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Saigon - Berlin Thriller

Titel: Saigon - Berlin Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hef Buthe
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Können amputiert.
    »Kennst du Kleiner Drache näher?«
    Der Koch grinste. »Oh ja. Wenn ich etwas brauchte, dann hat sie es sofort beschafft. Gar nicht teuer. Sie ist billiger als die anderen.«
    »Und was?« Die Frage hätte ich mir sparen können. Ich ahnte, was Chu besorgte. Opium.
    Der Koch schmunzelte. »Mister, das ist in diesem Eierteig. Das macht Sie sofort wieder gesund. Mein Kochgeheimnis. Es muss alles zueinander passen. Mal mehr, mal weniger. Als hier noch viele reiche Leute verkehrten ...«, er dachte nach, zählte an den Fingern ab, »bis Anfang der sechziger Jahre, ja, da verlangten alle, dass nur ich Speisen zubereite. Alle hinterher glücklich und Hotel auch. Was wollte ich mehr? Die längste Bar. Hunderte von Gästen und zwanzig Barkeeper. Und ich machte Snacks. Alle waren bester Laune. Aber jetzt?«
    Sein Arm machte ein Rundumbewegung, deutete in die kaum noch beleuchtete Großküche. Hier standen Arbeitsplätze für wenigstens zehn Köche. Der alte Koch hielt die Stellung. Das war sein Zuhause. Auch wenn er keine wirkliche Aufgabe mehr hatte.
 
    Der Jeep wartete auf mich. Der Fahrer war Angehöriger der südvietnamesischen Armee. Er sprach kein Wort Englisch oder Französisch. Nickte nur freundlich und hupte sich lautstark den Weg frei.
    Ich hatte mir das Nötigste in den Seesack gestopft. Die Kampfanzüge waren noch nass. Bei dieser Luftfeuchtigkeit dauerte das Trocknen auf der Leine länger als am Körper. Gehofft hatte ich, dass Kleiner Drache noch im Hotel herumlungerte. Die Antworten der Chinesinnen, soweit ich sie verstand, waren nur Gift und Galle gewesen. Mir klangen die Worte des Kochs nach: »Sagen Sie Ihren Kollegen, dass ich heute Abend Reispudding mit Pflaumen mache. Ich werde ihn besonders würzen.«
    Besonders würzen. Mit was würzen? Seit wann wurde Reispudding gewürzt? Dazu gab es einen Mangosirup, den man untermischte. Mehr nicht. Oder mischte er da auch Opium hinein? Und mein Kleiner Drache mischte bei allem mit, was Geld versprach. Es war nicht wirklich nachvollziehbar. Und wenn ich ehrlich war, dann verstand ich in diesem Land nichts. Weder die Mentalität noch die Sprache und den Krieg, über den ich hier berichten sollte, schon überhaupt nicht.
    Was wollten, was sollten wir hier alle? Den Kommunismus bekämpfen? Als sei er ein Virus, den man nur durch Töten bekämpfen konnte. Ausrotten hieß die offensichtliche Devise. Mir kam es langsam vor, als versuchte eine gigantische Militärmaschinerie, sich dadurch zu rechtfertigen, dass sie ein ungeliebtes Dogma nur noch mit Napalm und der chemischen Keule bekämpfen konnte.
    Warum setzten sie hier nicht gleich ein paar Atombomben rein? Ach nein. Das ging auch nicht. Das Land war wirtschaftlich für niemanden von Wert. Der Einsatz von Nuklearwaffen würde einer Kapitulation, dem Eingeständnis von Ohnmacht gegenüber dem Kommunismus gleichkommen.
    Also nahm man lieber in Kauf, dass diejenigen, die von den US-Truppen und ihren Verbündeten überlebten, physisch und psychisch gestört in den Schoß ihrer Familien zurückkehren würden.
    Rauschgiftpudding. Das war die Waffe des Gegners, die nicht zu bekämpfen war.
 
    Ali hatte sich nur kurz blicken lassen und dem Fahrer Anweisungen auf Viet gegeben. Dann hatte er sich mit einem »Wir sehen uns in ein paar Tagen« verabschiedet.
    Ich verfluchte meine Nachlässigkeit. Mir entging zu viel. War immer auf ein schlechtes Englisch oder Französisch angewiesen. Ich musste diese Sprache lernen. Das konnte nicht so schwer sein. Die Viets benutzten keine asiatische Lautmalerei. Ihre Schriftsprache basierte auf lateinischen Lettern mit einigen Sonderzeichen. Wie es aussah, hatte ich ein paar Tage Ruhe. Irgendwo musste ich etwas auftreiben, was mir beim Erlernen der Sprache half. Beim Verlag hatte ich mich noch zu einem Sondereinsatz per Telex abgemeldet und einen Artikel über den Anschlag im Hotel beigefügt.
    »Reporter entgeht knapp Mordanschlag in Saigoner Hotel«, hatte ich den Bericht überschrieben. Das musste vorerst genügen. Die Redaktion würde sich schon die nötigen Zusatzinformationen besorgen.
 
    Der Zugang zu Colonel Nguens Kampfbasis erfolgte schnell. So schnell, als habe uns jemand angekündigt. Ein Soldat war in den Jeep gesprungen und dirigierte uns in den Sanitätsbereich.
    Micky sah von einem Verletzten hoch. Legte ihr Schokoladenpuddinggesicht kurz in Falten und wischte sich die Hände ab. Sie lächelte. Es war ein müdes Lächeln.
    »Ich hatte mir so gewünscht,

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