Saiäns-Fiktschen
Abbruchs, nur neunundzwanzig) Sekunden nun konform mit der Gegenwartszeit ablaufen ließ; „natürlich rennt der jetzt“, brummte der Gelehrte, „der hat’s doch gesehn, daß er rennen wird!“ Das Martinshorn, ein Feuerwehrwagen; der Logiker sprang jäh zur Seite. — „Was hat ihn bloß so erscheckt?“ fragte Pavlo. „Das im Rücken könnt ein Magnetstab sein — ui je, da ist er ausgerissen, also sitzt er am Ende doch!“
Der Logiker sah auf das Hochhaus, drin Biebls wohnten.
„Jetzt hat er das Hochhaus gesehn“, sagte Pavlo.
Im fünften Stock ging ein Fenster auf.
Janno biß sich auf die Lippen.
„Das Fenster“, sagte Pavlo, „das Fenster geht auf.“
Ein Kind kroch auf die Fensterbank.
„Jetzt krabbelt’s“, sagte Pavlo und griff zur Flasche.
„Nein!“ schrie der Logiker, „nein!“ und sprang in fast hüpfenden Sätzen der Feuerwehr nach, die eine bis zur Haustür geführte Grube mühsam mit dem Sprungtuch durchkletterte.
Der Film brach ab; jähes Flimmern; „jetzt fallt’s“, sagte Pavlo, und da brüllte Janno „Du Vieh, o du Vieh, o du stumpfes versoffenes verwaltes Vieh!“, und dann sprang er zum Waschgestell und trat es mit dem Fuß in die Ecke, und dann lief er brüllend hinaus.
„Als ob das was ändert!“ sagte Pavlo kopfschüttelnd, die halbvolle Flasche am Mund. „Als ob das irgendwas ändert! Ich glaub, der kapiert das auch nie, der Janno. No ja, Blautürentrakt, da denkt’s gern in Wünschen . . .“
Er schob mit dem Fuß die Scherben zusammen. „Dabei könnt man’s in sechs Wörterln sagen, dem seine ganze AK-Theorie: ‚Da kann man halt nix machen!‘ — das ist alles. Und meinethalben noch fünf dazu: ‚Und ’s schlaue Apparaterl weiß das!‘“
Jannos Brüllen war noch zu hören. Pavlo warf die leere Flasche zum Blech- und Scherbenschutt in die Ecke. „Was kommen muß, kommt!“ wiederholte er leise; dann ging er zum Fenster und stieß es auf. Achtzehnter Stock; fern das Straßenkonzert. Er stemmte sich auf die Fensterbank; stürzendes Grau; er fiel zurück.
„Es soll nicht sein“, sprach er, von der Frischluft benommen, schwerzüngig, und dann, unbeweglich und steif wie ein Mann stehend, der gleich zu Boden stürzen wird, sprach er laut und das Lallen noch niederringend: „Nun bin ich aber wirklich gespannt, ob der die verlorene Wette zahln wird!“ — und er fügte, auf eine Drahtspule starrend, langsam hinzu: „Ich tät einen Kranz für das Kinderl kaufen, fürs ganze Geld einen Kranz, ja, fürs ganze —“, und dann, kopfschüttelnd, schon schwankend: „— also gut, fürs halbe“, und dann fiel er in den zerstörten Computer; und im Flur Jannos Brüllen war längst verstummt.
DER HAUFEN
Nachdem sich sein Freund, der Diplomkausalitätler Janno, wider alle Gewohnheit schon die fünfte Woche nicht bei ihm hatte blicken lassen, beschloß der Diplomneutrinologe Jirro, den Säumigen während der Arbeitszeit aufzusuchen. Er traf Janno im Labor bei einer seltsamen, mit den üblichen Vorstellungen vom Treiben eines Kausalitätlers schwer zu vereinenden Tätigkeit.
In der Schüssel des Waschtischs vor der Schreibplatte und dem Schrank mit der Dienstkleidung, dieser Grundausstattung all der mit niederer Arbeit befaßten Labors im Philosophieinstitut, lag, der Linse eines kastenförmig auf seinem Stativ hockenden Photoapparats entgegenblitzend, ein Haufen Schräubchen, und Janno nahm, da Jirro eintrat, gerade ein Schräubchen aus der Schüssel, warf es in einen Schuhkarton unterm Waschtisch zu einigen andern, ging zum Photokasten, drückte den Auslösehebel und drehte den Film zur nächsten Einstellung, um dann, Jirro mit dem flehenden Blick eines überforderten Mannes und dessen seufzendem Hallo! begrüßend, erneut in den Haufen am Waschtisch zu greifen.
Bei der heiligen Materie, was er da treibe?
Er arbeite, knurrte Janno und warf eine Schraube.
Ob er auf diese aufwendige Weise den Prozeß des Subtrahierens festhalten wolle, fragte Jirro ratlos.
„Eigentlich umgekehrt“, erwiderte Janno, warf wieder ein Schräubchen in den Karton und knipste die mittlerweile um drei Elemente verminderte Menge, vielleicht ihrer fünfhundert, erneut.
Wie viele denn in diesem Haufen seien, erkundigte sich der Besucher und fühlte sich, kaum hatte er das gesagt, jäh am Ärmel gepackt und herumgerissen.
„Es ist doch ein Haufen?“ fragte Janno fast hilflos.
„Natürlich. Ein Haufen Schrauben. Kein Wunder, daß die woanders fehlen!“ Jirro hatte es
Weitere Kostenlose Bücher