Saigon - Berlin Thriller
waren vom Kaliber Neun Millimeter. Aber ein russisches Fabrikat. Der Rest war wieder Kaliber 7.65.
Ali wandte sich den Kameras zu. »Wir schließen daraus, dass diese Vietcong mit ihrem Ostdeutschen Berater nur vier Schüsse abgeben konnten, bevor sie von einer Person hingerichtet wurden, die dort aus dem Keller gekommen sein muss.«
»War Ihnen die Person bekannt, Sir?«, fragte ein Presseoffizier im Leutnantsrang.
Ali versuchte den Kopf zu schütteln. Die Kameras surrten.
»Nein. Habe ich vorher nie gesehen. Sie war klein. Vielleicht weiblich. Ich weiß nicht. Es ging alles so schnell.«
»Sir, Sie haben aber auch auf diese Terroristen geschossen, wie die Hülsen beweisen. Wie kamen Sie darauf, dass es sich um einen Anschlag handeln könnte? Und wer von den vieren hat Ihnen die Verletzungen beigebracht?«
Der Presseoffizier stellte die Frage, als würde ich mich beiläufig nach dem Wetter erkundigen und schon bis zu den Knöcheln im Schlamm stehen. Es interessierte ihn überhaupt nicht. Es musste nur eine Tonspur her, die Interesse heuchelte. Er war Amerikaner. Die auf dem Boden waren Vietcong. Ein paar Vietnamesen weniger. Und wenn noch ein deutscher Ausbilder dabei war, umso besser.
»Ich habe die vier schon eine Weile hinter meiner Zeitung beobachtet. Vietnamesen verkehren hier sonst nicht als Gäste. Das machte mich misstrauisch. Als dann mein deutscher Kollege auf sie zuging, um sie einzuladen, zogen sie die Waffen. Dann fielen Schüsse. Ich hielt auch auf die Gruppe. Aber tiefer. Ich wollte sie nur kampfunfähig machen. Wir brauchen von solchen Leuten Aussagen. Tot nützen sie nichts.«
Der Leutnant hieß die Kameras auf die Leichen zu halten.
Alle vier wiesen Kopfschüsse von hinten auf. Die anderen Verletzungen waren in einem Klumpen Blut untergegangen.
»Das heißt, Sir, diese unbekannte Person, die dort aus dem Keller kam, hat Ihnen beiden das Leben gerettet. Sie hat sofort auf die richtige Stelle gezielt.« Der Leutnant schrieb mit.
»Und wer von den Leuten hat auf Sie geschossen? War es dieser Mann?« Der Leutnant hielt den Ausweis des DDR-Mannes in die Kameras. »Ein gewisser Georg Steiger. Leutnant der NVA ... egal was das auch heißt.«
Ali nickte. »Kann sein. Er zog am schnellsten und stand in meiner Richtung. Beschwören kann ich das nicht. Ich habe einfach zurückgeschossen.«
Der Presseleutnant notierte etwas. Eine letzte Totale vom Tatort.
Ali deutete ein Schulterzucken an. In mir gärte es.
»Danke. Das war es. Die MPs können den Tatort räumen.« Der Presse-Leutnant salutierte kurz. Die Kameras und Tonbandgeräte rückten ab.
Die Militärpolizisten schleiften die Leichen an den Beinen hinaus. Ihre Blutspur zog sich durch die Bar und die Lobby.
Eine Putzkolonne wischte hinterher und fegte die Hülsen zusammen. Mehr interessierte niemanden. Mit den Spuren war auch der gestrige Abend weggewischt. Außer zwei bandagierten Männern zeugte nichts mehr von einem Schusswechsel.
»Sag jetzt keinen Ton«, grunzte Ali und bediente sich im Schnapsregal selbst. Da jeder von uns nur eine Hand freihatte, entkorkte er den Bourbon mit den Zähnen und schenkte zwei Gläser randvoll.
Es war erst zehn Uhr. Aber meine Katerstimmung schrie geradezu nach einem Whiskey.
»Warum hast du Kleiner Drache geschützt? Sie hat dir doch zwei Kugeln verpasst. Und wo ist sie überhaupt?«
Wir sahen uns mangels Bewegungsfreiheit über den Barspiegel an. Die Wunden unter meinem Verband begannen zu jucken. Erste Kratzversuche ließen keine gute Nacht erwarten.
Ali hatte sein Glas in einem Schluck geleert. Nickte mit schmerzverzerrtem Gesicht in den Spiegel.
»Mein Kopf hat nur einen Streifschuss abbekommen. Die Schulter einen glatten Durchschuss. Wird schon wieder. Dein weiblicher Vietcong schießt verdammt gut. Vier Kopfschüsse in weniger als zwei Sekunden, das habe ich auch noch nicht erlebt. Und was hast du gefragt?«
»Ob du weißt, wo sie ist. Verdammt noch mal. Ist das mit einem Streifschuss so schwer zu begreifen?«
Ali rauchte und sah in den Barspiegel.
»Nein. Ich weiß es nicht. Zwei, drei Sekunden. Dann hatte sie alles so erledigt, als sei das alles im Voraus geplant gewesen. Ich frage mich, wer hier wem eine Falle gestellt hat. Aber nun ist das auch egal. Sie hat vier Vietcong ausgeschaltet. Es ist gefilmt und somit offiziell. Halt jetzt einfach die Klappe. Mach von mir aus noch einen Bericht darüber. Aber dann verschwindest du mal so lange, bis du wieder einsatzfähig bist.«
»Du musst
Weitere Kostenlose Bücher