. Der Kobold aber lachte und sprach »Schickt so viel ihr wollt; die sollen mir nichts anhaben. Es leben nur zwei jetzt in der Welt, die mich bannen können, und die wohnen weit von hier, der eine im Morgen und der andre im Abend« – Und es kamen mehrere Jahre hindurch viele hundert Priester, doch keiner konnte den Kobold vertreiben. Sobald einer auf die Thürschwelle trat und seine Bannformeln zu sprechen anfangen wollte, rechnete ihm der Kobold lachend seine Sünden vor, und der Priester wurde roth und mußte umkehren. Einmal jedoch war der Bauer schon seiner Erlösung nah. Da kam ein Priester, zu dem sagte der Kobold »Du hättest fast Gewalt über mich: du hast nur die eine Sünde in deinem Leben begangen, daß du als Knabe deiner Mutter zwei Eier unter der Henne weg genommen hast; doch darum kannst auch du mich nicht bannen.«

    Und so sitzt der Bauer noch heut mit dem Kobold in der Stube, und obgleich er nichts ißt und trinkt, kann er doch nicht sterben, sondern muß sitzen bis einer von den beiden kommt, die über den Geist Macht haben.

     

26. Der Kobold auf der Hochzeit.
     

      Mündlich aus Gutenberg.

     

    Will man einen Kobold beschwören, so braucht man nur, wenn man ihn durch die Luft ziehen sieht, das Innere der Mütze nach außen zu kehren: dann muß er herab kommen und thun was man von ihm fordert. Dies wußte ein Bauer in Gutenberg und beschwur auf diese Weise einen Kobold zu sich, der mit Mehl, Reiß, Kaffee, Zucker und dergleichen schwer beladen hoch über ihm hinfliegen wollte. Als der Kobold vor ihm stand, bat er den Bauer freundlich, er möchte ihn doch frei lassen. »Ich habe einem Mädchen viele Jahre gedient« sagte er, »und morgen hält sie Hochzeit und hat mir versprochen, wenn ich Alles, was sie zum Hochzeitsschmause braucht, richtig bringe, soll ich am Abend mit ihr tanzen, und das möcht ich so gern. Und wenn du mich frei läßt, sollst du mit zum Hochzeitsschmaus und Tanz geladen werden; du mußt nur Abends hinkommen und durchs Fenster sehen .« Das ließ sich der Bauer gefallen: er drehte seine Mütze wieder zurecht , und alsbald flog der Kobold davon. Am andern Morgen aber machte sich der Bauer auf und wanderte nach dem Dorfe, wo die Hochzeit war; und als es Abend wurde, kam er an und stellte sich an ein Fenster des Zimmers, in welchem die Brautleute mit vielen Gästen versammelt waren. Und er sah wie der Kobold in einem langen, weiten, grünen Gewande mit der Braut den Vortanz hielt, und wenn sie bei dem Fenster vorbei walzten, klopfte er jedesmal leise an die Scheiben. Als der erste Tanz vorüber war, sah er daß der Kobold heimlich mit dem Brautvater sprach, und sogleich kam dieser heraus und führte den Bauer mit vielen Ehren in das Zimmer und gab ihm bei Tisch einen guten Platz; und so hielt der Bauer eine fröhliche Mahlzeit und tanzte mit bis zum lichten Morgen.

     

27. Der Kobold in Kloster Mansfeld.
     

      Mündlich.

     

    Im Dorfe Kloster Mansfeld hat eine Frau einen Kobold, der sie alle Sonntage besucht. Wenn zur Kirche geläutet wird, deckt sie den Tisch, stellt zwei Teller hin und setzt sich dazu. Wenn die Predigt in der Kirche beginnt, kommt der Kobold durch den Schornstein geflogen, bringt Speisen und Getränke, und nun sitzen sie zusammen und halten ein köstliches Mahl bis die Predigt aus ist. Dann fliegt der Kobold wieder durch den Schornstein hinweg. Er

Weitere Kostenlose Bücher