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Saigon - Berlin Thriller

Titel: Saigon - Berlin Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hef Buthe
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war! Ich weinte wie ein verlassenes Kind in mein durchschwitztes Reistrohkissen. Der Ventilator drehte sich. Wusch ... wusch ... wusch.
    »Morgen ist wieder Maskerade angesagt«, hatte Brian befohlen. »Keine Uniformen. Die bekommt ihr von mir. Keinerlei Ausweispapiere. Ihr kriegt Erkennungsmarken. Uhren oder sonstiger Schmuck bleiben hier«, und zu mir gewandt: »Du nimmst nur deine kleine Leica mit. Der restliche Fotokram ist hinderlich und passt nicht zum Einsatz, wenn etwas schiefgehen sollte.«
 
    Ich war kaum eingeschlafen, als es klopfte. Ein südvietnamesischer Offizier stand am Bett und schnatterte auf mich ein. Ich verstand nur so viel, dass ein Anruf im Funkraum auf mich wartete. Ich folgte ihm schlaftrunken so wie ich war. In Unterhose und Schlafshirt. Die Einzigen, die sich freuten, waren die Moskitos, die sich über meine Beine hermachten.
    »Ja?«
    »Du hast meinen Brief bekommen?«
    »Ja. Was soll das mit dem Kind und woher hast du diese Telefonnummer?«
    Kleiner Drache atmete schwer. Sie hustete und keuchte.
    »Die Telefonnummer habe ich von dem, den ich gerade umgebracht habe. Ein Offizier, der glaubte, mich mit seinen Würgespielen zum Orgasmus zwingen zu können. Nun liegt er auf dem Bett. Hat einen stehen. Aber davon bekommt er nichts mehr mit.« Sie hustete weiter. Verschluckte sich.
    »Hör zu. Das Kind ist von dir. Es ist unser Kind. Lass dir von niemand anderem etwas einreden. Die hatte ich schon alle im Bett. Aber du bist der Einzige, der mir etwas versprochen hat. Halte dich daran. Dann sorge ich dafür, dass du überlebst.«
    Nun musste ich husten. Dass ich eine nicht durchschaubare weibliche Hilfe im Hotel hatte, darauf hatte mich ausgerechnet La Troux hingewiesen. Damals am Brunnen vor dem Hotel. Seither schienen mich beide zu verfolgen. La Troux und Kleiner Drache. Sie war eine Nutte. Ich hatte es nicht wahrhaben wollen. Aber es war so.
    »Und wie willst du mir helfen, wenn etwas schiefgeht?«
    Es war ein einfacher Reflex eines Menschen, der nicht wusste, wie es weitergehen sollte. Jemand befahl. Mein Instinkt als Journalist setzte nach. Ob das nun sinnvoll oder sinnlos war? Ich wusste es nicht.
    »Sag mir nur, wo du bist und die nächsten Tage sein wirst. Dann beweise ich dir, dass ich helfen kann.« Sie lachte. Es war ein trockenes Lachen. »Ich beweise dir, dass ich eine Khmer bin. Also, sag schon.«
    Wir flogen in das Khmer-Gebiet. Richtung Kloster, das in Kambodscha lag. Aber sagen? Das durfte ich eigentlich nicht. Das konnte unseren Tod bedeuten.
    Das Gespräch brach ab. Die Moskitos hatten mich wieder.
    Kleiner Drache war im Bordell. So, wie sie es angekündigt hatte. Und dort brachte sie mal so ganz nebenbei Soldaten um, um an Informationen zu kommen. Ich schüttelte den Kopf. Auf was hatte ich mich mit ihr eingelassen? Sie würde für mein Überleben sorgen? War ich in Gefahr? Natürlich war ich hier ständig in einer Gefahr. Aber wie wollte sie das anstellen, wenn es wirklich knapp für mich wurde?
    Ich kroch besser wieder unter das Moskitonetz. Brian hatte den Appell auf neun Uhr angesetzt. Er schlief selbst gerne länger. Und Ali? Der schien nach außen gleichberechtigt neben ihm zu sein. Nur Brian war der Wortführer. Und das Kloster in Senmonorom? Da war Kleiner Draches Onkel Gnong Duc Abt. Und der hatte mich beim Wasserpuppenspiel in Chau Doc eingeladen, ihn zu besuchen.
    »Vergiss es. Du wirst es noch früh genug erfahren«, mahnte mein Ich zum Schlaf.
 
    Wir hatten neue Kleidung bekommen. Die Hubschrauber sahen auch anders aus als sonst. Wie von Brian angekündigt, hatten alle Ausweispapiere, Schmuck, Uhren und was uns sonst noch lieb und teuer war, im Camp zu bleiben. Jeder von uns bekam das, was man in allen Armeen der Welt »Hundemarke« nannte: ein ovales Blechstück an einer billigen Stahlkette. Eine Blechmarke mit einer Sollbruchstelle. Auf beiden Hälften waren die gleichen Nummern eingeprägt. Das war unsere einzige Identifikation. Das Stück an der Kette verblieb im Todesfall bei der Leiche. Das andere diente dazu, von irgendwem an irgendwen überbracht zu werden, um irgendeine Liste zu führen. Nummer soundso gilt als getötet. Anbei Marke als Identifikation, würde in der Akte stehen.
    »Leute«, hob Oliver an. »Wir sind keine Kampftruppe. Wir sind Sanitäter. Wir können uns auf dem Flug nicht wehren. Der Flug ist mit Pnom Pen abgesprochen. Wie haben eine befristete Genehmigung, nach Kambodscha einzufliegen, Der Flugraum ist auf zwanzig Meilen begrenzt.

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